Mit einem "Lügenpresse"-Schild tut Ralph-Thomas K. bei Sbh-Gida seine Meinung kund – wenn er nicht gerade selbst als Ordner bei dem regionalen Pegida-Ableger fungiert. Foto: Eich

Angeklagter Ralph-Thomas K. gilt als treibende Kraft. Sorge über Zulauf für rechte Szene.

Villingen-Schwenningen - Die Anklage der Bundesanwaltschaft gegen den Neo-Nazi Ralph-Thomas K., der die rechtsextremistische Internetplattform Altermedia betrieben haben soll, erschüttert die rechte Szene in VS. Der St. Georgener gilt als eines ihrer aktivsten und rührigsten Mitglieder.

Als vor fast genau einem Jahr, am 27. Januar 2016, im Rahmen einer bundesweiten Razzia auch Ralph-Thomas K.’s Wohnung durchsucht worden ist und die vorläufige Festnahme erfolgte, ist es zunächst einmal still geworden um den Nationalsozialisten. Er saß nach einem Haftbefehl des Bundesgerichtshofs zunächst lange in Untersuchungshaft. Und auch nach seiner Freilassung im März hörte und sah man wenig von dem 28-Jährigen, der seinen Steckbrief auf Facebook selbst mit "Der Böse" überschreibt und sich so gerne im zwielichtigen Ruhm sonnte.

In Villingen-Schwenningen das Aushängeschild der rechten Szene

Wurde seine Rückkehr aus dem Gefängnis zunächst noch von seinen Mitstreitern gefeiert, ist das Entsetzen über seine Anklage beim Staatsschutzsenat des Oberlandesgerichts in Stuttgart bei den Neo-Nazis in Villingen-Schwenningen nun groß. Denn Ralph-Thomas K. ist nicht nur einer von ihnen, der St. Georgener gilt sogar als Pfeiler der jüngeren rechten Szene von Villingen-Schwenningen. "K. war das Aushängeschild für die rechte Szene in Villingen-Schwenningen", sagt ein Insider im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten. Seine ersten Schritte soll er dort nach Informationen dieser Zeitung auch im Umfeld des NPD-Kreisvorsitzenden Jürgen Schützinger getan haben. Doch nachdem Schützingers Glanz als einstige Ikone der Rechtsradikalen in der Region beim Nachwuchs sichtlich verblasst war und dieser nurmehr für die älteren, ideologisch gefestigten Menschen steht, galt K. als die große Nachwuchshoffnung.

Weiterhin wurde ihm ein guter Kontakt zu Schützinger nachgesagt. Öffentlich indes zeigten sich die beiden in der Regel nicht zusammen.

Tagsüber zur Sbh-Gida, abends zum Neo-Nazi-Konzert in die Methalle

Stolz geschwellte Brust, die Ordner-Binde fest am Oberarm, so traf man Ralph-Thomas K. häufig im direkten Umfeld der Sbh-Gida-Sprecherin Sabrina Grellmann als Ordnungskraft bei den Kundgebungen des Pegida-Ablegers am Villinger Münster – wenn er sich nicht gerade selbst mit eindeutigen Propaganda-Plakaten in der Hand unter das Volk gemischt hatte. Und danach hatte er Gleichgesinnte in mindestens einem Fall nach der Sbh-Gida-Kundgebung am Münster zu einem Konzert in seine "Methalle" in St. Georgen eingeladen, eine Adresse, die unter Insidern bekannt ist als Veranstaltungsort für Kundgebungen, Propaganda-Veranstaltungen oder Neo-Nazi-Konzerte.

Nicht nur deutschland-, sogar europaweit soll K. unter Neo-Nazis bestens vernetzt sein, "er wird als großes Ding gefeiert", sagt der Szenekenner – und diesen Einfluss soll K. auch geltend gemacht haben, um Nachwuchs zu rekrutieren oder rechtsradikale Schwergewichte nach Villingen-Schwenningen zu holen. Darunter: Tim Belz, ein bekannter Rechter aus dem Raum Konstanz, der für die NPD bei der Bundestagswahl 2013 kandidierte, aber auch Karl-Heinz Statzberger. Letztgenannter trat als Redner bei einer der Sbh-Gida-Kundgebungen in Villingen auf. Er wirkte auch als Sprecher auf dem Latschariplatz in Villingen, als dort im Mai 2015 unter anderem gegen einen Überfall auf Jürgen Schützinger beim Versuch, während einer Info-Veranstaltung Propagandamaterial zu verteilen, sowie gegen die "volksfeindliche Hetze der Systempresse", so die Kameradschaft Höri-Bodensee, protestiert wurde; vor Jahren wurde Statzberger verurteilt zu mehreren Jahren Haft wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, Statzberger wollte 2003 mit einem Neonazi eine Bombe bei der Grundsteinlegung des Jüdischen Kulturzentrums in München zünden, 2005 wurde er verurteilt, seit 2008 soll er wieder auf freiem Fuß sein.

Als Ralph-Thomas K. dies nach seiner Festnahme im Janur 2016 nicht mehr war, gingen Neo-Nazis in Villingen am Abend der Festnahme auf die Straße und demonstrierten, um sich mit K. solidarisch zu zeigen. Gesehen wurden dabei auch Mitglieder der rechtsextremistisch-neonazistischen Kleinpartei "Der III. Weg" – eine Gruppe, zu der auch der 28-jährige St. Georgener K. enge Verbindungen haben soll und die zum Entsetzen vieler Beobachter im Oktober 2016 sogar einen "Info-Stand" in der Villinger Oberen Straße aufgebaut hatte.

"Das boomt, das ist sehr kritisch momentan"

Auf diese Aktion alleine lässt sich die aktuelle Wachstums-Entwicklung der rechten Szene, die Beobachter gerade mit Sorge registrieren, jedoch sicherlich nicht zurückführen. "Das boomt, es ist sehr kritisch momentan", sagt der Szenekenner im Gespräch mit unserer Zeitung. Viele Jugendliche hätten in Zeiten der Hetze gegen Flüchtlinge den Weg in die rechte Szene gefunden.