Betroffene schöpfen Hoffnung in zähem Kampf um Sorgerecht. Gesetzesänderung ist absehbar.

Schwarzwald-Baar-Kreis - Warum darf ein Lehrer hunderte Schüler betreuen, sein eigenes Kind aber wird ihm entzogen? Wieso müssen Väter Unterhalt zahlen, dürfen ihr Kind aber nicht sehen? Bislang entscheidet allein die Mutter über das Sorgerecht. Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts könnte das jetzt ändern.

 

Laut Urteil des Karlsruher Gerichts können nun auch Männer, die nicht mit der Mutter des Kindes zusammenleben oder verheiratet sind, Sorgerecht beantragen, selbst wenn sich diese dagegen ausspricht. Damit folgte das Bundesverfassungsgericht der Auffassung des Europäischen Gerichtshofs, der das geltende Sorgerecht als Verstoß gegen die Menschenrechtskonvention anerkannte, da es Kindern das Recht auf gemeinsame elterliche Sorge entziehe. Ein Schritt in die richtige Richtung, meint der Väteraufbruch für Kinder (VafK) Schwarzwald-Baar-Heuberg.

Derzeit werden zwei Möglichkeiten zur Sorgerechtsregelung diskutiert: Die Antragslösung sieht vor, dass Väter das Sorgerecht beantragen, wodurch die Familiengerichte aber deutlich belastet würden. Alternativ könnte beiden Elternteilen von Geburt an ein gemeinsames Sorgerecht zugesprochen werden, es sei denn die Mutter widerspricht.

"Es wird definitiv eine Änderung geben", war vom Büro der Bundestagsabgeordneten Ute Granold (CDU) zu erfahren. Die Varianten würden in der Koalition diskutiert. Ein Gesetzesentwurf könnte noch in diesem Jahr in den Bundestag gehen, dann vom Rechtsausschuss geprüft und Anfang 2011 beschlossen werden.

"Vätern geht es nicht ums Sorgerecht", verdeutlicht Jürgen Griese, Sprecher der VafK-Kreisgruppe, "wir wollen nur unsere Pflichten wahrnehmen und nachfragen dürfen, etwa wenn das Kind im Krankenhaus liegt." Leider liege der Fokus der Gesellschaft auf einer Minderheit von Vätern, die ihre Pflichten nicht wahrnehmen wollen. Jene, die sich um ihre Kinder bemühen, würden nicht wahrgenommen. Entziehe man aber einer Mutter das Sorgerecht, so sei das Entsetzen groß. "Das ist ein gesamtgesellschaftliches Problem", verdeutlicht Griese, "den Kindern wird der Vater und damit ein Vorbild entzogen."

Zwei mal pro Woche sieht ein junger Mann, der nur das Umgangsrecht hat, seine Kinder. Nicht viel, "aber ich habe gelernt, das bisschen zu würdigen", sagt er. Der Umgang mit den Kindern funktioniere nur, wenn es die Mutter zulasse. Den Gang zum Familienrecht sieht er erst als letzten Ausweg. Inzwischen habe er festgestellt, dass er "der Einäugige unter den Blinden" sei: "Ich darf meine Kinder wenigstens sehen."

"Am Wochenende fahre ich sechs Stunden, um meinen Sohn zu sehen", berichtet ein anderer Vater, "und dann werde ich manchmal von der Mutter an der Tür abgewiesen."

Seit neuneinhalb Jahren engagieren sich die Väter in der Kreisgruppe des VafK für mehr Rechte. So frustrierend die Situation für viele ist, haben sie doch einige Erfolge erzielen können. Die Diskussion des Cochemer Modells etwa, das die "mutterzentrierte Betrachtung der Erziehung" in Frage stellt, habe dazu beigetragen, Gerichtsprozesse zu beschleunigen. Und auch bei den Ämtern erfahren die Betroffenen "weniger Gegenwind". Das "Feindbild Mann" löse sich langsam auf, nach und nach finde ein Umdenken statt, sagt Jürgen Griese. Und: "Der Väteraufbruch wird angehört."

Mit dem Vorsitzenden des Rechtsausschusses, Siegfried Kauder, sind die betroffenen Väter in Kontakt. Sie wollen keine Bevorzugung von Vater oder Mutter: "Entscheidend ist, was gut für das Kind ist."

Weitere Informationen: www.vafk-sbh.de