Nach der Verunreinigung des Schwenninger Trinkwassernetzes durch coliforme Keime im August 2017 wird das Wasser inzwischen nicht mehr gechlort. (Symbolfoto) Foto: jozsitoeroe/ Fotolia

Laut SVS keine Auffälligkeiten mehr. Bei Ursachen deutet alles auf Klimawandel hin.

Villingen-Schwenningen - Nach der Verunreinigung des Schwenninger Trinkwassernetzes durch coliforme Keime im August 2017 ist die Ursachenforschung in einem ersten Schritt weitgehend abgeschlossen. Das Wasser werde nicht mehr gechlort. Einzelheiten teilte am Freitag die SVS mit.

Die Stadtwerke Villingen-Schwenningen GmbH (SVS) hatte während des vom Gesundheitsamt auferlegten, elftägigen Abkochgebots das unabhängige Technologiezentrum Wasser (TZW) aus Karlsruhe mit der Ursachenerkundung beauftragt. Dazu berichet SVS-Geschäftsführer Ulrich Köngetert: "Der erste Teil der Ursachenforschung hat nun ein halbes Jahr in Anspruch genommen. Die Experten des TZW und der SVS waren gemeinsam mit dem Gesundheitsamt häufig vor Ort und haben das Schwenninger Trinkwassernetz genauestens untersucht."

Viele Proben entnommen

Das Ergebnis nach dieser ersten intensiven Suche: "Das TZW konnte bislang keine definitive und belastbare Aussage zur eigentlichen Ursache der Verkeimung mitteilen", informiert Ulrich Köngeter. Dieses Ergebnis deutet aller Wahrscheinlichkeit nach auf die bereits zu Beginn der Trinkwasser-Verkeimung erwogene Hypothese des Klimawandels hin. Während der ersten Ursachenforschung wurden mehrfach Wasserproben entnommen, die zu keiner weiteren Zeit – außer im August 2017 – coliforme Keime aufgewiesen haben.

"Nachdem diese Proben ohne Befund waren, haben wir in enger Abstimmung mit dem TZW und der uns übergeordneten Aufsichtsbehörde, dem Gesundheitsamt, entschieden, die Chlorung des Trinkwassernetzes abzusetzen – wir sind also zum Ausgangszustand vor dem 17. August 2017 zurückgekehrt." Die Auswertungen seither hätten keine Auffälligkeiten ergeben, erklärt Köngeter weiter.

Den Anlass, warum die SVS nun die Chlorung des Trinkwassernetzes eingestellt hat, begründet der SVS-Geschäftsführer damit, dass für Trinkwasserversorger das so genannte Minimierungsgebot gilt. Dieses besagt, dass das Trinkwasser so ursprünglich wie möglich belassen werden und nicht verändert werden sollte. "Mit dieser Entscheidung tragen wir das Risiko, dass ein vergleichbarer Fall gegebenenfalls in den Sommermonaten wieder auftreten kann", sagt Ulrich Köngeter. Er zeigt zugleich einen Vorteil auf: "Hätten wir die dauerhafte Chlorung des Trinkwassernetzes beibehalten, hätten wir keine Chance mehr gehabt, einer möglichen Ursache auf den Grund zu kommen", zeigt der SVS-Geschäftsführer auf. "Außerdem würden wir eine mögliche Störung in unserem Trinkwassernetz nicht bemerken und könnten dieser nicht auf den Grund gehen."

Ja vom Gesundheitsamt

Mit diesem ersten Zwischenfazit sei die Zusammenarbeit zwischen SVS und TZW jedoch nicht vorüber. Gemeinsam würden weitere Optimierungsmaßnahmen im sowieso sehr modernen und intakten Trinkwassernetz erarbeitet und vorgenommen, informiert die SVS weiter. "Natürlich immer in enger Absprache mit dem Gesundheitsamt und unter Berücksichtigung der Trinkwasserverordnung 2018 sowie der Entwicklungen der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie", unterstreicht SVS-Geschäftsführer Ulrich Köngeter.

Der Leiter des Gesundheitsamts des Schwarzwald-Baar-Kreises, Jochen Früh, unterstütze die Absetzung der Chlorung unter der Voraussetzung dass die Untersuchungsergebnisse im Netz weiterhin ohne auffälligen Befund verlaufen, teilen die SVS weiter mit. "Um dem Minimierungsgebot zu folgen, halte ich die Entscheidung für richtig, die Chlorung zunächst abzusetzen. Jedoch möchte ich nochmals eindringlich betonen: Chlor ist ein aus Sicht der Weltgesundheitsorganisation WHO für den menschlichen Organismus unschädliches Desinfektionsmittel für Wasser", sagt Früh.

Anlagen werden installiert

Die SVS werde dennoch wie geplant Chlordosierungsanlagen in den Wasserspeichern des Versorgungsgebiets installieren. Diese seien nicht in Funktion, sondern dienten nur dazu, um für einen möglichen weiteren Fall vorbereitet zu sein.

SVS-Geschäftsführer Ulrich Köngeter unterstreicht die hohe Trinkwasserqualität in Deutschland: "Trinkwasser ist das am besten kontrollierte Lebensmittel. Die Trinkwasserversorger unterliegen strengen Richtlinien und Gesetzen, die sie einhalten müssen." Gleichzeitig würden die Laborverfahren immer besser und feiner, so dass auch die Analyse der Wasserproben immer genauer werde und mögliche Verunreinigungen aufgedeckt werden könnten.

„Mit der Rückkehr zum Ausgangszustand vor August 2017 leisten wir unseren Beitrag zum Weltwassertag", sagt Ulrich Köngeter abschließend.

Info: Coliforme Keime

Im August 2017 wurden bei Routinekontrollen im Schwenninger Wassernetz coliforme Keime entdeckt. Diese Keime sind nicht zu verwechseln mit den Durchfall erregenden E-Coli-Bakterien. Bei coliformen Keimen handelt es sich um Umweltkeime, wie sie in Blumenerde oder auf Zimmerpflanze vorkommen, informiert die Stadtwerke Villingen-Schwenningen GmbH (SVS). Die Keime zeigen an, dass etwas mit dem Wassernetz nicht in Ordnung ist, sind für den gesunden Organismus nicht gefährlich. Die SVS-Mitarbeiter hätten nach Anordnung des Abkochgebots unverzüglich damit begonnen, das Wassernetz mit Chlor zu desinfizieren. Diese Maßnahme habe rasch Wirkung gezeigt, so dass nach den vom Gesundheitsamt geforderten drei aufeinanderfolgenden Wasserproben keine coliformen Keime mehr im Wasser nachzuweisen waren und die Abkochanordnung aufgehoben werden konnte. Die SVS habe umgehend begonnen, zusammen mit dem unabhängigen Technologiezentrum Wasser das mehrere hundert Kilometer lange Wassernetz zu überprüfen,heißt es weiter. 26 000 Haushalte waren von dem Abkochgebot betroffen. Um den Einwohnern von Villingen-Schwenningen die Situation so angenehm wie möglich zu gestalten, habe die SVS in einer freiwilligen Aktion 309 888 Liter gratis Mineralwasser an die Betroffenen ausgegeben.