Fachanwalt Jochen Link macht auf den "Tag der Kriminalitätsopfer" aufmerksam, mit dem der Weiße Ring das Schweigen bei sexualisierter Gewalt brechen will. Foto: Kaletta Foto: Schwarzwälder Bote

Gewalt: Weißer Ring eine Anlaufstelle

Schwarzwald-Baar-Kreis. Alle acht Minuten wird ein Mensch in Deutschland Opfer von sexualisierter Gewalt, vieles wird dabei verschwiegen. Mit dem 29. "Tag der Kriminalitätsopfer" am Sonntag, 22. März, möchte der Weiße Ring den Betroffenen helfen, ihr Schweigen zu brechen.

Es sind überwiegend Frauen, die Opfer sexualer Straftaten werden, weiß Jochen Link, Leiter und Berater der Außenstelle in Villingen-Schwenningen und seit 15 Jahren Opferanwalt. Viele wollen nach der Tat ohne Polizei auskommen, nicht einmal jede 15. Tat werde laut kriminologischer Studien angezeigt. Sexuelle Vergewaltigung, verbale und körperliche Gewalt, so der Anwalt, sind Machtdemonstrationen. Diese können durch Verwandte, Trainer, Ausbilder oder Arbeitskollegen und auch durch den Partner ausgeübt werden.

Aus Angst, Scham und Unwissenheit schweigen sie. Oftmals geschehen die Straftaten in der Familie, Trennungs– Existenzängste und Angst vor der sozialen Abwertung entstehen. Oftmals werde den Opfern nicht geglaubt. Sexuelle Belästigung am Arbeitsplatz habe viele Gesichter. Das können verbal anzügliche Bemerkungen und obszöne Witze sein, aufdringliche und sexuell zweideutige Kommentare und Aufforderungen zu sexuellen Handlungen. Aufdringliche Blicke, in den Ausschnitt starren, Hinterherpfeifen und herabwürdigende Gesten sind nonverbal.

Jede unerwünschte Berührung und wiederholte körperliche Annäherung sind alles andere als harmlos und belasten physisch, so der Anwalt. Körperliche Gewalt und eine Vergewaltigung bleibt ein traumatisches Erlebnis.

Manche Opfer, so die Erfahrung von Jochen Link, geben sich selbst die Schuld. "Die Schuld hat nur der Täter" betont er. Den Opfern falle es meist sehr schwer, den ersten Schritt zu unternehmen. Der Weiße Ring versteht sich als Lotse der zuhört und als Anlaufstelle, denn er möchte ganz individuell aufzeigen, welche Wege vorhanden sind, um das Erlebnis zu bewältigen.

Für die Hilfesuchenden liegen drei Scheckhefte bereit: Zur rechtsmedizinischen Untersuchung, zur anwaltlichen Erstberatung und zur psychosomatischen Erstbehandlung. Diese Maßnahmen könne der Weiße Ring durch Mitgliederbeiträge finanzieren, das Opfer entscheidet selbst, welche Hilfeangebote es davon annehmen möchte. Wichtig sei es, dass die Betroffene nicht für den Rest des Lebens als "Opfer" identifiziert werde. Auch dies sei für manche sehr schwierig, denn sie werden nach dem Erlebten aus der Bahn geworfen. Der Weiße Ring helfe in solchen Fällen mit einem Umzug oder einer Ausbildung, die er auch finanziere. "Wir sind da, um Hilfe anzubieten, wir drängen uns nicht auf, Hilflosigkeit wird nicht ignoriert", versichert der Anwalt. "Schweigen hilft nur dem Täter."

In einer umfangreichen Broschüre informiert der Weiße Ring ausführlich über seine Arbeit, die er bundesweit anbietet und zeigt auf, wie sich Betroffene wehren können und welche Hilfe sie annehmen können.