Initiative Stolpersteine lädt erstmals auf den Muslenplatz ein / Gedenken an Sinti / 70 Teilnehmer
Von Stefan Preuß
VS-Schwenningen. Mit einer Mahnwache auf dem Muslenplatz gedachte die Initiative Stolpersteine am Sonntagabend an vom Naziregime verfolgte und ermordete Schwenninger Sinti.
Vor 71 Jahren rollten vom Schwenninger Bahnhof aus Züge der Reichsbahn, um die Sinti aus dem "Zigeuner-Zwangsarbeiterlager Schillerhöhe" in den Tod nach Auschwitz-Birkenau zu transportieren.
"Sinti und Roma stoßen in Deutschland auf mehr Ablehnung als jede andere Gruppe" stellte Mitorganisator Dieter Brandes unter Hinweis auf eine Studie der Antidiskriminierungsstelle des Bundes fest.
Bis heute würden Sinti und Roma nur zögerlich als Opfer der nationalsozialistischen Rassenpolitik anerkannt, "obwohl sie wie kein anderes Volk, außer den Juden, seit Jahrhunderten anhaltender Verfolgung, Benachteiligung und der planmäßigen Vernichtung ausgesetzt gewesen sind", so Brandes.
Der Historiker Michael Zimmermann stellte den gut 70 Teilnehmern das Schicksal der Schwenninger Sintezza Sofie Reinhardt exemplarisch vor. Sie wurde als Mutter mit ihren drei Kindern 1938 mit anderen Sinti zunächst ins Schwenninger "Zigeunerlager Schillerhöhe" verwiesen. Im März 1943 wurde sie mit anderen Schwenninger Sinti nach Auschwitz deportiert und dort ermordet.
Gemeinsam stimmten die Teilnehmer der Mahnwache das berühmte Friedenslied "Dass das Leben siegt" an, das der emigrierte Reformrabbine Fritz Rosenthal komponiert hatte. Von Stefan Heinichen stammte die Übersetzung des Textes ins Romanes, der Sprache der Sinti und Roma.
Im Anschluss an die Mahnwache trafen sich zahlreiche Teilnehmer im nahen Muslenzentrum. Dabei wurde unter anderen diskutiert, dass jetzt in Tuttlingen der Rat einstimmig für Stolpersteine votiert habe, was die Blockade einflussreicher Stadträte in Villingen-Schwenningen nochmals unverständlicher erscheinen lasse.