Beim Prozess um die Drogendealer-Bande am Landgericht Konstanz sind die ersten Urteile gefallen. Foto: Schwarzwälder Bote

Am Landgericht Konstanz sind die ersten Urteile gegen eine Drogendealer-Bande gefallen.

Schwarzwald-Baar-Kreis – Es ging dann doch ganz schnell beim Prozess gegen eine Drogenbande, die auch im Schwarzwald-Baar-Kreis Kokain im großen Stil vertrieben hat: Am siebten von elf angesetzten Verhandlungstagen hat der Richter des Landgerichts am Donnerstag die Urteile gesprochen – bis auf eine Ausnahme. Der einzige Angeklagte, gegen den im Prozess gegen eine international agierende Drogenbande am Donnerstag vor dem Konstanzer Landgericht kein Urteil gesprochen wurde, ist im Schwarzwald-Baar-Kreis kein Unbekannter: Es ist der 42-jährige Albaner, der für den gewinnbringenden Vertrieb vor allem von Kokain in Baden-Württemberg verantwortlich gewesen sein soll, unter anderem auch in Donaueschingen, Bad Dürrheim und im Kreis Tuttlingen.

Fünf der anderen Beschuldigten hatten sich, deshalb die schnellen Urteile, mit dem Gericht über das zu erwartende Strafmaß geeinigt und dafür ein Geständnis abgelegt – man spricht von der Verständigung im Strafverfahren. Weil der 42-Jährige bis zuletzt sämtliche Vorwürfe abstreitet, wird der Prozess gegen ihn allein am 20. März fortgesetzt.

Und obwohl der Angeklagte auch am Donnerstag im Verhandlungssaal in erster Linie wortkarg war, spielte er doch im Grunde die wichtigste Rolle. Denn vor den Plädoyers der Staatsanwaltschaft, sieben der insgesamt 14 Verteidiger (zwei pro Angeklagtem) und den Urteilssprüchen des Richters war Bruno Huser vernommen worden. Der Kriminalhauptkommissar von der Villinger Polizei hatte als Hauptsachbeamter die Ermittlungen in diesem Fall geleitet und sollte den Gang eben derer noch mal von Anfang an darstellen.

Eben jener Anfang, erklärte der Beamte, sei der 42-Jährige gewesen, der zeitweise in Dürbheim und Bad Dürrheim gewohnt haben soll. Im März 2016 habe die Polizei verdeckte Maßnahmen gegen ihn als vermeintlichen in Donaueschingen und Bad Dürrheim aktiven Drogendealer eingeleitet. Dabei sei zweierlei aufgefallen: Zum einen machte er regelmäßig Ausflüge in die Niederlande, zum anderen hatte er – sein Telefon wurde überwacht – Kontakt zu zwei Männern, ebenfalls albanischer Staatsangehörigkeit.

Als die Polizei auch von diesen ab Mai 2016 das Handy überwachte, habe sie herausgefunden, dass einer davon, 22 Jahre alt, in großem Stil in Köln mit Kokain handelte und mit seinem 28-jährigen Bekannten ebenfalls regelmäßig Trips nach Rotterdam in den Niederlanden unternahm. Zudem, sagte Huser, trafen sich die drei unter anderem in Köln oder auf halbem Weg der Strecke auf der Straße, vermutlich um Betäubungsmittel zu übergeben.

Im Juli 2016 führten die Ermittlungen zu einer Wohnung in Rotterdam, die sich als Depot und "Schaltzentrale" herausstellen sollte. Von dieser aus lenkte ein 39-Jähriger die Geschicke der Bande. Zudem ist er der Bruder des 28-Jährigen sowie ein Cousin des 42-Jährigen. Gegen ihn wurde das schärfste Urteil gesprochen: acht Jahre und vier Monate Haft. Gegen den Bruder, der sich als "Regionalverwalter Köln" und Vize-Chef herausstellte, wurde eine Haftstrafe von sechseinhalb Jahren verhängt, der 22-Jährige bekam fünf Jahre und drei Monate. Ebenfalls in der Rotterdamer Wohnung lebte eine 29-Jährige Rumänin, die Lebensgefährtin des "Chefs", die für die telefonische Koordination der Kurierfahrten zuständig war. Sie sollte (Urteil: vier Jahre und sechs Monate Haft) nur als Gehilfin gewertet werden, obwohl sie "nah an der Mittäterschaft dran" gewesen sei, wie es der Richter formulierte.

Glimpflich davon kamen auch die beiden Angeklagten griechischer Staatsangehörigkeit. Der eine, ein 73-jähriger Senior aus Mönchengladbach, hatte sich früh in den Ermittlungen als Hauptkurier der Bande herausgestellt. Er bekam seine zweijährige Haftstrafe zur Bewährung ausgestellt. Ein 25-Jähriger, der für den Senior nach dessen Führerscheinverlust einsprang und beteuert, nichts von den Drogen gewusst zu haben, wurde "im Zweifel für den Angeklagten" freigesprochen.

Das Prozedere der Bande war stets gleich: Der Kurier bekam Meldung von der Koordinatorin, die "Kölner" lieferten das Geld aus den Drogenerlösen bei ihm ab, er fuhr nach Rotterdam, gab das Geld ab und bekam neues Koks. Dieses wiederum gab er entweder in Köln ab (von wo es seinen Weg zum 42-Jährigen nach Baden-Württemberg gefunden haben soll) oder brachte es an insgesamt drei Orte in Italien.

Gegenstand der Anklage waren 40 solcher Fahrten, bei denen laut Ermittlungen mehr als 51 Kilo Kokain transportiert wurden. Neun Kilo fanden die Beamten zudem in der Rotterdamer Wohnung.

"In 40 Jahren habe ich nie erlebt, dass einer mit Bewährung davonkommt, der 50 Kilo Koks durch die Gegend gefahren hat", sagte im Anschluss sein Anwalt. Grund für die Strafmilderung war, dass der Mann auf den Paragrafen 31 des Betäubungsmittelgesetzes eingegangen war. In diesem Zuge gab er freiwillig alles, was er zu dem Fall wusste, preis. Dabei belastete er sich zwar selbst, erleichterte aber das Aufklären der Tat.

Aus Angst vor Racheakten sei es schwierig, Angeklagte zu diesem Paragrafen zu überzeugen, sagte der Staatsanwalt, der selbst nur eine Bewährungsstrafe gefordert hatte, im Gespräch mit unserer Zeitung: "Aber wenn sich jemand dem aussetzt, muss das auch honoriert werden."