Da seit drei Jahren keine einschlägigen Vorfälle angezeigt worden sind, konnte kein Berufsverbot ausgesprochen werden. Symbolbild. Foto: dapd

72-jähriger Heilpraktiker zu zwei Jahren Haft auf Bewährung verurteilt. 8.000 Euro Schmerzensgeld.

Villingen-Schwenningen - Genau zwei Jahre nach seinem Freispruch vom Vorwurf der sexuellen Nötigung in acht Fällen ist gestern vor dem Landgericht Konstanz ein 72-jähriger Heilpraktiker aus Villingen in einem neu aufgerollten Prozess zu zwei Jahren Haft verurteilt worden. Die Strafe wurde für drei Jahre zur Bewährung ausgesetzt. Als Auflage sind 8000 Euro Schmerzensgeld an die heute 21-jährige Geschädigte zu bezahlen.

Zu dem neuen Verfahren kam es aufgrund eines Revisionsantrags der Anwältin des Tatopfers. Der Bundesgerichtshof hatte das Verfahren nach Prüfung an eine andere Kammer des Landgerichts zurückverwiesen. Im ersten Prozess war es aus Mangel an Beweisen zu einem Freispruch gekommen, obwohl das Gericht nicht von der Unschuld des Angeklagten überzeugt war. Mehrere Frauen, die im Ermittlungsverfahren ebenfalls von sexuellen Übergriffen während Behandlungen durch den Heilpraktiker berichtet hatten, zogen ihre Aussagen aus Scham zurück. Die Aussage einer 30-jährigen Frau, die der Angeklagte ebenfalls massiv sexuell belästigt haben soll, war dem Gericht nicht neutral genug, weil sie mit der Hauptbelastungszeugin befreundet war.

Im neuen Prozess sollten nun auch die Frauen aussagen, die bislang davor zurückgescheut waren. Doch dazu kam es gestern nicht mehr. Angesichts der nun erdrückend scheinenden Beweislage entschied sich der Angeklagte noch vor der Beweisaufnahme mit 13 Zeugen und einem Gerichtsmediziner zum Geständnis, das den auf drei Tage angesetzten Prozess drastisch verkürzte. Im Vorfeld des Prozesses soll es allerdings zu massiven Bedrohungen des Tatopfers und deren Anwältin aus St. Georgen gekommen sein. So richteten Unbekannte am Fahrzeug der Anwältin einen Schaden von rund 7000 Euro an, indem sie es umfangreich zerkratzten und die Reifen zerstachen.

Vor Prozessbeginn ordnete das Gericht strenge Sicherheitsvorkehrungen an. Die Öffentlichkeit konnte den Gerichtssaal erst nach sorgfältigen Personen- und Taschenkontrollen betreten. Danach hieß es rund eineinhalb Stunden warten, bis die Prozessbeteiligten sich über die Vereinbarung geeinigt hatten.

Nach seiner Urteilsbegründung warnte der Vorsitzende Richter den Heilpraktiker, der seine Praxis in Villingen immer noch betreibt, vor weiteren Übergriffen. Da seit drei Jahren keine einschlägigen Vorfälle angezeigt worden sind, konnte kein Berufsverbot ausgesprochen werden. Nun ist das Landratsamt als zuständige Behörde am Zug.