"Ja, die Midlifecrisis hat die besten Jahre wohl auch schon hinter sich", meint der Herr im auffälligen knallroten Anzug, Thomas C. Breuer, im Capitol. Foto: Trenkle Foto: Schwarzwälder Bote

Unterhaltung: Kabarettist klopft wie gewohnt seine bissigen Sprüche / Publikum füllt den ganzen Saal

VS-Schwenningen. "Gott sei Dank, dass ich nicht an Gott glaube!", sagte der bekannte Kabarettist Thomas C. Breuer am Donnerstagabend. Falls dieser doch existiert und zuhörte, war er ein weiterer Besucher im bereits vollbesetzten Saal des Schwenninger Capitols.

Breuers nicht selten sarkastischer Humor ist auch nach vielen Jahrzehnten noch recht bissig und pointenreich. Zwar hat er sich öffentlich auf der Bühne vorgenommen, keine politischen Witze mehr zu machen, so ganz umschiffen konnte er Merkel oder Dobrinth dann aber doch nicht. Und dass Seehofer "als Poltergeist stets mit der Wand durch den Kopf will", musste einfach raus.

Wie auch, dass "von der Leyen die einzige Kampfdrohne mit Haarsprayantrieb" sei. Der Großteil des Abends war aber tatsächlich anderen Inhalten gewidmet. Vor allem dem Alter und der ablaufenden Zeit wandte sich der Träger des renommiertesten deutschsprachigen Kabarettpreises, dem Salzburger Stier, zu. Immerhin ist das Programm mit "Letzter Aufruf: Abschiedstour Vol.1" überschrieben.

Schon im Titel sind die ironischen Relativierungen jedoch auffindbar. Gibt es eine erste Abschiedstour, folgt wohl bald auch eine zweite. Und wenn "65 das neue 45 ist, was ist dann bald das künftige 95?", fragte Breuer. Für sich selbst musste er allerdings etwas gekränkt zugeben, dass das Zitat von Antony Quinn wohl stimmt: "Auch mit 60 Jahren kann man noch mal 40 sein – allerdings nur eine halbe Stunde am Tag!"

Den eineinhalbstündigen Scharfsinn von früher hat sich der Kabarettist jedenfalls erhalten. Gerne spielt er mit Worten und zwingt den Zuhörer genau hinzuhören. Aus "dementsprechend" wird in einer Schlussfolgerung "demenzentsprechend" und aus "mittlerweile" in Bezug auf den politischen Rechtsruck des Landes, wird "hitlerweile".

Die frühere rheinische Bundespolitik sei stark von Alkohol geprägt gewesen, so Breuer im Rückblick, wahrscheinlich müsse sich die aktuelle Berliner Politik erst einmal wieder "auf Stammtischniveau hochsaufen." Der Vergleich mit früheren Zeiten hat es für Breuer ehedem in sich, insbesondere dann, wenn er fiktive Gesprächspartner aus Finnland oder China zitiert. "Zurück zu den Wurzeln? Das will mein Zahnarzt auch immer – genauso wie er und ich immer den Nerv treffen wollen!"

Breuer fällt auf, dass das Wort "Modern" komischerweise deckungsgleich mit dem Begriff "modern" ist. Modernes könne eben auch bereits sehr schnell mit dem Modern beginnen. Als Beispiel nennt er Produkte von Apple. Kaum auf dem Markt, stehen die Kunden schon für das nächste iPad oder iPhone Schlange. Ob der Satz "An apple a day, keeps the doctor away!" tatsächlich stimme? Thematisch umkreist der Wortkünstler im knallroten Anzug, physisch vollkommen ruhig am Stehtisch mitten auf der leeren Bühne, etwas unstet das Geschehen in der Zeit und stellt fest, dass früher vieles anders, nicht aber automatisch besser war: Nicht der elterliche Zwang zum Lebertran-Trinken, nicht Telefonzellen mit Wählscheiben und auch nicht alte Fernsehsendungen, die heute teilweise wirken, als würden sie in Zeitlupe abgespielt. "Ja, die Midlifecrisis hat die besten Jahre wohl auch schon hinter sich" und die "Jugendbewegung geht bald in Rente." Ob er dies nach der ersten Abschiedstour nun auch tut? Eine zweite wäre nicht schlecht.