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                                             Porträt / Der in Schwenningen                                                        aufgewachsene Benjamin Zirnstein                                                     spielt im "Käfig voller Narren" /                                                                     Sozial engagiert und gern auf Reisen

Er wollte sie einmal ausprobieren, die Schauspielerei. Dass sich daraus sogleich ein fast halbjähriges Engagement mit 16 Vorstellungen ergeben würde, das ahnte Benjamin Zirnstein nicht.

Villingen-Schwenningen. "Mit so einem Schnellstart hätte ich nie gerechnet". Noch an vier Abenden – am Samstag, 9. Dezember, und nächste Woche Mittwoch, Freitag und Samstag – ist der 34-Jährige im Theater am Turm (TaT) zu sehen. In der Eigenproduktion "Ein Käfig voller Narren" ist er der Butler Jakob.

Eine Nacht Bedenkzeit und den Zuspruch von Freunden und der Familie habe er schon gebraucht, um sich dazu zu entschließen, einen schwulen Diener zu spielen, der gerne in Frauenkleider schlüpft. Benjamin Zirnstein lacht bei der Erklärung, warum er schließlich zusagte: "Einer muss es ja machen".

Verena Müller-Möck war sofort begeistert vom Talent des Neuen. Dessen Arbeitskollegin, die TaT-Schauspielerin Evelina Valla war es, die ihn für das Theater interessierte. Er hörte von ihr, dass das Theater neue Mitspieler generell willkommen heiße und Regisseurin Verena Müller-Möck noch Darsteller speziell für die kultige und mehrfach verfilmte Theaterkomödie "Ein Käfig voller Narren" suche. Nicht auf den Mund gefallen, offen gegenüber Menschen und mit einer Lust ausgestattet, "Leute zu bespaßen" – Benjamin Zirnstein brachte beste Voraussetzungen mit.

Dreistündige Proben

Was er, wie er sagt, indes unterschätzt habe, sei der zeitliche Aufwand. Ab Ende Juni waren wöchentlich zwei dreistündige Proben angesetzt – auch während der Urlaubszeit. Stell- und Sprechproben, Text üben und die gemeinsame Bearbeitung der Vorlage von Autor Jean Poiret, der die schrille Geschichte 1973 als Appell für gegenseitige Achtung, Respekt und Toleranz schrieb, zu einer Zeit also, als Homosexualität von der Gesellschaft noch als seltsame und ablehnungswürdige Absonderlichkeit wahrgenommen und in Deutschland sogar verboten war.

"Ich kannte das Stück nicht, ich habe es mir auf YouTube angesehen", sagt Zirnstein, der erst zehn Jahre später auf die Welt kam. Als er hörte, dass es keine Souffleuse geben werde, rutschte Zirnstein zunächst das Herz in die Hose. Doch seinen Text hatte er überraschend schnell intus. Außerdem, sagt er, gelte es zu improvisieren, wenn man einen Hänger habe, wobei man immer auch auf die Hilfe seiner Mitspieler rechnen könne. Bisher ist aber alles gut gegangen, und Benjamin Zirnstein geht in der Rolle des "Sunnyboys" auf.

Lampenfieber? Oja, das habe er gehabt vor der Premiere Mitte November, die genau an seinem Geburtstag stattfand und er sei heilfroh gewesen, dass ihm die Bühnenlampen den Blick auf das Publikum verwehrten. "Ich konnte mich ganz auf meine Rolle konzentrieren".

Gelernter Möbelschreiner

Inzwischen ist der gelernte Möbelschreiner, der für das Bühnenbild zwei seiner eigenen Cocktailsessel hergab sowie den Teewagen seiner Großeltern, schon wesentlich routinierter und genießt sein neues Hobby, besonders die Freundschaft zum zehnköpfigen Ensemble.

Geboren ist Benjamin Zirnstein in Freiburg und aufgewachsen in Schwenningen. Nach der Mittleren Reife auf dem Deutenberg lernte er bei einem Mönchweiler Küchenhersteller seinen Beruf und ist heute in einem Villinger Planungsbüro als Küchenplaner tätig. Er spielt Golf, fährt Motorrad, hat sich gerade einen Mercedes-Oldtimer zugelegt und liebt es, sich in der Natur zu bewegen. Er ist Mitglied im Freundeskreis der Nachsorgeklinik Tannheim und engagiert sich bei "Liso Tansania", einer in Brigachtal ansässigen Hilfsorganisation, die in dem afrikanischen Land ein Waisenhaus für inzwischen acht Kinder betreibt. Er hat die Patenschaft für die kleine Neema übernommen und besucht sie im kommenden Jahr wieder einmal.

Überhaupt das Reisen – nachdem Benjamin Zirnstein als Schüler mit "work-and-travel" für ein Jahr in Neuseeland, Australien und Asien war, lässt ihn das Fernweh nicht mehr los. Und das könnte im nächsten Herbst zum Problem werden.

Die künstlerische Leiterin und Regisseurin des Theaters am Turm, Liliana Valla, hat Benjamin Zirnstein für ihre nächste Produktion im Herbst angefragt. Zu der Zeit plant er indes, einen Freund aus der Schweiz nach Hawaii zu begleiten, der sich dort für den "Iron-Man" qualifiziert hat. Vielleicht passt aber alles und er kann wieder auf der Bühne im Theater am Turm in Villingen stehen, denn "das ist mein Ding".