Vernissage: Mobilität als Leitbegriff der Kunstausstellung im Landratsamt mit neuem Konzept / "Das Leben auf Touren"

"Ich find’s toll, wenn keine Saublodere hängen und wir ein neues Medium finden", gestand Landrat Sven Hinterseh in Erinnerung andere Kunstausstellungen im Landratsamt bei der Eröffnung der diesjährigen Schau im Foyer des Kreishauses.

Schwarzwald-Baar-Kreis. Gemäß einer neuen Konzeption, die auf einer Idee von Wendelin Renn, dem Leiter der Städtischen Galerie in Villingen-Schwenningen beruht, sollen Museen im Kreis bei dem nun gefundenen neuen Format mehr berücksichtigt werden.

Die Ausstellung mit dem Titel "Mobilität, das Leben auf Touren" zeigt Exponate des Schwarzwaldmuseums Triberg vom 18. und 19. Jahrhundert, aber auch moderne Kunstwerke aus der Sammlung der Städtischen Galerie Villingen-Schwenningen, die das Thema Mobilität fantasievoll reflektieren. Landrat Hinterseh fand in seiner Ansprache mit der Schwarzwaldbahn, die im 19. Jahrhundert das Leben im Schwarzwald veränderte, eine Verbindung. "Die Schwarzwaldbahn ist heute auch ein Riesenthema, wer hätte gedacht, dass die Scheine auch im 21. Jahrhundert noch eine so bedeutende Rolle spielen würde, dass wir heute noch auf der gleichen Trasse unterwegs sind wie im 19. Jahrhundert", erklärte er. Die Elektrifizierung der Höllentalbahn sei kurz zuvor Thema im Kreistagsausschuss gewesen, fand er einen Bogen zur Moderne. Exponate des Schwarzwaldmuseums Triberg in Beziehung zu zeitgenössischer Kunst unter dem Leitbegriff Mobilität schaffen ein Spannungsfeld, das vom Uhrenträger, Drehorgelspieler, Moritatensänger von einst, die sich noch vorwiegend zu Fuß bewegen mussten, bis zur "Tapenrakete" von Friedemann Flöther oder gar zum "Schleudertrauma" von Stefan Rohrer aus dem 21. Jahrhundert reicht.

Die von der Sparkasse Schwarzwald-Baar unterstützte Ausstellung im Landratsamt will einen neuartigen Dialog eröffnen. Hinterseh dankte der Sparkasse ausdrücklich.

Claudia Homburg, Beraterin des Schwarzwaldmuseums Triberg, hat an der Konzeption der Ausstellung mitgewirkt und eröffnete ihren Vortrag mit den Versen, die es Moritatensänger des 19. Jahrhunderts traditionell ermöglichten, das Publikum in ihren Bann zu ziehen. "Menschen, höret die Geschichte." Daran knüpfte sich, so Homburg, die Erwartung, etwas Grausiges, Schauerliches zu hören, während die letzte Strophe als Übereinkunft einen moralischen Appell enthielt. Als "reißerische Geschichte" hatte sie die "Migranten" und "Obdachlosen" im 18. und 19-. Jahrhundert im Visier, die sich als beispielsweise Drehorgelspieler, Hausierer, Uhrenträger oder fahrendes Volk ihren Lebensunterhalt auf der Straße verdienen mussten. Zehn bis 15 Prozent der Bevölkerung lebten im 18. Jahrhundert auf der Straße, berichtete Homburg. 1840 wurden 500 000 Uhren pro Woche in den Amtsbezirken Furtwangen und Triberg hergestellt und bis nach London oder Moskau verkauft. Die Uhrenträger "wanderten" in die fernen Länder, manchmal geschahen auch Morde. "Migration war eine der größten Herausforderungen des 19. Jahrhunderts, so Homburg. Das mobile Leben sei damals nicht so von Idealismus geprägt gewesen. Wandern mussten damals auch Knechte und Mägde.

Zugleich kamen als neuer Trend 1871 "Luxusreisen" in den Schwarzwald auf, ermöglicht durch Schwarzwald- und Höllentalbahn. Aber leisten konnten sich diese Reisen nur wenige. Trotz der modernen Kunstwerke dominieren optisch die Exponate des Schwarzwaldmuseums Triberg, was der Ausstellung mit dem Kontrast ein zugleich heimatliches und witziges Flair gibt.

Simon Lauenstein von der Jugendmusikschule St. Georgen umrahmte die Ausstellung musikalisch passend mit dem Akkordeon, wobei er Traditionellem auch Modernes spielte, beispielsweise "I’ve Seen That Face Before"

Weitere Informationen: Die Ausstellung ist bis zum 12. April zu den Öffnungszeiten des Landratsamtes zu sehen.