Homosexualität im Schulunterricht: Schulleiter der doppelstädtischen Schulen sehen dem Thema gelassen entgegen. Foto: Reichel

Homosexualität im Unterricht: Schulleiter der doppelstädtischen Schulen finden Rummel um das Thema übertrieben. Mit Kommentar.

Villingen-Schwenningen - Homosexualität im Schulunterricht: Dieses Thema wird derzeit heiß diskutiert. An den Schulen in der Doppelstadt dagegen wird es ruhiger angegangen – denn neu ist es im Unterricht nicht."Die Größe und der Umfang der Diskussion zeigen, dass es ein hochsensibles Thema ist", meint Simone Duelli-Meßmer, Leiterin des Villinger Gymnasiums am Hoptbühl. Ähnlich sieht es Rainer Beha, Leiter der Karl-Brachat-Realschule in Villingen: "Es bewegt wohl viele Gemüter", aber "man sollte die Kirche im Dorf lassen".

Auch die anderen befragten Schulleiter bezeichnen den Rummel um das Thema als übertrieben. Dieser sei von den Petitionsunterstützern aber gewollt, ist Friedemann Schmidt, stellvertretender Leiter des Gymnasiums am Romäusring in Villingen, überzeugt.

Schon jetzt ist es an den Schulen im Stadtgebiet üblich, im Unterricht über sexuelle Orientierungen zu sprechen. Johannes Kaiser, Leiter der St.-Ursula-Schulen, berichtet, seine Schüler hätten konkret nachgefragt und interessierten sich für das Thema.

Das allgemeiner formulierte Thema "Erziehung zur Toleranz" steht schon seit Jahren auf den Lehrplänen – auch Homosexualität gehört dazu. "Die Praxis bleibt dieselbe, da seit jeher gelehrt wird, Toleranz gegenüber jedem Menschen zu üben", sagt Friedemann Schmidt. Der geplante Bildungsplan bedeute keine gravierenden Änderungen für die Schulen, meint auch Johannes Kaiser. Die Schüler stünden dem Thema Homosexualität schon jetzt locker gegenüber.

Auch Friedemann Schmidt beobachtet, dass die Jugendlichen "sehr respektvoll und behutsam" mit Mitschülern umgehen, die sich an seiner Schule als homosexuell geoutet hätten. Ein Dialog über Homosexualität an Schulen solle immer offen und sensibel sein.

Das Schimpfwort "schwul" hat Rainer Beha an seiner Schule bisher nicht persönlich gehört, glaubt aber durchaus, dass es verwendet wird. Wenn er dies aber jemals zu Ohren bekommen würde, sei es für ihn selbstverständlich, diesen Jugendlichen sofort zur Rede zu stellen. "Das ist nicht angebracht und auch nicht tolerant", sagt er.

Persönlich stehen die Schulleiter dem Thema Homosexualität offen gegenüber. "Ich lebe diese Toleranz und habe kein Problem, Homosexuelle zu akzeptieren", sagt beispielsweise Simone Duelli-Meßmer. "Sexuelle Vielfalt gehört zur heutigen und zu einer toleranten Zeit dazu", ist Rainer Beha überzeugt. 

Info: Bildungsplan 2015

Der Entwurf für den neuen Bildungsplan, der auf der Internetseite des baden-württembergischen Kultusministeriums unter www.kultusportal-bw.de einzusehen ist, sieht Leitprinzipien wie Nachhaltigkeit oder Medienbildung vor, die dann detaillierter als bisher behandelt würden. Das Thema "Sexuelle Vielfalt" ist nur ein Aspekt. 

Kommentar: Schülertoleranz

Julia Christiane Hanauer 

Eigentlich müssten Generationen von Schülern der Doppelstadt (und in Baden-Württemberg) nur so strotzen vor Toleranz – immerhin steht "Erziehung zur Toleranz" seit Jahren auf dem Lehrplan. Spinnt man den Gedanken weiter, folgt daraus, dass das Thema "Homosexualität im Schulunterricht" überhaupt nicht auf dem geplanten neuen Lehrplan stehen müsste. Die Diskussionen über den verhältnismäßig kleinen Themenpunkt "Akzeptanz sexueller Vielfalt" im geplanten Lehrplan zeigen jedoch, dass es mit der Toleranz nicht allzu weit her sein kann.

An den Schulen in VS hat sich bisher kaum ein Schüler öffentlich geoutet – weil die Betroffenen wohl doch fürchten, diskriminiert zu werden. Vielleicht sollten daher im Lehrplan einige Zusatzstunden zu "Toleranz" mit einfließen – das Thema "Homosexualität" ist dann in gewisser Weise mit eingeschlossen.