Laut Anklageschrift soll der in Nigeria geborene Mann am 20. Juli 2019 in eine Frau gegen ihren Willen in seine Wohnung gezerrt und vergewaltigt haben. (Symbolfoto) Foto: Larisa Lofitskaya/ Shutterstock

Angeklagter muss sich verantworten. Widersprüche prägen ersten Prozesstag.

Villingen-Schwenningen - Der Angeklagte Nigerianer wird mit Fesseln an Händen und Füßen in den Saal des Amtsgerichts in Villingen geführt. Etwas beklemmend und verunsichert schaut er durch die Reihen der anwesenden Zuschauer. Die Verhandlung erweckt den Anschein, als wäre sie eine Verhandlung zwischen verschiedenen Kulturen: Der junge Afrikaner trägt Flip-Flops, der Rest seiner Erscheinung ist eher unauffällig: eine dunkle Jeans, ein schlichtes, gestreiftes Hemd. Die Vorwürfe sind schwerwiegend: Laut Anklageschrift soll der in Nigeria geborene Mann am 20. Juli 2019 in eine Frau gegen ihren Willen in seine Wohnung gezerrt und vergewaltigt haben. Nach erfolgtem sexuellem Übergriff habe der Mann die Frau weiter in der Wohnung festhalten wollen, diese konnte nach eigener Auskunft aber fliehen.

Der Angeklagte hält ein Papier in der Hand, auf dem eine Handschrift zu erkennen ist. Der Richter weist den Angeklagten auf sein Recht zu Schweigen hin, nach Absprache mit der Dolmetscherin, will der Nigerianer sich zur Anklage äußern. Er orientiert sich an dem Schriftstück: In Nigeria geboren, war er 2016 erstmalig nach Deutschland "zum Reisen" gekommen, im Jahr 2019 war er über Italien nach Deutschland eingereist, um hier zu leben. Er habe die "grüne Karte", sagte der Angeklagte. Richter, Staatsanwaltschaft und Verteidiger, diskutierten kurz, ob der Nigerianer nicht nach Italien hätte zurück müssen. Möglicherweise hänge der Duldungs-Status hier in Deutschland aber auch mit der körperlichen Behinderungen des Beschuldigten zusammen. Der Nigerianer ist zu 46 Prozent körperlich behindert, eine Entzündung in seinen Beinen mache eigentlich orthopädische Schuhe notwendig. Verfügt der Beschuldigte über die körperlichen Voraussetzungen, um die Frau in seine Wohnung zu zerren und sie zu vergewaltigen?

Mitgenommener Eindruck der Frau

Die Verhandlung ist geprägt von gegensätzlichen Darstellungen: Während der Angeklagte den Kontakt zur Frau detailliert beschreibt, von anfänglichen Begegnungen, dem Austausch von Telefonnummern und Gesprächen im Park, gibt es dazu Gegendarstellungen. Die mit dem damaligen Fall betrauten Polizisten - die geschädigte Frau selbst ist am Verhandlungstag nicht anwesend - geben an, die Frau habe vor der vermeintlichen Tat lediglich eine kurze Begegnung im Wald mit dem Angeklagten gehabt, woraufhin diese weggerannt sei, so in einem Protokoll. Während sich manche Aussage der Polizei auf einen "mitgenommen Eindruck der Frau" nach der Tat stützt, vermitteln andere Aussagen und Schilderungen auch Zweifel oder zumindest Verwunderung bei den Polizisten. Es muss nach der Tat auf dem Weg ins Krankenhaus gewesen sein, als sich die Geschädigte bei der Polizei erkundigte, ob der Täter nun eine Entschädigung an sie zahlen müsse, erinnert sich ein Polizist.

Auf Seiten des Angeklagten werfen dessen schlechtes und obszönes Benehmen, so die Aussage eines Polizisten, ein schlechtes Bild auf den Angeklagten. Die Geschädigte wiederum, die gegenüber der Polizei angab, sich Verletzungen am Oberschenkel selbst zugefügt zu haben, leidet offenbar an Depressionen und Borderline.

Nach dem ersten Verhandlungstag lässt sich nicht viel sagen. Im Prozess zeichnet sich nur ein verschwommenes Bild vom möglichen Tathergang ab. Weitere Verhandlungstage, mit einem Gutachten und einer Aussage der Geschädigten, könnten dem Fall möglicherweise eine entscheidende Richtung geben.