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In sozialen Netzwerken kochen Emotionen hoch. Städtische Mitarbeiter nicht gerade begeistert.

Villingen-Schwenningen - Mitarbeiter der Stadt kontrollieren nach Feierabend, ob sich die VS-Gastronomie an die Corona-Regeln hält? Juristisch gesehen scheint alles mit rechten Dingen zuzugehen. Doch nicht nur in den sozialen Netzwerken kochen die Emotionen hoch, auch manche Stadt-Mitarbeiter lehnen eine "Spitzel-Tätigkeit" ab.

Was auf der Straße für Gesprächsstoff sorgt, bringt auch in den sozialen Netzwerken das Blut in Wallung. In einem Schreiben der Stadtverwaltung an die Gastronomen der Stadt wurden diese darauf hingewiesen, dass die Kontrollen durch den Kommunalen Ordnungsdienst (KOD) dahingehend ergänzt werden, dass auch andere Mitarbeiter aus der Stadtverwaltung nach Feierabend auf Kontrollgang gehen sollen und dies als Arbeitszeit ausweisen können. Manche sozialen Netzwerker fühlen sich an die alten DDR-Zeiten erinnert und sprachen offen von Spitzel- und Stasi-Methoden.

Doch es gibt auch andere Stimmen: "Wenn sich alle an die Regeln halten würden, bräuchte man nicht kontrollieren, oder?!" Wie sehen es Mitarbeiter der Stadt? Nach einer Palastrevolution sieht es zwar nicht in den Rathaus-Etagen in VS aus, aber für Entzücken sorgt dieser Vorschlag sicher nicht. Die Akzeptanz ist dem Vernehmen nach mehr als durchwachsen.  "Viele von uns finden das nicht gut", meint einer hinter vorgehaltener Hand. Nicht nur er steht auf dem Standpunkt: "Ohne mich." Andere wagen sich noch weiter aus dem Fenster und fühlen sich durch solche Aktionen an den amerikanischen "Trump-Trampel" erinnert. Von einer "unglücklichen Sache" ist hier die Rede, die das Spitzeln und Denunziantentum befeure.

Rein freiwillige Sache

Die Ansage könnte klarer nicht sein: "Wir", spricht er auch für andere Kollegen, "machen das sicher nicht". Ein paar Leute, schätzt er, werden sich dennoch für diese Streifen finden: "Es gibt ja etwas umsonst", spielt er darauf an, dass "Auslagen" (Getränke etwa) bezahlt werden.

Begeisterung sieht, wie ein paar Stichproben zeigen, also anders aus. Doch wie sollen diese Streifen denn in der Praxis aussehen? Muss städtisches Personal auf alle Fälle ran, um den chronisch überforderten KOD zu unterstützen? Von Madlen Falke aus der Pressestelle der Stadt kommt dazu ein deutliches Nein. Das sei eine freiwillige Sache, "niemand wird dazu dienstlich verdonnert", meint sie auf Anfrage des Schwarzwälder Boten. Will sagen: Wenn sich niemand für die Streifen finde, dann können die Kontrollen auch nicht so umfänglich ablaufen, wie sich das die Verwaltung wünsche. Falke bekräftigt, dass sich bereits Mitarbeiter aus anderen Ämtern zu Kontrollen bereit erklärt haben. Wie viele es denn seien, dazu schweigt sie.

Für die Gastronomie stellt sich indes eine ganz andere Frage: "Wieso denn wieder nur wir", ärgert sich Domenico Wittkopf (Chef im Gasthaus Ott) darüber, dass nur Gastronomen von der Stadt angeschrieben worden seien. Mehr Kontrollen, zeigt er Verständnis, das "geht schon in Ordnung, aber wieso nur die Gastronomie?". Zudem bezweifelt er stark den Nutzen solcher "Streifen". Er könne sich kaum vorstellen, dass städtische Mitarbeiter nach Mitternacht Kneipen aufsuchen, wo dann fehlende Masken, Mindestabstände oder korrektes Eintragen in die Registrierlisten wirklich ein Thema seien. Werden nur wieder die kontrolliert, die alles korrekt machen oder, vertieft er seinen Gedanken, die "wirklichen Problemfälle", die es vereinzelt gebe. Wittkopf sieht’s jetzt schon kommen, wenn er an die Zusatzkontrollen denkt: Außer Spesen nichts gewesen. Eine Kollegin aus der Branche fügt hinzu: "Es wäre schön, wenn wir dazu vonseiten der Stadt genauere Infos bekommen würden. Wir wurden lediglich informiert, dass die Kontrollen verstärkt werden und zivile Personen mit eingesetzt werden."

Eine andere Frage, die privat wie öffentlich diskutiert wird, ist die der Rechtmäßigkeit solcher "Streifen". Der Schwarzwälder Bote hakt beim Regierungspräsidium Freiburg nach. Aus Sicht der Behörde gibt es keine rechtlichen Bedenken gegen das Vorgehen der Stadt Villingen-Schwenningen bei den Corona-Streifen. "Kommunalrechtlich ist es möglich, dass der OB städtische Bedienstete auch für Sonderaufgaben einsetzt." Und auch aus ordnungsrechtlicher Sicht bestehen keine Bedenken: "Für verwaltungsrechtliche Ermittlungsverfahren, die der Aufklärung von Ordnungswidrigkeiten dienen, kann die Verwaltungsbehörde als Herrin des Verfahrens grundsätzlich auch Verwaltungsmitarbeiter einsetzen, die nicht im Ordnungsamt beschäftigt sind." Grundsätzlich sei auch eine Ermittlungstätigkeit "in Zivil" möglich. Der oberste Dienstherr einer Verwaltung, im Falle VS Oberbürgermeister Jürgen Roth, könne solche Anweisungen an seine Mitarbeiter geben. Die Pressesprecherin des Städtetags Baden-Württemberg stellt generell fest: "Der Arbeitgeber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind."