Flipper gehören der Vergangenheit an. Mit ihnen lässt sich kaum mehr Geld verdienen. Foto: Schwarzwälder Bote

Andreas Baur thematisiert Jugendschutz, Suchtpotenzial, Trends und bevorstehende Veränderungen.

Villingen-Schwenningen - Blinkende Lichter, verdunkelter Raum und eine Melodie, die sich ständig wiederholt. Am hinteren Automaten sitzt eine ältere Frau, geschätzt 55 Jahre alt – und starrt auf den Monitor. Nur ein Finger bewegt sich, auf und ab, und betätigt einen Knopf. Bunte Motive beginnen zu rotieren. Die Melodie läuft dabei ununterbrochen mit. Schließlich kommen die Symbole in einer Reihe zum Stehen. Sind die gleichen darunter? Hat die ältere Dame gewonnen? Ohne die Miene zu verziehen, beginnt die Frau erneut: Schmeißt eine Münze ein und stellt ihr Glück am Spielautomaten nochmal auf die Probe.

"Es darf nicht weh tun im Geldbeutel. Sonst ist es Sucht", klärt Spielhallenbetreiber Andreas Baur auf. Während seiner Laufbahn als Geschäftsführer eines Spielsalons in Villingen und Schwenningen habe er schon viele Menschen beobachten können. Aber überwiegend setzen sich die Besucher nur des Unterhaltungsfaktors wegen an den Automaten. Das, was die Spieler gewinnen, "wird ihr Leben nicht verändern", betont Baur.

Es gebe zwar auch verhältnismäßig hohe Gewinne, aber nicht so viel für eine lebenswichtige Veränderung. "Das muss man sich vor Augen halten", wiederholt der Betreiber. Er treffe in der Halle oft Gruppen an, die gemeinsam Kaffee trinken und ab und an zu den Automaten gehen. Alkohol gebe es keinen, ergänzt der 53-Jährige. Teilweise stehen die Gäste bereits um sechs Uhr vor der Eingangstüre. Mit einem Kaffee in der Hand setzen sie sich dann an den Automaten.

"Das entspannt", erzählt ein Spieler, der anonym bleiben möchte. Suchtprobleme habe er nie gehabt, erzählt der 41-Jährige. Es sei "reine Entspannung" von der harten Arbeit. Zwei bis drei Mal in der Woche kommt er in die Spielothek. Manchmal aber auch wochenlang gar nicht. "Wie es die Zeit erlaubt", erklärt er. 30 bis 45 Minunten heißt es dann, Kaffee trinken, Handy ausschalten und spielen. Um Geld gehe es ihm dabei nicht.

"Dafür gehe ich arbeiten", erklärt der 41-Jährige, der sich in der Doppelstadt selbstständig gemacht hat. Aber der Reiz zu gewinnen sei natürlich da. Er lege nur nicht viel Wert darauf: "Es kommt oder kommt nicht." Wenn er ohne Verluste wieder aus der Tür trete, reiche ihm das vollkommen aus. Seit 20 Jahren besucht er regelmäßig die Spielothek. Oft komme er alleine, ab und zu treffe er auch Bekannte. Manchmal schaue er einfach so kurz mal vorbei, um einen Kaffee zu trinken. Seine Frau habe nichts gegen sein Hobby. Schließlich wisse sie, wo er sei, meint er. Sollten seine Kinder mit dem Spielen anfangen, werde er sie aufklären. Denn der Suchtgefahr beim Spielen sei er sich bewusst.

"Dass es eine Spielsucht gibt, ist nicht wegzudenken", betont auch Baur. Deshalb komme auch nicht jeder so einfach in die Spielhalle rein. Ein rot gelber Aufkleber auf der Tür zeigt: Hier ist der Einlass ab 21 Jahren. Doch auch wer das Alter erfüllt, für den leuchtet die kleine Ampel, links neben der Tür, noch nicht grün. Erst wenn auch der Code am Schalter links daneben eingegeben wird, erlischt das Rot der Ampel. Wer zum ersten Mal die Spielothek besucht, muss den Ausweis vorzeigen und es wird abgeglichen, ob die Person im internen Sperrsystem aufgelistet ist. Mit diesem Einlasskontrollsystem könne zu 100 Prozent Jugendschutz erreicht werden, versichert Baur.

Süchtige lassen Tür offen

Und auch in Sachen Spielsucht habe Baur sich dem sogenannten Sozialkonzept verschrieben. So können seine Mitarbeiter, er hat etwa 25 in Villingen und Schwenningen sowie zwei Lehrlinge, in besonderen Fällen handeln. Durchs Beobachten von Spielern können die geschulten Mitarbeiter Auffälligkeiten erkennen und reagieren: "Mit viel Feingefühl." Es sei auch schon mal vorgekommen, dass Baur Gäste sperren musste.

Und auch Eigensperrungen der Spieler erlebe er "immer wieder". Mit der Sperre erhalte der Spieler gleichzeitig auch ein Hausverbot. Eine Selbstsperre gelte maximal ein Jahr, erklärt der Betreiber. Erst mit einem Nachweis der Fachstelle Sucht könne er diese wieder aufheben. Doch Baur kritisiert das System und spricht sich für ein zentrales Sperrsystem aus. Sei ein Spieler gesperrt, müsste er sich in jeder einzelnen Spielhalle sperren lassen.

Aber ein Süchtiger lasse sich immer ein Türchen offen, ist sich Baur sicher. Außerdem fälsche das die Statistiken, beschwert er sich. Eine Person verursache so mehrfache Sperrungen. Mit einem zentralen System müsste der Spieler das nur einmal tun, bei allen anderen Hallen erscheine er dann in einer Sperrdatei.

Die Technik mache es darüber hinaus möglich, die Einsätze auf maximal 60 Euro die Stunde zu beschränken. Dabei liege die durchschnittliche Verweildauer, weiß Baur, bei etwa 35 bis 40 Minuten. Ab 23.45 Uhr könne man außerdem nichts mehr einwerfen, da ohnehin der Laden um 24 Uhr geschlossen werde.

Seit 43 Jahren gibt es, laut Baur, "die älteste Spielhalle in VS". Damals, noch unter der Hand von Bernhard Schnier, standen drei Tisch-kicker, Billiardtische und mehrere Flipper in der Halle. Manche Spieler hätten gar den Knüppel abgerissen, "so dabei waren sie", erinnert sich Baurs Schwester, Beate Capasso, an die Zeit. Sie arbeitet seit 31 Jahren in dieser Branche. Geldspielgeräte spielten eine kleine Rolle. "Zuckende Daumen" und Bewegung an den Unterhaltungsgeräten habe es damals noch gegeben. Doch mit der Zeit wurden diese nur noch schwer angenommen. Neue Geräte kamen auf den Markt: Während es früher für jedes Spiel einen Automaten gab, gebe es mittlerweile Geräte, auf denen gleich 200 Spiele gespielt werden können. "Die rotteten die anderen Unterhaltungsgeräte aus", erzählt Baur.

Jetzt lasse sich mit Flippern und Co. kaum mehr Geld verdienen. Die Einnahmen, die nach der Vergnügungssteuer noch bleiben, reichen gerade so, um die Kosten zu decken – wenn überhaupt. Baur sieht das mittlerweile eher als Minusgeschäft. "Nur von Draufzahlen kann keiner leben", bedauert er.

Auch Online-Glücksspiele beschäftigen die Branche. Andreas Baur findet sie eher bedenklich. Denn sollten mit dem neuen Staatsvertrag, der ab Juli 2021 greifen soll, mehrere Spielhallen in den Städten schließen, verlagere sich das Glücksspiel einfach ins Internet. Weniger Spieler werden es dehalb nicht, denkt Baur. Der Betreiber sehe vielmehr Gefahren für die Spieler. Keine Einsatzbeschränkung, kein Jugendschutz – jetzt hätten die Spielbetreiber noch die Hand drauf. "Wenn es uns nicht mehr gibt", sagt Baur nachdenklich, dann laufe das Glücksspiel unkontrolliert und ohne Beaufsichtigung.

Seiner Meinung nach sollten eher einige Gaststätten, die in ihrem Lokal ebenfalls Spielautomaten betreiben, den Einlass erst ab 21 Jahren zulassen. Es sollte "ein gesundes Spiel" bleiben und werden, sagt der 53-Jährige bestimmt.