Beim Villinger Continental-Standort sollen Stellen abgebaut werden. Foto: Eich

Reduzierung um 170 Mitarbeiter im Gespräch. Maßnahmen sollen zur langfristigen Sicherung dienen.

Villingen-Schwenningen - Die Krise in der Automobilindustrie und die Folgen der Pandemie treffen nun auch Continental. Der Konzern plant, am VS-Standort 170 Stellen abzubauen. Hinter den Kulissen wird wohl bereits an einer sozialverträglichen Lösung gearbeitet.

Die Alarmglocken beim größten industriellen Arbeitgeber in der Doppelstadt schrillen: Continental hat angekündigt, am Standort in Villingen-Schwenningen bis zu 170 Stellen abzubauen. Die Mitarbeiter wurden in einer digitalen Betriebsversammlung vom Management über die Pläne informiert.

"Bei Continental findet gerade ein großes Strukturprogramm statt, in deren Rahmen auch Maßnahmen in Villingen geplant sind", erklärt die Unternehmenssprecherin Eva Appold auf Anfrage unserer Zeitung. In Villingen stehen ihren Informationen zufolge insgesamt 170 Stellen "zur Debatte" - davon 140 Mitarbeiter, die zur Stammbelegschaft gehören und 30 weitere Leiharbeiter. Sie stellt aber ebenso klar: "Derzeit wird noch alles verhandelt." In diese Verhandlungen sei auch der Betriebsrat involviert. Geplant ist demnach, dass der Stellenabbau bis zum Ende des Jahres 2021 abgeschlossen ist.

VS bleibt wichtiger Standort

An oberster Stelle würde in diesem Zusammenhang stehen, dass der Stellenabbau "im Konsens" geschieht und sich entsprechend sozialverträglich gestaltet. Die Unternehmenssprecherin macht ebenso deutlich: Die Maßnahmen würden getroffen, um den Standort in Villingen "langfristig zu erhalten". Demnach sei unbestritten, dass VS weiter "Leitungs- und Leistungsstandort" bleibe, "das betonen wir immer wieder".

Für die Belegschaft in Villingen kam diese Ankündigung angesichts der hohen Kosten und einer gesunkenen Auftragslage - auch unabhängig der Coronapandemie – jedoch nicht ganz überraschend. Dies berichtet ebenso der stellvertretende Betriebsratsvorsitzende Thomas Madl im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten. "Es hat sich schon abgezeichnet, aber das es so schnell geht, hätten wir nicht gedacht", so Madl. Der Betriebsrat sei nicht im Vorfeld der Betriebsversammlungen über die Pläne informiert worden.

Die Stimmung am Standort sei natürlich gedrückt, allerdings erklärt auch Madl: "Die Zukunft sehe ich nicht als gefährdet." Wie der Stellenabbau vonstatten gehen soll, sei allerdings bislang noch unklar. Es habe sich bei der Betriebsversammlung lediglich um eine Ankündigung gehandelt, "Näheres wissen wir noch nicht". Es seien deshalb noch einige Verhandlungen und Gespräche notwendig, um die Maßnahmen umsetzen zu können. Er glaubt nach derzeitigem Stand nicht, dass bereits dieses Jahr Stellen abgebaut werden.

Informationen des Schwarzwälder Boten aus internen Kreisen zufolge wird hinter den Kulissen auch schon an einer sozialverträglichen Umsetzung gearbeitet. Demnach könnte ein Großteil des Stellenabbaus im Bereich der Stammbelegschaft möglicherweise mit dem vorzeitigen Ruhestand von über 100 Mitarbeitern erreicht werden. So werde an einem Programm gearbeitet, das den Vorruhestand von Mitarbeitern ab 58 Jahren ermöglicht.

Dieses Programm ist dem stellvertretenden Betriebsratsvorsitzenden ebenfalls bekannt. Er könne sich vorstellen, dass dies in diesem Falle umgesetzt werde, stellt aber ebenso klar: "Das Programm ist noch nicht verabschiedet." Aus seiner Sicht sei dann jedoch, mit den entsprechenden Rahmenbedingungen, die Sozialverträglichkeit gesichert.

Kann IG Metall eingreifen?

Auch für die IG Metall kommt die Ankündigung des Stellenabbaus nicht aus heiterem Himmel, wie der Erste Bezirksbevollmächtigte Thomas Bleile erklärt. Nachdem der Villinger Standort beim Sparpaket des Konzerns zunächst verschont blieb, habe man mit Konsequenzen gerechnet, als es darum ging, die Einsparungen zu verdoppeln. "Da war uns schnell klar, dass es alle Standorte betreffen wird", so Bleile.

Angesichts von Standortschließungen in Deutschland habe es Villingen zwar "relativ gut erwischt", das Signal sei dennoch nicht gut. Mit dem neuen Leiter der Geschäftseinheit Commercial Vehicles & Aftermarket, Gilles Mabire, hätte schon kein Verlängerung des Beschäftigungssicherungsvertrages erreicht werden können. "Da sind bei uns dann schon die ersten Lampen angegangen", berichtet Bleile von den ersten Warnsignalen beim Automobilzulieferer vor einigen Monaten.

Der Gewerkschafter ärgert sich aber auch, dass es Mabires Vorgänger "verschlafen" habe, schon vor fünf Jahren dieser Entwicklung entgegenzuwirken. Damals hätte die IG Metall eine Zukunftswerkstatt angeboten, um bei Workshops und regelmäßigen Treffen zu überlegen, wie man sich angesichts des Wandels in der Branche für die Zukunft aufstellen oder weiter entwickeln könnte. Abgesehen von der ein oder anderen Sitzung sei nicht viel passiert. Bleile: "Hier wurde die Chance vertan, die Weichen für die Zukunft zu stellen."

Für die Gewerkschaft gilt es jetzt zu klären, inwieweit sie als Tarifpartei eine Möglichkeit habe, einzugreifen oder Lösungen anzubieten. "Auch mit der Reduzierung der Arbeitszeit können Einspareffekte erzielt werden", zeigt Bleile eine Möglichkeit auf, die bei der Firma IG Weisser in St. Georgen umgesetzt wurde. Sollte der Abbau der 170 Stellen aber von der Konzernspitze vorgegeben worden sein, seien die Eingreifmöglichkeiten vor Ort vermutlich sehr begrenzt.