Für die einen ein Vergegenwärtigen der eigenen Geschichte, für die anderen in der Tat ein Stolperstein. Foto: Archiv

Gedenkpflastersteine für Opfer des Nationalsozialismus wieder Stein des Anstoßes. CDU: "Wir lehnen das ab."

Villingen-Schwenningen - Stolpersteine sind es wirklich! Schon seit 2004 stolpert man in VS von einer Diskussion über sie zur nächsten. Auch am Mittwochabend waren die "Gedenk(pflaster)steine" für Opfer des Nationalsozialismus für manchen wieder ein Stein des Anstoßes.

In über 1000 Städten und Gemeinden tritt man schon auf sie, in Karlsruhe, erzählte Oberbürgermeister Rupert Kubon, würden demnächst 17 Stolpersteine präsentiert. In "seiner" Stadt jedoch ist man so weit noch nicht. Zuletzt waren sie abgelehnt worden.

Und geht es nach der CDU, solle man an dem Beschluss aus 2004 auch weiterhin festhalten: "Wir lehnen die Verlegung der Steine nach wie vor ab", so Fraktionssprecherin Renate Breuning gestern im Verwaltungs- und Kulturausschuss. Sie kündigte gleichsam für die Gemeinderatssitzung nächste Woche, wenn das Thema zur Beschlussfassung ansteht, einen Vorschlag für eine "würdigere Erinnerung an diese Mitbürger" an. Nein zu den Stolpersteinen sagte auch Ulrike Heggen für die Freien Wähler.

Seitens der Grünen-Stadträtin Cornelia Kunkis-Becker brachte ihnen das jedoch ein vehementes Kopfschütteln ein. Emotionsgeladen setzte sie sich für die Stolpersteine ein: "Ich sehe überhaupt keinen Grund fürs Ablehnen", viele andere Städte verlegten diese schließlich auch, und außerdem: "Wir können uns der Geschichte stellen, in Villingen-Schwenningen gibt es 27 Häuser", die als Stolpersteinstandorte in Frage kämen. Ein Nein zu den Stolpersteinen bringt in ihren Augen einen Imageschaden mit sich: "So sehe ich VS nicht!"

Ein flammendes Plädoyer für die Steine auch von Heinz Lörcher (SPD) – so vergegenwärtige man sich die Vergangenheit und könne man aus ihr lernen, und auch ganz pragmatische Gründe sprächen für die Stolpersteine: "Sie sind keine abgeschlossene Sache", über so viele Opfergruppen wie etwa Homosexuelle oder Euthanasieopfer aus VS im Zusammenhang mit dem Nationalsozialismus wisse man bis dato kaum etwas. Bei wachsenden Erkenntnisse könne einfach die Zahl der Stolpersteine wachsen.

Gegner der Steine befürchten eine Belastung der Hausbesitzer und unangenehme, oft sogar unberechtigte Fragen, wie diese wohl zu ihrem Eigentum gekommen seien. Ein Argument, das auch gestern manch nachdenkliche Miene im Gremium erntete.

Das Stimmungsbild: Denkbar knapp gegen die Stolpersteine fiel die erste Abstimmungsrunde gestern mit 6:7 Stimmen aus. Kommende Woche stehen die Gedenksteine erneut zur Diskussion.

Info: Aktion Stolpersteine

Die Aktion Stolpersteine hat sich mittlerweile in vielen Städten Deutschlands und Europas als allgemein anerkanntes Beispiel der Erinnerungskultur durchgesetzt. So sind derzeit mehr als 42.000 Steine in mehr als 1000 Städten und Gemeinden verlegt. Die Stolpersteine sind eine Aktion des Künstlers Gunter Demnig. Er begann Mitte der 80-er Jahre in Köln damit, seine Steine zu verlegen. Mit diesen soll an das Schicksal der Menschen erinnert werden, die im Nationalsozialismus ermordet, deportiert, vertrieben oder in den Suizid getrieben wurden. Auf jedem Stein steht der Name des Betreffenden.