Ernst Maier in seinem Wohnzimmer in Marbach beim Interview. Foto: (nk)

Kritiker erhält Rückhalt von Tierrechtsorganisation. "Freiwillig geht kein Pferd zum Festumzug". Mit Video

Villingen-Schwenningen - Pferde die steigen, die um sich schlagen oder vor Stress zusammenbrechen: Andererorts ist es bei Fasnetsumzügen schon zu schockierenden Szenen gekommen. Tierschützern treibt der Anblick Tränen in die Augen. Andere sind besorgt um die Sicherheit der Zuschauer. Gehören Pferde bei Umzügen also verboten? Oder zumindestens die Auflagen erhöht? In Villingen-Schwenningen gab es bislang zwar keine Vorfälle, dennoch kochen zu dem Thema seit Wochen die Emotionen hoch.

Ernst Maier sitzt in seinem Wohnzimmer in VS-Marbach am Esszimmertisch. Vor ihm ausgebreitet liegen Fotos. Darauf ist er hoch zu Ross abgebildet, gekleidet in eine schmucke Uniform. Daneben befindet sich ein Sammelsurium an Zeitungsartikeln. Alle drehen sich um die Villinger Bürgerwehr. Dort war Maier jahrelang Mitglied, als Rittmeister bei der Kavallerie.

Aus dem Verein ist er mittlerweile ausgetreten. Den Zeiten, als er bei Fasnets-Umzügen noch auf dem Pferd unterwegs war, trauert er nicht nach. Denn: Maier findet den Umgang mit den Pferden untragbar. Über die Presse hat er dahingehend schon mehrfach Kritik geäußert.

Einige Villinger Reiter betäuben trotz Verbots

Ein kurzer Rückblick: Laut Maier bereiten sich die Villinger Reiter in keinerlei Weise auf die Umzüge vor. "Man sitzt aufs Pferd, sattelt und geht zum Umzug", schildert er das Vorgehen. Außerdem würden manche Pferde von einigen Reitern mit Beruhigungsmitteln behandelt. Durch die Sedierung seien die Tiere unberechenbar. "Im schlimmsten Fall kann eine Beruhigung das Gegenteil bewirken", urteilt Maier. Bedeutet: Das Pferd wird nervös, statt ruhig. 

Wegen des falschen Umgangs mit den Rössern sieht der Doppelstädtler die öffentliche Sicherheit gefährdet. Die Tiere könnten durchgehen. "Es geht hier nicht um mich. Es geht darum, dass der Zuschauer am Straßenrand weiß, wer hier eigentlich vorbeireitet", erklärt der Senior. "Freiwillig geht kein Pferd zum Festumzug, aber man kann das Tier vernünftig vorbereiten, dass es das Ganze gut übersteht." In Rottweil würde dies auch getan, meint Maier. Dort würden die Tiere angemessen behandelt.

Ernst Maier fordert, dass die Anforderungen an die Villinger Reiter erhöht werden: dass sie mehr trainieren, mehr Reitstunden nachweisen. Zudem müssten vor Umzügen sogenannte Gelassenheitsübungen mit den Tieren gemacht werden. Dabei simuliert man mit den Pferden Umzugssituationen und gewöhnt sie an den Lärm sowie an die Menschenmassen.

PETA meint: Auch Gelassenheitsübungen sind Tierquälerei

Bei seiner Kritik bekommt Ernst Maier Rückhalt von Tierschützern. "Ich finde sein Vorgehen konsequent und bewundernswert", lobt Peter Höffken von der Tierrechtsorganisation PETA. Pferde seien Fluchttiere, auf vermeintliche Gefahr würden sie mit Weglaufen reagieren. Jede Fasnets-Veranstaltung bedeute Trubel und somit Stress für die Tiere. Deshalb komme es bei Umzügen auch immer wieder zu Unfällen, meint Höffken. Als Beispiel nennt er einen Vorfall in Laupheim: Dort ging im Juni vergangenen Jahres ein Pferdegespann durch, ein Kind wurde verletzt. 

Der Tierschützer verurteilt im Gegensatz zu Maier aber auch die sogenannten Gelassenheitsübungen. Auch diese seien nicht tiergerecht. "Da läuft beispielsweise eine Kapelle durch den Stall. Oder das Tier wird mit lauten Knallgeräuschen erschreckt", berichtet er. "Das geht so lange, bis das Pferd seelisch fertig ist. Es geht darum, den Willen des Pferdes zu brechen", meint Höffken und kommt zu dem Schluss: "Das ist Tierquälerei." Er resümiert: "Für uns gehören Pferde auf eine Wiese und nicht in die Innenstadt."

Mit dieser Meinung scheint PETA nicht ganz alleine zu sein. Einige Städte in Deutschland haben Pferde bei Umzügen schon verboten. In Eppingen etwa dürfen die Tiere nicht mehr beim Martinsumzug eingesetzt werden.

In Villingen-Schwenningen sind die Pferde trotz Maiers Kritik noch immer erlaubt. Allerdings hat die Stadt erst im November die Auflagen für die Reiter verschärft - was auch alleine schon das Ende von Pferden bei Umzügen in der Doppelstadt bedeuten könnte. So hatte sich die Bürgerwehr geäußert, man sehe sich nicht in der Lage, die neuen Auflagen zu erfüllen. Würde an ihnen festgehalten, könne man nicht am Umzug teilnehmen.

Zur wiederholten Kritik von Ernst Maier schweigt der Vorstand der Bürgerwehr indes. Mehreren Gesprächsanfragen unserer Zeitung wurden Absagen erteilt. Man habe bereits alles gesagt, hieß es.

Anmerkung der Redaktion: In einer früheren Version des Textes sprach Herr Maier von Betäubungsmitteln statt Beruhigungsmitteln. Dies sei umgangssprachlich gemeint, so Maier im Nachhinein. Auf seine Bitte hin wurden die Zitate geändert.