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Interesse an Oberzentrum groß/ Nachfrage nach altersgerechten Wohnungen steigt

Kim Müller freut sich auf die Boulderhalle in VS, seine Frau Kathy joggt leidenschaftlich gern. Um ihr Lebensglück perfekt zu machen, wollen die beiden ein Haus kaufen, das auch altersgerecht ist. Gar nicht so einfach, denn gerade für Familien werden Oberzentren interessanter. Der Leerstand geht gegen Null.

Villingen-Schwenningen. Unser Muster-Ehepaar Kim und Kathy Müller ist zwar noch weit vom Ruhestand entfernt. "Doch auch bei jüngeren Paaren spielt das Thema altersgerechtes Wohnen immer stärker eine Rolle", beobachtet Tim Rohwer, Geschäftsführer der Engel&Völkers-Niederlassung in der Doppelstadt. Parallel dazu beschäftigen sich die über 60-Jährigen intensiv damit, "ob sie noch in ihrem eigenen Zuhause bleiben können oder nicht", weiß der erfahrene Immobilienexperte aus vielen Gesprächen. Seinen Erfahrungen nach denken ältere Menschen zu schnell an einen Verkauf ihres Hauses oder ihrer Wohnung. Erschwinglicher und unkomplizierter als vielfach gedacht lassen sich seiner Ansicht nach altersgerechte Strukturen schaffen.

Rainer Müldner, Geschäftsführer der Wohnungsbaugesellschaft Wbg, kann Rohwers Beobachtungen bestätigen. Auch das Interesse an altersgerechten Mietwohnungen steigt. "Die Leute fragen sich schon in jungen Jahren, ob sie mit Hüftproblemen noch in der Wohnung bleiben können." Wie andere Baugenossenschaften hat auch die WbG die Weichen in diese Richtung gestellt.

Begehbare Dusche Norm

Beispiel Neubauprojekt in der Sperberstraße: Die Duschen seien in allen Wohnungen begehbar, genauso selbstverständlich werden Aufzüge miteingeplant, "das sind allesamt freiwillige Leistungen". Gesetzlich vorgeschrieben sei dagegen folgendes: In Gebäuden mit mehr als zwei Wohnungen müssen die Wohnungen eines Geschosses barrierefrei erreichbar sein. Hier müssen auch die Wohn- und Schlafräume, eine Toilette, ein Bad und die Küche oder Kochnische barrierefrei nutzbar und mit dem Rollstuhl zugänglich sein. Planungsnormalität, so der Wbg-Geschäftsführer sei auch, dass der Behindertenbeauftragte des Kreises bei Bauprojekten miteinbezogen werde. Sebastian Merkle, Geschäftsführer der Familienheim, kann nur beipflichten: "Altersgerechte Wohnungen sind bereits bei 30-Jährigen ein Thema, die noch gut Treppen laufen können." Entsprechend sind auch in den Projekten der Familienheim begehbare Duschen und auch Aufzüge die Regel.

Der Gedanke an das Alter und die Suche nach einer entsprechenden Immobilie ist das eine, die zunehmende Verknappung von (erschwinglichem) Wohnraum das andere. Schon seit Jahren gibt es Klagen über einen Mangel an bezahlbarem Wohnraum an Brigach und Neckar. Und diese dürften in Zukunft noch lauter werden. Ein Trend, den nicht nur Rohwer seit geraumer Zeit beobachtet: "Immer mehr Familien verlassen die Ballungszentren wie Stuttgart und steuern wieder den ländlichen Raum an." Nicht nur, weil die Immobilienpreise schwindelerregende Höhen erreicht haben: "Das kann sich kaum noch jemand leisten." Doch es geht auch um anderes, "um Lebensqualität". Wenn es um Alternativen zu den Großstädten geht, "ist VS mittlerweile ein Zugpferd".

Was ist dran an dem VS-Prädikat? Sebastian Merkle, Geschäftsführer der Familienheim, beobachtet auch einen "Riesentrend" in Richtung Doppelstadt, sei es aus den Umlandgemeinden, sei es aus Großstädten wie Freiburg oder auch Stuttgart, in denen Familien keinen erschwinglichen Wohnraum mehr finden.

"VS findet sich allmählich auf der Landkarte der interessanten Städte wieder", so Merkles Erfahrungen. Die Ursachen: Einige suchen Wohnungen in VS, weil sie Arbeit gefunden haben; Familien aus Freiburg zum Beispiel seien glücklich, dass sie hier für eine Vierzimmer-Wohnung genauso bezahlen wie einst für ihre Zweieinhalb-Zimmer-Wohnung. Rund zwölf Prozent der Wohnungsinteressenten kommen mittlerweile außerhalb des 78-Postleitzahl-Umfelds, so Merkle. Die Nachfrage steigt und steigt: . Mit dem Ergebnis, "dass der Leerstand in unseren Objekten seit etwa drei Jahren mittlerweile gegen Null zeigt", so Merkle. Derzeit umfasse die Warteliste für die rund 2500-Familienheim-Wohnungen 1500 Namen.

Verdichtung kein Tabu

Wie Merkle sieht auch Müldner einen starken Druck im mittleren und günstigen Wohnpreissegment (Mietzins zwischen sechs und acht Euro pro Quadratmeter). "Mit Neubauten allein kann die Nachfrage nicht aufgefangen werden", auch die Sanierung von Altbestand müsse in den Fokus rücken. Merkle will sich vor allem auf Neubauten konzentrieren, "das ist die einzige Lösung für die starke Nachfrage." Er fordert ein generelles Umdenken, was die Geschossplanung angeht. "Was wir an Fläche haben, müssen wir bestmöglich nützen", eine dichtere und höhere Bauweise dürfe kein Tabu sein, meint er mit Blick auf knapper werdende Bauflächen.