Stefan Aust (links) erläuterte Wolfgang Niess, wie sein Buch entstand. Foto: Zährl Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Früherer Spiegel-Chefredakteur in der Reihe "Autor im Gespräch" zu Gast in Villingen

In der Interview-Reihe "Autor im Gespräch" mit Wolfgang Niess stellte der Journalist und Bestseller-Autor Stefan Aust im Theater am Ring in Villingen sein neuestes Buch vor.

VS-Villingen. Auf die Person Konrad Heiden kam er, als er in seinem Bücherschrank etwas zum Lesen suchte und die erste Hitler-Biografie von 1936 von Konrad Heiden fand. Diese "Historische Biografie" las er in einer Nacht aus. Heiden begleitete und betrachtete den Aufstieg Hitlers seit den Zwanziger Jahren in München. Er war ganz nahe an den Ereignissen, da er ab 1921 regelmäßig die Versammlungen Hitlers besuchte und sie für die Frankfurter Zeitung beschrieb. Heiden war sozialdemokratisch geprägt und unabhängig. Er sah Dinge, die andere nicht wahrgenommen haben.

Das Besondere ist nach Ansicht von Aust nicht die historische Rückwärtsbetrachtung, in der bekannt ist, wie alles ausgeht, sondern Heiden schildert das, was unmittelbar geschieht.

Niess erläuterte: "Hitler ging 1920 nach München. Er wurde ein Art Spitzel der Reichswehr und hatte den Auftrag, in die spätere NSDAP einzutreten. Dort arbeitete er sich hoch." Die Auftritte Hitlers waren groß inszeniert. Lichttechnik wurde eingesetzt. Fotografien waren nicht erlaubt. Mit Singen und Heilrufen arbeitete das Publikum im Voraus mit. In den Versammlungen gab es keine Zuhörer, sondern nur Mitwirkende.

Hitler und sein Aufstieg blieb das Lebensthema von Heiden bis an sein Lebensende. Nach Aust versuchte "Heiden zu verstehen, was sich in diesem Wahnsystem abspielt. Er begibt sich in dieses System mit Distanz, ohne sich zu infizieren."

Ziel von Aust war es nicht, eine Biografie zu schreiben, sondern Heiden zu begleiten und durch seine Brille die Hitlerzeit zu sehen. Da Heiden nach der Machtergreifung gefährdet war, ging er in das Exil. Dort prognostizierte er detailliert, was geschehen wird. 1938 erkannte er, dass die Vernichtung des ganzen Judentums vorgesehen war.

Der frühere Chefredakteur des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" hat mit gründlicher Recherche den vergessenen Heiden ins Licht geholt und versteht es, den Leser mit heute noch relevanten Themen zu fesseln.

Das Buch: Hitlers erster Feind. Der Kampf des Konrad Heiden Stefan Aust, Rowohlt Verlag, Hamburg 2016, ISBN 978-3-498-00090-5