Katja Kassem vergisst die Strapazen angesichts der Liebe und Dankbarkeit der Menschen im Kongo. Foto: Kassem Foto: Schwarzwälder Bote

Klinikum: Oberärztin Katja Kassem operiert in Afrika ehrenamtlich entstellte und verstümmelte Menschen / Karton als Schiene

Katja Kassem, Oberärztin für Plastische, Hand- und Ästhetische Chirurgie am Schwarzwald-Baar Klinikum operiert in der Demokratischen Republik Kongo verstümmelte Menschen.

Schwarzwald-Baar-Kreis. Am Sonntag, 27.Mai, reist sie wieder nach Goma. Dort will sie schwer verletzten, verstümmelten und entstellten Menschen mit plastischer und ästhetischer Chrirurgie helfen, wieder ein halbwegs normales Leben führen zu können.

Es ist ihr dritter Flug nach Goma, einer Großstadt an der Grenze zu Ruanda, mit ihrem eingeschworenen Team, das immer mitfliegt, kann sie doch sehr viel helfen und bewegen. Trotzdem schmerze sie jeder Mensch, dem sie nicht helfen könne und wenn es deshalb ist, "weil ich mit meinem Team wieder zurückfliegen muss", erklärte sie gestern im Klinikum in einem Pressegespräch. Als Entwicklungshelferin sei sie in verschiedenen Kriegsgebieten gewesen, wo sie durch ihre chirurgische Ausbildung und der Ausbildung für Plastische Chirurgie das Leid der Menschen lindern konnte, berichtet sie. Dann habe es einen Ausruf von Interplant gegeben für Ärzte, die in den Kongo fliegen würden, um dort zu operieren.

Der Kongo sei eines der schwierigsten Gebiete, sehr unstabil, er sei weltweit das zweitärmste Land mit sehr vielen Rebellen. Es habe sich niemand gemeldet, der dort hingehen wollte, so die Ärztin. Gottfried Lemperle, eine Koryphäe für plastische Chirurgie, hat sie gebeten, ob sie nach Goma fliegen würde, allein. Das hat sie abgelehnt und so habe er gesagt, er fliege mit. Dazu habe sie noch einen Anästhesist gefunden und einen Oberarzt aus Berlin, berichtet sie. Zu viert flogen sie zum ersten Mal 2016 in den Kongo, am Sonntag ist es der dritte Flug, wieder mit dem gleichen Team, wie auch beim ersten und zweiten Mal. "Wir sind dort in dem Krankenhaus das erste Team für plastische Chirurgie und operieren Tumore am Körper, im Mund, im Gesicht, Fehlbildungen und Verbrennungen sowie auch Handverletzungen", erklärt sie.

Sie zeigt Bilder, die man kaum ertragen kann. Das sogenannte Wartezimmer befindet sich im Freien, sie operiert unter den schwierigsten Bedingungen, fließendes Wasser und Strom sind dort Fehlanzeige. "Irgendwie behelfen wir uns immer und wenn wir aus einem Karton eine Stütze für einen gebrochenen Arm herstellen", erklärt sie lakonisch. Natürlich fehlen auch Blutkonserven, unterstreicht sie. Da der Vulkan ganz in der Nähe der Stadt Goma liege und noch aktiv sei, sei dort alles dunkel. Es fliegen Rußpartikel durch die Luft, die Menschen bauen ihre Hütten aus Lava, alles ist sozusagen schwarz, berichtet sie. Sie und ihre Kollegen operieren selbstverständlich ehrenamtlich, aber sie wollten wenigstens die Helfer und Krankenschwestern bezahlen können, da diese Familien zu ernähren haben, so die Chirurgin. "Ich liebe Aesculap in Tuttlingen", betont sie voller Dankbarkeit. Von Aesculap erhalte sie unheimlich viele medizinische Geräte, vom Klinikum Schwarzwald-Baar werde sie mit Verbandsmaterial, Kompressen oder OP-Tüchern versorgt.

Von der Apotheke Fellhauer im Klinikum erhalte sie sehr viele Medikamente, um nur einige der Sponsoren zu erwähnen. "Im vergangenen Jahr haben wir in elf Tagen 228 Operationen durchgeführt, insgesamt sind wir jetzt bei 438 Operationen", hat sie notiert.

Auf die Frage, ob sie den ganzen Tagen voll konzentriert eine Operation nach der anderen durchführen könne, antwortet sie: "Das geht, ich vergesse alles um mich herum und werde auch nicht müde, Hauptsache ich kann helfen". Wenn sie wieder hier ist, erhält sie oft per Whats App Fragen anderer Ärzte in Goma, was sie bei welcher Verletzung tun könnten. Dann zeichne sie es ihnen auf. "Die Strapazen vergesse ich bei der großen Liebe und Dankbarkeit, die mir die Menschen im Kongo entgegenbringen", sagt sie.