Foto: Roth

Tuningens Bürgermeister hüllt sich weiter in Schweigen. Christdemokraten schenken ihm ihr Vertrauen.

Sein neues Profil-Foto spricht Bände: Im dunkelblauen Anzug, mit weißem Hemd und neutraler blauer Krawatte posiert Jürgen Roth im Grünen. "Das Foto für die Plakate zur OB-Wahl?", kommentieren seine Facebook-Freunde die seriöse Aufnahme im Internet. Er selbst hüllt sich mit lächelnden Smileys weiter in Schweigen.

Villingen-Schwenningen. Bei dieser Oberbürgermeisterwahl läuft offenbar schon im Vorfeld einiges anders. So hat Jürgen Roth mit den Christdemokraten schon Unterstützer gefunden, ehe er sich überhaupt öffentlich mit einer Kandidatur aus dem Fenster gelehnt hat. Die CDU schenkt Jürgen Roth ihr Vertrauen. Der Stadtverbandsvorsitzende Klaus Martin ließ das am Pfingstmontag in einer Pressemitteilung verlauten, nachdem man sich intern am Wochenende sortiert hatte.

Man habe sich Zeit genommen, um Kandidaten geworben und zahlreiche Gespräche geführt, so Martin. Die Frage, warum man sich für Jürgen Roth und gegen den OB-Referenten Jörg Röber entschieden habe, der eine Kandidatur ebenfalls ins Betracht zieht, beantwortete der Obereschacher Ortsvorsteher kurz und knapp: "Wir haben nicht gegen jemanden entschieden, sondern für jemanden." Mehrere potenzielle Kandidaten seien auf die CDU zugekommen, überwiegend seien das Telefonkontakte gewesen, aber auch einige wenige persönliche Gespräche.

15 Jahre Rathaus- und damit Führungserfahrung

Der von der CDU bevorzugte Kandidat müsse nicht zwingend CDU-Mitglied sein – schließlich sei eine OB-Wahl in erster Linie eine Persönlichkeitswahl. Ausschlag gebend seien für sie "persönliche Stärken, Kommunikationsfähigkeit, strategisches Denken, Berufs- und Lebenserfahrung" sowie eine hohe Identifikation und eine große Leidenschaft "für unsere so besondere Stadt". Der CDU-Vorstand VS sei sich einig: "Diese beschriebene Persönlichkeit haben wir mit dem Bürgermeister von Tuningen Jürgen Roth gefunden."

Überzeugt hätten letztlich persönliche und berufliche Erfahrung und klare Vorstellungen von der Arbeit als OB in VS. "Und da hat uns Herr Roth ganz klar überzeugt." Er bringt 15 Jahre Rathaus- und damit Führungserfahrung mit. Die Gemeinde Tuningen habe sich in dieser Zeit hervorragend entwickelt. "Vor allem in der Umsetzung hat er gezeigt, dass er hartnäckig gegenüber übergeordneten Behörden sein kann und sich mit hoher Identifikation und Fleiß für seine Kommune einsetzt." Als Mitglied des Kreistags sowie weiterer zahlreichen Funktionen ist er in der Region und weit darüber hinaus bereits sehr gut vernetzt. Auch dass Roth seit langem ehrenamtlich engagiert ist, zum Beispiel als Kreisvorsitzender des Deutschen Roten Kreuzes, überzeugte die CDU. "Natürlich wird Herr Roth als Kandidat parteiübergreifend für die ganze Bevölkerung zur Wahl stehen."

Freie Wähler wollen "definitiv" keinen unterstützen

Doch ob er kandidiert, hat Roth bis zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht erklärt. Auf Nachfrage unserer Zeitung erklärt er, noch weiter sondieren zu müssen. Die fast untrüglichen Anzeichen häufen sich derweil jedoch – unter anderem das für Wahlwerbung prädestinierte professionelle Pressefoto, das er am Pfingstmontag übrigens selbst an die Pressevertreter für künftige Berichterstattungen versendet hat. Aber auch die Tatsache, dass die CDU sich nach eigenem Bekunden auf ihn festlegt, obwohl die Christdemokraten ja dank mehrerer Anfragen von potenziellen OB-Kandidaten noch weitere Eisen im Feuer gehabt hätten – eine so frühe Festlegung auf Jürgen Roth wäre im Falle seines Verzichts auf eine Kandidatur also unnötig verschossenes Pulver. Öffentlich begründet die CDU das so: "Wir wissen aber auch, dass eine Bewerbung in einer Stadt von der Größe Villingen-Schwenningens von einer einzelnen Person nicht ohne Unterstützung getragen werden kann." Deshalb habe sich der CDU-Vorstand entschlossen, dazu einen Beitrag zu leisten: "Wenn sich Jürgen Roth entschließt, für das Amt des Oberbürgermeisters in Villingen-Schwenningen zu kandidieren, sichert ihm der CDU Stadtverband seine Unterstützung zu."

Wurde oft gemunkelt, CDU und Freie Wähler würden sicher gemeinsam einen Kandidaten präsentieren, gehen Letztere jetzt andere Wege. Die Freien Wähler werden Jürgen Roth nicht unterstützen – aber auch "definitiv" keinen anderen Kandidaten, stellt Fraktionssprecher Andreas Flöß gegenüber dem Schwarzwälder Boten klar. Stattdessen wollen sie den Wählern eine Plattform bieten, um Kandidaten kennenzulernen. "Wir sind an der Vielfalt interessiert", so Flöß, "dass die Bevölkerung auch eine echte Wahl hat."

SPD läutet schon einmal den Wahlkampf ein

Auch die SPD ist auf dem Weg zum OB-Wahlkampf einen Schritt weiter und läutet mit direkten Worten schon einmal einen richtigen Wahlkampf ein: "Dass die CDU Herrn Roth als Kandidaten bringt, ist okay – wir tun das auf jeden Fall nicht", sagt der SPD-Ortsvereinsvorsitzende Nicola Schurr und macht klar, dass sich Roth bei seiner Kandidatur auf Gegenwind aus der SPD wird gefasst machen müssen. Dass die Christdemokraten sich für Roth aussprachen, zeige in seinen Augen, "wie hilflos die CDU ist". Schließlich könnte Roth als jetzt 55-Jähriger lediglich noch eine volle Amtsperiode bewältigen. Außerdem sei jemand, der "vor ein paar Jahren die Stadt noch verklagen wollte", als OB von VS nicht auf dem richtigen Platz, so Schurr, offenbar in Anspielung auf die Auseinandersetzung des Sechserclubs vor sechs Jahren mit dem Oberzentrum.

Roth war damals in Funktion als Bürgermeister Tuningens eines der sechs Mitglieder, die gegen die Verwaltung intervenierten, weil sie sich in ihren Rechten verletzt sahen. Ergebnis war eine neue Geschäftsordnung. Heute gebe es, so Roth auf Nachfrage, keinerlei Grund zur Klage mehr und eine reibungslose Zusammenarbeit. Ob der OB-Referent Jörg Röber dann der Mann der SPD werden wird? Man sei in Gesprächen, bestätigt Schurr, allerdings sei man das mit mehreren potenziellen Kandidaten, eine Wahl sei noch nicht gefallen.

Auch die FDP wartet noch ab. "Wir warten, bis die alle Bewerbungen definitiv eingegangen sind. Dann werden wir Gespräche mit den Kandidaten führen" und im Ortsverband entscheiden, "wen wir unterstützten", sagt Dirk Caroli stellvertretend für die FDP.