Villingen-Schwenningen - Weil sie sich als Teil des Gemeinderates nicht repräsentiert fühlen, formulierten am Montag acht der zwölf Stadträte, die gegen ein zentrales Rathaus sind, ihre Bedenken.

Einem souveränen Oberbürgermeister würde es gut anstehen, wenn er die immerhin 40 Prozent der Gemeinderäte wenigstens mit zwei Sätzen zur Kenntnis nähme, die am 18. Juli nicht für ein zentrales Rathaus gestimmt haben, meinte Klaus Martin. Da dies nicht der Fall sei, sahen sie "keinen anderen Weg", als sich gegenüber der Presse zu äußern.

Dass CDU-Baubürgermeister Rolf Fußhoeller noch diese Woche im Urlaub ist und zum Thema zentrales Rathaus schweigt, wollte Parteikollege Martin nicht kommentieren. Fußhoeller zu instrumentalisieren, sei nicht ihr Thema.

Deutlichere Worte fand Ernst Reiser (Freie Wähler). Seiner Meinung nach ist Fußhoeller weisungsgebunden. Er gehe davon aus, dass er einen Maulkorb habe. "Ich bin fast überzeugt, dass er in den Urlaub geschickt wurde, um ihn mundtot zu machen."

Ernst Reiser: Er glaubt dem Oberbürgermeister die 46 Millionen Baukosten nicht. Kubon habe ihn bei großen Projekten schon mehrfach angelogen. Es sei davon auszugehen, dass sich die Kosten für das zentrale Rathaus während des Baus erhöhen. Dann bleibe dem Gemeinderat nichts anderes übrig, als zuzustimmen. Die Wirtschaftlichkeit des Projekts stehe auf tönernen Füßen. "Ich lasse mich nicht auf so ein Abenteuer ein." Bei der Landesgartenschau wurde zunächst von 32 Millionen Euro Kosten ausgegangen, am Ende seien es 50 Millionen Euro gewesen. Beim Neckartower würden monatlich 27 000 Euro Verlust anfallen.

Von der baulichen Seite wäre der Zentralbereich richtig, dachte Erich Bißwurm (Freie Wähler) zunächst, aber, als er von 46 Millionen Euro Kosten hörte, sei er "hellhörig geworden" angesichts des Investitionsstaus von 80 bis 100 Millionen Euro, zu dem es trotz Nachfrage bis heute keine Auflistung der Verwaltung gebe. Wie solle das gehen, ein neues Rathaus bauen und den Investitionsstau abbauen? fragte er sich. Zwar seien die jährlichen Finanzierungskosten für das neue Rathaus von 7,6 Millionen Euro nur ein Prozent des Haushalts. Aber die Erfahrung zeige, wie schwer es sei, nur 500 000 Euro für eine Straßensanierung in den Haushalt zu bekommen.

Die Breitbandverkabelung, eine Zukunftsinvestition, sei wieder eingeschlafen. Das Schilterhäusle, das 1994 erschlossen wurde, sei nur ein Beispiel einer typischen Fehlplanung, denn 20 Jahre danach seien gerade einmal 43 Prozent der Grundstücke verkauft. Von der geplanten Europaallee sei nichts als eine normale Straße übrig geblieben.

Hauptbeweggründe

Die acht von den zwölf Stadträten, die gegen ein zentrales Rathaus sind, formulierten ihre Hauptbeweggründe.

Bernd Hezel: Mit den 30 Millionen Euro Kreditaufnahme verdoppele sich der jetzige Kreditstand des städtischen Haushalts. Dann sollen noch neun Millionen Euro aus dem Sonderhieb des Forstes für den Neubau verwendet werden, eine Summe, die aber aus dem allgemeinen Haushalt für die Sanierung von Schulen und Straßen gedacht sei. Das Geld fehle in der Rücklage. Vor vier Jahren sei nicht mal Geld für eine Machbarkeitsstudie vorhanden gewesen, "jetzt hat sich irgendwo der Himmel geöffnet und wir schwimmen im Geld."

Alt-OB Gerhard Gebauer sei schon mal auf dem falschen Dampfer gewesen, als er die Hochschulen auf die grüne Wiese bauen wollte. Dann würde heute noch die Kienzle-Ruine in Schwenningen stehen, und die Gartenschau wäre auch nicht gekommen.

Ulrike Heggen: Das Ausbluten der Innenstädte ist für sie eine große Belastung. Am 5. Juli 2011 habe die Verwaltung gesagt, dass man beim Bau des Schilterhäusles zu euphorisch gewesen sei bezüglich der Bevölkerungsentwicklung, deshalb müssten die Zentren gestärkt werden. Die Dezentralisierung sei die Zukunft, auch angesichts der technischen Möglichkeiten und der immer weniger werdenden Stellen. Wobei in Villingen eine Bündelung der Standorte erforderlich sei. "Wenn wir das neue Gebäude bezahlt haben, brauchen wir es gar nicht mehr."

Dietmar Wildi: Mit einem zentralen Rathaus hätte er keine Probleme, wenn die Stadt nicht Dinge machen müsste, die seit zehn Jahren auf der Warteliste stehen. Als Beispiel nannte er die Erschließungsbeiträge, die die Häuslebauer in diversen Wohngebieten längst bezahlt haben, aber die Straßen immer noch nicht geteert seien.

Ernst Reiser: Er glaubt dem Oberbürgermeister die 46 Millionen Baukosten nicht. Kubon habe ihn bei großen Projekten schon mehrfach angelogen. Es sei davon auszugehen, dass sich die Kosten für das zentrale Rathaus während des Baus erhöhen. Dann bleibe dem Gemeinderat nichts anderes übrig, als zuzustimmen. Die Wirtschaftlichkeit des Projekts stehe auf tönernen Füßen. "Ich lasse mich nicht auf so ein Abenteuer ein." Bei der Landesgartenschau wurde zunächst von 32 Millionen Euro Kosten ausgegangen, am Ende seien es 50 Millionen Euro gewesen. Beim Neckartower würden monatlich 27 000 Euro Verlust anfallen.

Friedrich Bettecken: Er will keinem Haushalt mehr zustimmen, in dem Kredite aufgenommen werden. Es sei beschämend, wenn beispielsweise die Weinpräsente für Senioren abgeschafft werden, um zu sparen.

Henning Lichte: Die große Hektik in den vergangenen Monaten erklärt er sich damit, dass nicht wegen der günstigen Zinsen das zentrale Rathaus schnell beschlossen werden soll, sondern weil die Haushaltsberatungen bevor stehen.

Dass am Samstag in der Schwenninger Innenstadt städtische Mitarbeiter Luftballons mit der Aufschrift "Für die Zukunft unserer Stadt" an Kinder verteilten, sei Wahlpropaganda gewesen.