Wohin soll die Reise mit VS gehen und welche Themen sind wem wichtig, das kristallisierte sich im VS-Polit-Gespräch beim Schwarzwälder Boten heraus. Foto: Strohmeier

Andreas Flöß fordert Straßensanierung in Eigenregie. Klaus Martin bezweifelt Wirksamkeit der Strategie.

Villingen-Schwenningen - Im VS-Polit-Gespräch mit Kreisredaktionsleiterin Cornelia Spitz beschäftigten sich Frank Bonath (FDP), Andreas Flöß (Freie Wähler), Klaus Martin (CDU), Joachim von Mirbach (Grüne) und Edgar Schurr (SPD) mit aktuellen Themen für die Doppelstadt. Im Zuge dessen nannten die Fraktionen jeweils ihre drei Top-Themen. In loser Folge gehen wir in dieser Serie auf einzelne dieser Themen ein. Im Fokus dieses Mal: Die Themen Schulen, ein Schwerpunkt, den die Freien Wähler als einzige in ihren Top Drei nannten, sowie die Straßensanierungen mit Hilfe einer eigenen Teerkolonne.

Herr Flöß, wo sehen Sie denn hier den Ansatzpunkt, wo brennt es?

Flöß: Ganz einfach: Wir erwarten dass die Lehrer uns oder dem Jubis mitteilen, wo Probleme vorhanden sind – Stichwort: Hoptbühl-Sportplatz. Dann kann es nicht sein, dass wir das nicht an erster Stelle priorisieren, sondern erstmal noch was anderes machen. Es gibt einfach Prioritäten, mit denen müssen wir zuerst durch die Tür!

Haben Sie mehrere solcher Beispiele auf Lager?

Flöß: Ja, zum Beispiel die Sanierung der Fachbereiche im Haus II der Karl-Brachat-Realschule, das ist absolut wichtig. Über die Sanierung des Deutenberg-Gymnasiums brauchen wir nicht zu diskutieren, das ist genauso wichtig. Aber auch das nächste was kommt, die Verbundschule am Deutenberg – egal ob Sanierungsprojekt oder Neubau.

Ist es wirklich so egal? Es gab ja bei mancher Sanierung schon den Hinweis, dass ein Neubau am Ende die bessere Variante gewesen sei...

Flöß: Ich kann im Einzelfall nicht beurteilen, ob eine Sanierung besser wäre oder ein Neubau, das müssen die damit beauftragten Fachleute herausfinden. Stand heute würde ich angesichts des Desasters am Deutenberg-Gymnasium beispielsweise zu einem Neubau tendieren hinsichtlich Zeit und Kosten.

Auf Ihrer Prioritätenliste stehen die Kindergärten aber noch vor den Schulen.

Flöß: Ja. Wir brauchen erstmal Kindergartenplätze für alle, und die Einrichtungen müssen beispielsweise teilweise auch saniert werden. Wenn ich hier und da von Asbest höre, dann müssen wir was tun. Deshalb: Priorität I Kindergärten und Priorität II Schulen.

Und dann?

Flöß: Wenn die Kindergärten saniert und die Schulen erledigt sind und wir dann noch Geld haben, dann müssen wir an die Straßen gehen – am besten mit einer eigenen Teerkolonne im Ein-, Zwei- oder Drei-Schicht-Betrieb.

Warum das?

Flöß: Ich bin nicht mehr bereit, und das sehen die Kollegen bestimmt genauso, dass wir immer wieder mit diesen Firmen Ärger haben, die die Waldstraße – unabhängig davon ob sie nötig ist oder nicht – zur unendlichen Geschichte werden lassen. Es ist eine Unverschämtheit, wie die Firmen mit uns umgehen. Und es ist eine Unverschämtheit, wie die Firma in der Richthofenstraße mit uns umgeht – die nehmen einfach einen anderen Auftrag an, wo sie mehr verdienen, und lassen uns sechs Wochen hängen, an so einer vierspurigen Straße mitten in der Stadt, das geht nicht! Und dann ist da ja auch noch dieser Flaschenhals der Vergabe – es wird ausgeschrieben irgendwann im Winter, vergeben im Februar oder März, im April ist dann der Schnee weg und es geht los, dann sind wieder Sommerferien und im November stellen sie wieder die Arbeit ein. Wir kommen überhaupt nicht voran!

Sehen Sie überhaupt Möglichkeiten, dieses Mammutprojekts Straßensanierungen in VS wirklich Herr zu werden und die Lage zu beherrschen?

Von Mirbach: Das mit dem Mammutprojekt ist jetzt aber Ihre Wertschöpfung.

Warum meinen Sie, ist das in Ihren Augen kein Mammutprojekt?

Von Mirbach: Nein! Schurr: Doch, das ist schon so. Ich habe ja den Vergleich mit dem Kreis, da haben wir einfach kontinuierlich in unseren Straßenbau investiert, so dass wir einmal in 30 Jahren durch sind. Das haben wir in Villingen-Schwenningen nicht gemacht bei ähnlich großem Straßennetz, dsa muss man ehrlicherweise sagen. Das will ich an niemandem festmachen, da sind wir alle mitschuldig, der ganze Gemeinderat hat das ja letztlich so entschieden, aber diesen Rückstau, den kriegen Sie nicht innerhalb kürzester Zeit aufgearbeitet, das ist unmöglich, da wäre die Stadt zu, das wäre der doppelte Herzinfarkt, weil sie könnten nirgends mehr fahren. Drum ist das mit dem Dünnschichtasphalt sinnvoll – ich war ja lange skeptisch, aber dadurch gewinnen wir Zeit. Von Mirbach: Ich will es trotzdem nicht als Mammutaufgabe bezeichnen. Die Konnotation des Wortes ist mir einfach zu gigantisch. Das ist eine Schwierigkeit und wir haben ein Problem mit Straßen, das ist ja völlig richtig. Es gab in der Vergangenheit auch schon Vorlagen, wonach wir unser Straßennetz priorisieren und die von OB Kubon und Bürgermeister Fußhoeller vorgelegte Priorisierung wurde vom Gemeinderat abgelehnt, weil gesagt wurde, wir haben andere Vorstellungen davon. Die Priorisierung ist also gestorben, obwohl in dieser Vorlage gesagt worden ist, wir haben 40 Prozent mehr Straßen als vergleichbare Städte, wir liegen so hoch, wir haben das Klima und so weiter. Und trotzdem war in den letzten Jahren zu wenig in der Unterhaltung drin.

Sie haben gerade gesagt, die Priorisierung sei gestorben. Aber soweit ich richtig informiert bin, gab es doch eine Priorisierung nach dem Motto: Erst Haupt- und dann erst Nebenstraßen, oder?

Von Mirbach: Genau, und dann hat man die Waldstraße gemacht, beziehungsweise macht sie immer noch. Das ist ja genau der Punkt. Deswegen weigere ich mich, jetzt an dieser Stelle von einer Mammut-Aufgabe zu sprechen, die nicht zu leisten ist, wenn solche Entscheidungen getroffen werden.

Haben wir also keine Mammut-Aufgaben in Ihren Augen?

Von Mirbach: Doch. Eine Mammut-Aufgabe haben wir wahrscheinlich mit der Verbundschule am Deutenberg, da haben wir nochmal 20, 25 Millionen, die wir da vermutlich reinstecken müssen, wie in das Gymnasium. Das ist eine Mammut-Aufgabe. Aber die Straßen, die müssen nun halt sukzessive gemacht werden und kosten viel Geld. Dass das eine Aufgabe ist, die, jetzt hochgerechnet wird in "Milliarden" und als Mammutaufgabe bezeichnet wird, das sind Apostrophierungen, die ja alles totschlagen.

Okay, zurück zum Thema. Schaffen wir das mit den Straßen, Herr Flöß?

Flöß: Die Stadt macht jetzt acht Straßen mit diesem neuen Verfahren, wenn ich den OB richtig verstanden habe, und danach sollen nochmals acht Straßen in diesem Verfahren folgen. Das ist ja gut, super, dass es vorangeht. Aber ich fände trotzdem eine eigene Firma, bei der TDVS oder beim Stadtbauamt angesiedelt, die uns gehört, mit einem Team – das sind bestimmt 30 Leute – sinnvoll. Das kostet richtig Geld, das sind ein paar Millionen. Aber das tut es so, wie wir es jetzt machen, ja auch – mit dem Unterschied, dass wir jetzt nicht vorankommen. Ich will eine eigene Truppe, die das für uns macht, und das zehn Jahre lang. Schurr: Diese eigene Firmierung für den Straßenbau, bei der TDVS zum Beispiel, das ist eine gute Idee, weil der Markt als solcher die Kapazitäten nicht hat und wir auch gar nicht so schnell reagieren können. Wir haben das bei der SVS ist Grabungsbereich ja auch gehabt und eine insolvente Firma einfach aufgekauft, um genau die Dinge nachher zu machen, wozu der Markt nicht in der Lage ist, sie für uns zeitnah zu erledigen, damit es hier weitergeht mit dem Breitband. Ich finde es absolut richtig, sowas zu machen. Und die Kosten werden nicht viel anders sein, aber wir kommen voran. Flöß: Das glaube ich nicht! Weil eine Firma mit Gewinn kalkuliert und wir ja nicht. Von Mirbach: Den Vorschlag von Herrn Flöß haben wir ja schon in der Fraktionsvorsitzendenrunde diskutiert und gesagt, das ist eine gute Idee, das soll die Stadtverwaltung mal prüfen – und das sollen sie jetzt auch machen. Martin: Ich kann immer noch nicht ganz einordnen, was Ihr meint, mit einer eigenen Firma. Richtig Straßenbau, so wie etwa der Straßenbau Storz? So richtig, von unten nach oben mit allen dazu gehörenden Maschinen und allem drum und dran? Flöß: Ja, ich stelle mir natürlich eine richtige Firma vor mit dem nötigen Know-how auch. Wir brauchen einen Teerfertiger, wir brauchen die Menschen und Maschinen dazu. Was wir brauchen, sind zwei Kolonnen, die im Zwei-Schicht-Betrieb arbeiten. Ich erwarte jetzt mal eine ordentliche Vorlage von der Verwaltung, wo wir sehen können, was kostet uns das, wie amortisiert sich die Anschaffung...

Halten Sie es unterm Strich wirklich für leistbar, dass man sich all das anschaffen kann? Kann sich die Stadt Villingen-Schwenningen das wirklich gönnen?

Flöß: Wir haben mit Sicherheit eine Anschub-Finanzierung von fünf, vielleicht auch zehn Millionen. Das ist aber egal, das ist abschließend egal. Wir müssen es doch sowieso bezahlen. Aber wir brauchen die Gerätschaften und wir brauchen das Team. Und Herr Schurr hat völlig Recht, wenn es keine insolvente Firma ist, die wir übernehmen, dann müssen wir sie uns eben schaffen oder bauen. Martin: (kopfschüttelnd) Wenn das so ein Erfolgsmodell wäre, dann hätten es andere Städte schon längst gemacht. Flöß: Wir haben aber den Bedarf, wenn von 460 Kilometer etwa ein Drittel kaputt ist – und wahrscheinlich sind es sogar mehr. Martin: Ich bin schon ein bisschen überrascht, dass Ihr so Akzente legt auf den Straßenbau, der wichtig ist – darüber brauchen wir gar nicht zu diskutieren. Aber das Mammut-Projekt würde ich woanders ansiedeln.

Nämlich?

Martin: Dort, was an erster Stelle auf meiner Liste steht: Mangin und das dazugehörige Entwicklungskonzept.

Fortsetzung folgt...