Zwei junge Menschen sind innerhalb von 40 Stunden in der Villinger Innenstadt bei Motorradunfällen ums Leben gekommen. Foto: Eich

Polizei nimmt im Innenring "pubertierendes Verhalten am Gaspedal" wahr, aber keine Straßenrennen.

Villingen-Schwenningen - Nach den beiden tödlichen Unfällen im Villinger Innenring sitzt der Schock tief. Zwei junge Motorradfahrer hatten innerhalb von nicht mal 40 Stunden und nur 300 Meter voneinander entfernt ihr Leben gelassen. Hängt das mit einem möglicherweise berüchtigten Straßenabschnitt zusammen?

Weinend liegen sich die jungen Menschen in den Armen, können nicht fassen, was sie gerade erlebt haben. Die Gruppe war an den Klosterring gekommen, um gemeinsam ihren Freund zu gedenken, der in der Nacht auf Samstag kurz vor der Apotheke tödlich mit seinem Motorrad verunglückt war. Dann mussten sie mit ansehen, wie ein 24-Jähriger nach dem missglückten Fahren auf dem Hinterrad gegen eine Laterne prallte und ebenfalls starb. "Der hat glaub gar nicht gesehen, dass wir da getrauert haben", berichtet einer aus der Gruppe.

Wie es zu dem ersten Unglück kam, bei dem ein 18-Jähriger gegen ein Straßenschild prallte und tot aufgefunden wurde, ist bislang ungeklärt. Zur Ursachenfindung wurde deshalb ein Sachverständiger hinzugezogen. "Natürlich wird auch die Geschwindigkeit Bestandteil des Gutachtens sein", berichtet Polizeisprecher Dieter Popp auf Anfrage des Schwarzwälder Boten. Ebenso wird ein möglicher Fahrfehler in Folge der mangelnden Erfahrung in Betracht gezogen. Wichtig sind die Polizei weiterhin Zeugen, die Angaben zum Unfallhergang machen können. Popp: "Bislang hat sich niemand gemeldet."

Anders sieht die Situation beim zweiten tragischen Unglück aus, das nur 300 Meter weiter einen tödlichen Ausgang nahm – aber quasi an der ersten Unfallstelle begonnen hatte. Denn als die nachfolgende Ampel auf Grün schaltete, rauschte der 24-Jährige laut Polizei "stark beschleunigend mit einem Hochstart" in den Benediktinerring ein, fuhr knapp 60 Meter nur auf dem Hinterrad, ehe er mit überhöhter Geschwindigkeit wieder mit dem Vorderrad aufsetzte, die Kontrolle über seine Maschine verlor und sich bei der anschließenden Kollision mit einer Straßenleuchte tödliche Verletzungen zuzog. Für ein solches Verhalten findet der Polizeisprecher deutliche Worte: "So jemand hat im Straßenverkehr nichts verloren, wenn er sich und andere gefährdet – die Straße ist kein Spielplatz."

Für die Anwohner im Innenring, die am sonnigen Sonntag geschockt von ihren Balkonen auf die Unfallstelle blickten, war es allerdings nur eine Frage der Zeit, bis es an dieser Stelle zu einem Zwischenfall kommt. "Habe mich schon lange gewundert , dass auf dieser Strecke bisher nichts passiert ist. Jeden Tag wird an der Ampel extrem beschleunigt", berichtet ein Anwohner unserer Zeitung. Er habe den Balkon zum Benediktinerring und hätte auch schon Rennen und Wheelies – das Fahren auf dem Hinterreifen – beobachtet.

Die Polizei widerspricht jedoch der Aussage, dass es hier zu Rennen kommen würde. "Der Abschnitt ist durchaus eine Flaniermeile, aber sicherlich keine Rennstrecke – auch wenn einzelne Motorrad- oder Autofahrer hier schneller unterwegs sind", berichtet der Polizeisprecher von den Wahrnehmungen der Beamten.

Selbstverständlich wisse die Polizei vom "pubertierenden Verhalten am Gaspedal", insbesondere an der Ampel vor dem Oberen Tor. "Das nimmt man als Anwohner dann natürlich ziemlich deutlich wahr." Allerdings gab es bislang "keine Veranlassung, hier verstärkt die Geschwindigkeit zu messen." Es würde sich hier weder um einen Unfallschwerpunkt handeln, noch sei es in der Vergangenheit zu herausragenden Situationen gekommen – bis zum vergangenen Wochenende.

Die Anwohner fordern derweil Konsequenzen aus dem tödlichen Wochenende. "Eine 30er-Zone und regelmäßige Radarkontrollen wären sicherlich angebracht – aus meiner Sicht hätte die Stadt schon reagieren müssen." Die Verwaltung war jedoch für eine Stellungnahme nicht zu erreichen – eine Anfrage des Schwarzwälder Boten blieb bislang unbeantwortet.