Hermann Krafft erntet das ungespritzte Obst, in dem er es vom Boden aufliest. Foto: Heinig Foto: Schwarzwälder Bote

Natur: Doch die Früchte dürfen nicht einfach geerntet werden / Anruf bei der Stadt hilft oftmals weiter

An einem Spätsommertag leuchten sie derzeit besonders strahlend überall im Stadtgebiet von "herrenlos" scheinenden Bäumen: Äpfel und Birnen im satten Rot und Gelb, hin und wieder ist auch das Dunkelblau von Zwetschgen zu erspähen. Doch das Obst einfach so zu ernten, ist nicht erlaubt.

VS-Villingen. Schwarzwälder-Bote-Leser Günter Mauch ist zwar kein Apfelesser, dennoch schaut er mit Sorge auf die in diesem Jahr besonders üppige Pracht, die, so befürchtet er, bald ungenutzt herabfällt und am Boden vermodert. Verhindern lässt sich das nicht, denn einfach tätig zu werden und das Obst von einem fremden Baum für Mus, Kuchen oder Most zu pflücken, geht nicht. Das ist Diebstahl – so will es der Gesetzgeber. Denn jeder Baum gehört jemandem.

"Wir stellen das Obst unserer Bäume auf städtischem Grund Kindergärten und Schulen für Ernteaktionen zur Verfügung", sagt Wolfgang Storz vom Stadtbauamt, Abteilung Straßenbau, Stadtgrün und Altlasten. Gerne teile man auch Bürgern Bäume zum Pflücken der Äpfel – auf eigene Gefahr – zu, "aber wir wollen in der Tat gefragt werden". Ein Anruf bei ihm in der Stadtverwaltung, Telefon 07721/82 27 42, genüge in der Regel, sagt Storz.

Auch Hermann Krafft mag es gar nicht, wenn sich Passanten auf der vom BUND-Ortsverein gehegten Streuobstwiese am Hang zwischen dem Hotel Diegner und dem Theater am Ring einfach so bedienen. Die Äste tragen in diesem Sommer besonders schwer an den "Blumberger Langstielen", den "Berlepsch" und den "Schönen von Herrnhut". Ein reich behangener Ast ist sogar schon abgebrochen. In normalen Jahren ernten er und sein Helferteam von den zehn Bäumen einen Zentner Äpfel, in diesem Jahr, so vermutet der langjährige Vorsitzende, werde die Ernte zehnmal so hoch ausfallen.

Die Äpfel werden entweder dem BUND-Regionalverband für seine Mostaktionen an den nächsten Samstagen am Umweltzentrum zur Verfügung gestellt oder man liefere sie an die Mosterei von Biesingen, die deren Saft in Flaschen abfüllt. Einige verbrauchen die Heger auch selbst, schließlich sorgen sie für die Bäume und haben im Rahmen eines LGS-plus-Projektes 2010 zur Landesgartenschau vier zusätzlich neu gepflanzt.

Im Frühjahr werde der Boden unter den Bäumen zur Belüftung vertikutiert und im Herbst gemäht – "hier am Hang eine Knochenarbeit", sagt Krafft. Aber hier gehe es nicht nur um die Ernte von ungespritzten Äpfeln – "das Obst aus Monokulturen wird bis zu 20 Mal im Jahr gespritzt" (Krafft) –, sondern auch um die Pflege des Stadtbildes.

Vor 24 Jahren habe unter anderem diese Streuobstwiese für die Zeitschrift "Focus" den Ausschlag gegeben, Villingen-Schwenningen zur "Umweltbundeshauptstadt" zu erklären, erinnert Hermann Krafft.

Wie findet man nun heraus, wem welcher Baum am Eingang zur Hammerhalde, entlang dem Planweg in Richtung Jugendzeltlager, rund um Rietheim, am "Sandwegle" oder an den vielen anderen Stellen im Stadtgebiet gehört? Krafft empfiehlt, "im jeweils nächstgelegenen Haus einfach mal zu klingeln und nachzufragen. Meistens wissen die Anwohner, wem das Grundstück gehört". Und viele Besitzer seien froh um jede Nachfrage, denn ungeerntete und faulende Früchte ziehen Schädlinge an.

Die Obstbäume zwischen dem Hoptbühl-Gymnasium und dem Landratsamt sind jedenfalls im Besitz der Schüler von Thomas Schalk, Lehrer und Kreisvorsitzender des Naturschutzbundes (NABU) und werden im Rahmen des Unterrichts der Öko-AG selbst konsumiert. Auch Schalk schätzt es nicht, wenn sich Spaziergänger "einfach so bedienen".

Besonders ärgerlich sei dabei nämlich, dass unsachgemäßes Ernten zu Schäden an den Bäumen führen könne und sie damit anfällig für Pilzbefall werden.

Für ihre überreiche Ernte haben Schalk und seine Schüler schon einen dankbaren Abnehmer gefunden – einen Schnapsbrenner.