Im Stadtbild von Villingen ist wenig von Saba übrig geblieben. Das Gebäude mit dem Schriftzug steht noch an der Peterzeller ­Straße. Außerdem gibt es noch das Kantinengebäude.Foto: Eich Foto: Schwarzwälder Bote

Wirtschaft: Vor 40 Jahren besiegeln Amerikaner und Franzosen das Schicksal der Villinger Firma

40 Jahre sind es her, als in Paris Vertreter des amerikanischen GTE-Konzern und des Unterhaltungselektronik-Herstellers Thomson Brandt mit ihren Unterschriften das Schicksal der Saba in Villingen besiegeln. Für 500 Millionen Mark geht der renommierte Radio- und Fernsehbauer in den Besitz der Franzosen über.

VS-Villingen. Um die Saba steht es in den Tagen des Jahres 1980 nicht gut. Das Unternehmen ist, gut zwölf Jahre nach der Übernahme durch den amerikanischen GTE-Konzern (General Telephone & Electronics Corporation, Stamford/Connecticut) tief in die roten Zahlen gerutscht, vor allem auch wegen der Entwicklung im Hi-Fi-Bereich. Hermann Mößner, der 1971 von den belgischen Sylvania-Werken kommt, wird 1975 Nachfolger von Hermann Brunner-Schwer in der Geschäftsführung.

Turbulente Betriebsversammlung

1976 stocken die Amerikaner ihren Sabaanteil noch um 15 auf 100 Prozent auf. In ihren Werken beschäftigt das Unternehmen 5200 Mitarbeiter, rund 3000 davon in Villingen. Die werden am 27. März 1980, wenige Tage vor dem Deal in Paris, in einer turbulent verlaufenen Betriebsversammlung über die Verkaufspläne an Thomson-Brandt überrascht. Hier berichtet Herman Mößner im Beisein von GTE-Topmanagern aus den USA und ihren Anwälten über seine Blitzreise in die Staaten, wo ihm die wahren Absichten des Mutterkonzerns zur Saba-Zukunft erläutert worden seien.

Die Weichen über den Verkauf des Unternehmens sind wohl ohne Mößners Wissen gestellt worden. Das Hauptargument der Amerikaner: Nur in einem starken Verbund könne die Saba angesichts des Wandels in der Unterhaltungselektronik noch überleben. Auf Grund seiner hervorragenden Marktposition komme Saba dabei eine Schlüsselrolle zu.

Ein ungutes Gefühl beschleicht die Sabanesen nach dieser Versammlung. In einem spontan organisierten Protestzug auf dem Firmengelände machen sie ihrem Unmut Luft. "GTE will uns vergesse – Thomson will uns fresse", "Bisher haben wir für euch geschuftet, jetzt haut ihr ab und verduftet", steht da auf den schnell geschriebenen Transparenten zu lesen. Und: "Wir sind noch nicht am Ende, Saba ist nicht Nordmende." Dieser Spruch hat seinen Grund, denn Thomson Brandt war drei Jahre zuvor Eigentümer des Bremer Fernsehgeräteherstellers Nordmende geworden und hatte dort schon mit einem massiven Stellenabbau begonnen.

Allen Protesten zum Trotz. Die Amerikaner haben es eilig, die Saba zu verkaufen. Sie hinken in ihrem eigenen Zeitplan bereits ein Jahr hinterher, wie sich später herausstellt. Deshalb werden an Karfreitag 1980 die Kaufverträge in Paris schnell besiegelt. Schon an Osterdienstag lassen sich die Franzosen das erste Mal in der Saba in Villingen sehen. Noch im Jahr 1980 müssen die ersten 540 Sabanesen die Firma verlassen, in den Folgejahren geht der Stellenabbau weiter und geht einher mit einer umfangreichen Zerstückelung der Saba in mehrere Einzelfirmen. Um die zu erhalten, pumpt das Land Millionen Mark an Fördermittel ins Unternehmen. Ohne Erfolg. Die Franzosen verkaufen schließlich ihren Konzern an die Chinesen, die dann recht bald – 2007 – in den Villinger Fabrikationsräumen und Ingenieurbüros die letzten Lichter ausknipsen.

Fast 100-jährige Geschichte geht zu Ende

Mit der Schließung der Werkstore durch die Chinesen geht in Villingen eine fast 100-jährige Firmengeschichte zu Ende. Sie beginnt 1919, als Hermann Schwer mit der 1935 von seinem Großvater Benedikt in Triberg gegründeten Uhrenfabrik nach Villingen umzieht, weil eine bauliche Erweiterung in dem Städtchen am Wasserfall nicht mehr möglich ist. 1921, auf einer Geschäftsreise durch die Schweiz, hört Schwer eine Rundfunkübertragung vom Pariser Eiffelturm und beschließt, an der Verbreitung dieses Mediums als Hersteller mitzuwirken. Schon ein Jahr später werden im ehemaligen Hotel Waldmühle die ersten elektronischen Artikel produziert.

1924 wächst Saba auf 300 Mitarbeiter und stellt Rundfunkbau- und Zubehörteile her. 1928 verlässt der erste Saba-Kurzwellen-Apparat das Werk. 1935 feiert Saba das 100-jährige Bestehen und Hermann Schwer, der im Jahr darauf stirbt, wird Ehrenbürger von Villingen und von Meersburg. 1938 verlässt der millionste Rundfunkempfänger das Werk, das 1945 durch Bombenangriffe teilweise zerstört wird.

Nach dem Zweiten Weltkrieg übernimmt die Saba die Produktion von Telefonapparaten für die Bundespost, startet kurz danach aber wieder mit dem Bau von Rundfunkempfängern. Ernst Scherb übernimmt die Geschäftsführung. Auf der Industrieausstellung in Berlin stellt Saba 1951 die ersten Fernsehempfänger vor und wenige Jahre später exportieren die Villingen schon in 70 Länder der Erde. 2400 Mitarbeiter zählt da das Unternehmen. In Friedrichshafen wird ein Zweigwerk eröffnet.

Als 1959 Hans-Georg Brunner-Schwer und Hermann Brunner-Schwer stellvertretende Geschäftsführer werden, arbeiten 4400 Menschen für die Saba. 1961 übernehmen Hans-Georg Brunner-Schwer und Hermann Brunner-Schwer die Geschicke des Unternehmens.

1967 gibt es die ersten Verhandlungen mit den Amerikanern. Im Jahr darauf übernimmt Hans-Georg Brunner-Schwer die bei Saba geführte Musikproduktion und führt sie in eine eigenständige Firma über.

1973 noch ein satter Jahresüberschuss

Die GTE erwirbt bei Saba einen Anteil von zunächst 85 Prozent. 1973 erwirtschaftet die Saba noch einen Jahresüberschuss von 6,7 Millionen Mark, doch schon ein Jahr später steckt das Unternehmen tief in den roten Zahlen und schreibt einen Verlust von 25 Millionen Mark.

Mit dem Ausscheiden von Herman Brunner-Schwer aus der Geschäftsführung beginnt 1975 das schleichende Ende der Firma Saba.