Noch ist Dorothee Eisenlohr die Geschäftsführerin der Wifög SBH. Anfang Oktober wird sie ihre neue Stelle als Oberbürgermeisterin der Stadt Schramberg antreten. Foto: Wifög Foto: Schwarzwälder Bote

Interview: Dorothee Eisenlohr wechselt Anfang Oktober auf den OB-Posten in Schramberg

Schwarzwald-Baar-Heuberg. Seit dem 1. April 2017 ist Dorothee Eisenlohr die Geschäftsführerin der Wirtschaftsförderungsgesellschaft Schwarzwald-Baar-Heuberg mbH. Nach ihrer Wahl zur Oberbürgermeisterin von Schramberg, am 7. Juli, bei der sie 67,7 Prozent der Stimmen erhielt, wechselt sie Anfang Oktober auf den Chefsessel ins dortige Rathaus. Sie wird eine der wenigen Oberbürgermeisterinnen in Baden-Württemberg sein. Am Dientag, 17. September, trifft sich der Aufsichtsrat, um über das Prozedere der Neubesetzung der Stelle zu entscheiden. Im Interview hielt sie Rückblick und freut sich auf die neue Aufgabe.

Was konnten Sie in den vergangenen zwei Jahren bei der Wifög bewegen?

Ich habe einen Strategieprozess angestoßen, in dem Gesellschafter und "Stakeholder" klar ihre Erwartungen äußern konnten. Die Frage "Was muss die regionale Wirtschaftsförderung tun, damit sie den größten Mehrwert bringt?" und viele mehr haben wir in mehreren Workshops offen und ohne Angst, Althergebrachtes eventuell einstampfen zu müssen, diskutiert.

Das Ergebnis waren vier strategische Ziele und Handlungsfelder, die die Wifög SBH seit 2018 fokussiert und weiterentwickelt: Standortmarketing, Präsentation von Gewerbeflächen und Immobilien, Vernetzung regionaler Unternehmen und Steigerung der Kooperation und Wettbewerbsfähigkeit in der Region. Die Vorgehensweise in jedem Handlungsfeld haben wir professionalisiert: Wir wissen, wie viel die Aktivitäten in jedem Bereich kosten, messen den Erfolg an Kennzahlen und richten uns auf klar definierte Zielgruppen aus. Außerdem haben wir die Außenkommunikation der Wifög SBH auf den Kopf gestellt und präsentieren uns frischer, nahbarer, moderner.

Wir haben fast alle Prozesse digitalisiert, und das Team arbeitet ohne zuvor existierende Hierarchien sehr eigenständig und motiviert. Dadurch, dass wir nahezu komplett auf Briefpost verzichten, die früher viel Geld gekostet hat, haben wir im Haushalt Spielraum gewonnen und können zum Beispiel systematisch in die Weiterbildung von Mitarbeitern investieren.

A propos Mitarbeiter: Aus einem Team mit fünf Personen wird zum ersten Oktober eines mit sieben! Unser Welcome-Center ist um eine Vollzeitstelle gewachsen und wir betreuen seit diesem Jahr auch die Region Hochrhein-Bodensee. Als sehr belebend hat es sich erwiesen, dass wir immer wieder Praktikanten beschäftigen, die uns neue Impulse von der Hochschule bringen. Räumlich geht das alles zum Glück sehr gut: Anfang 2019 sind wir mit der Wifög SBH ja in neue, von uns selbst geplante und endlich auch barrierefreie Räume in den Zentralbereich von VS umgezogen.

Welches Projekt lag Ihnen bei der Wifög besonders am Herzen?

Einer GmbH wie der Wifög, die alle Dienstleistungen kostenfrei erbringt, fehlt zunächst einmal die "direkte Rückmeldung des Marktes", wie sie jeder Bäcker jeden Tag bekommt: Entweder er verkauft seine Brötchen oder er bleibt darauf sitzen. Deshalb war es mir besonders wichtig, auf andere Weise näher an die "Kunden" – Unternehmen, Fachkräfte, Kommunen – und ihre "brennenden Probleme" zu kommen.

Der Strategieprozess, neu eingeführte Feedbackmethoden und die Arbeit mit Kunden-Personas sollten dazu beitragen, dass unsere Angebote den tatsächlichen Bedarf treffen und unsere Kunden "glücklich" machen. Außerdem sehe ich es als Aufgabe der Wirtschaftsförderung, Trends in der Wirtschafts- und Arbeitswelt frühzeitig aufzugreifen und sie kleinen und mittelständischen Unternehmen möglichst niedrigschwellig zugänglich zu machen. Statt auf reine Frontalvorträge habe ich daher auf neue, interaktive Veranstaltungsformen gesetzt und versucht, dem Prinzip "Lernen von anderen, die so ähnlich und einen Schritt weiter sind" eine Bühne zu geben.

Was werden Sie vermissen?

In erster Linie die Menschen! Die, die zu unseren Veranstaltungen gekommen sind, und auch die, die in den Gremien und im Team der Wifög SBH dabei sind und waren. Die gemeinsame Zeit hat Spaß gemacht!

Gibt es ein Projekt, das Sie noch gerne bis zum Abschluss begleitet hätten, was aber durch den Antritt des neuen Amts nicht möglich ist?

Gern hätte ich den 2018 angestoßenen Markenbildungsprozess für die Region Schwarzwald-Baar-Heuberg noch als Geschäftsführerin zum Abschluss gebracht. Das hätte mit der für September 2019 geplanten Abschlusspräsentation der Agentur auch fast gepasst! Allerdings hat der Aufsichtsrat diese nun leider aufgrund meines Weggangs verschoben.

Auf was freuen Sie sich am meisten in Ihrem neuen Amt als Oberbürgermeisterin von Schramberg?

Ich habe große Lust, zusammen mit der Stadtverwaltung, den gewählten Gremien und vor allem den Bürgerinnen und Bürgern die Dinge in Schramberg voranzubringen. Ich hoffe, dass sich erste kleine Neuerungen schon schnell umsetzen lassen.

Im baden-württembergischen Städtetag gibt es mit Ihnen sieben Oberbürgermeisterinnen, für welche Anliegen müsste die Damenrunde verstärkt zusammenhalten?

Na ja: Erstmal wäre es wünschenswert, dass es mehr Oberbürgermeisterinnen gibt! Acht von 101, das ist eine Frauenquote von schlappen 7,9 Prozent. In manchen Gemeinderäten sieht es nicht viel besser aus: In Schramberg zum Beispiel wurden im Mai 24 Männer und nur drei Frauen ins Stadtparlament gewählt. Das sind 11,1 Prozent Frauenanteil – gerade mal 1,1 Prozent mehr als direkt nach der Einführung des Frauenwahlrechts 1919.

Doch genug davon: Ich finde, als Frau wie als Mann geht es in erster Linie darum, für die eigene Stadt, die Bürgerinnen und Bürger gute Politik zu machen und "etwas auf die Reihe zu kriegen". Wenn man es schafft, dabei auch Vorbild zu sein und andere zu ermutigen, die Welt in der wir leben, konstruktiv mitzugestalten: Dann ist das schon ziemlich viel!

 Die Fragen stellte Wilfried Strohmeier