Es kracht im Villinger Wahlkampf. Foto: © prudkov/Fotolia.com Foto: Schwarzwälder Bote

OB-Wahl: Roth geht in die Offensive

Villingen-Schwenningen. Von einem Kuschelwahlkampf in Villingen-Schwenningen kann ganz plötzlich keine Rede mehr sein. Nun wird im Vorfeld der Oberbürgermeisterwahl tatsächlich schmutzige Wäsche gewaschen. Ein Gerücht könnte einschlagen wie eine Bombe und wäre dazu geeignet, nicht nur einen Wahlkampf zu torpedieren, sondern das ganze Leben eines Menschen aus dem Tritt zu bringen. Man stelle sich die mögliche Schlagzeile über einen OB-Kandidaten und einen Mafia-Boss nur einmal vor.

Eine solche Titelzeile dürfte das Ziel von gezielt aus einem gegnerischen Kandidatenlager an die Presse gestreuten Informationen über den OB-Kandidaten Jürgen Roth gewesen sein, die auch den Schwarzwälder Boten erreicht hatten. Jürgen Roth zeigte sich geschockt: "Das Fass zum Überlaufen gebracht haben die jüngsten, anonym eingebrachten Diffamierungen, ich würde Kontakte zur Mafia pflegen oder mich gar von ihr bestechen lassen. Derlei falsche Anschuldigungen kann ich nicht tolerieren", schreibt er in einer persönlichen Erklärung, mit der er sich am Freitag an die Presse wandte.

"In den vergangenen Wochen haben persönliche Diffamierungen und Unterstellungen gegen mich als Bürgermeister und Oberbürgermeisterkandidat massiv zugenommen und mittlerweile ein Maß erreicht, das auch in einem Wahlkampf aus meiner Sicht unzulässig ist", so Roth. In Tuningen, wo er aktuell noch Bürgermeister ist, wohnt bekanntlich auch der mutmaßliche Mafia-Boss Placido A.. Dieser war im Zuge einer groß angelegten Razzia an mehreren Orten gegen das Umfeld der italienischen Mafia im Juni 2017 von rund 300 Polizisten festgenommen worden. Seither sitzt er in Untersuchungshaft, der Gerichtsprozess um angebliche Waffen- und Drogengeschäfte zwischen Italien und Deutschland gegen den Mann, der in Rottweil und Schwenningen eine Pizzeria betrieb, soll am 21. September beginnen.

Offenbar habe die Tatsache, dass ein Bauherr in Tuningen, der vor mehr als acht Jahren in Tuningen ein Grundstück erworben und bebaut hat und im vergangenen Jahr unter Mafiaverdacht verhaftet wurde, "die Phantasie einer oder mehrerer Menschen sehr stark beflügelt", so Roth, und kommt direkt zum Kern der Vorwürfe: "Um es ganz klar zu sagen: Ich stehe weder im Kontakt zur Mafia noch habe ich jemals Bestechungsgelder oder Vergleichbares angenommen." Im Zuge unserer Recherchen sprach unsere Redaktion auch mit dem Ersten Landesbeamten Joachim Gwinner über die Anschuldigungen, die sich um eine Baueinstellung vor acht Jahren ranken, die später zurückgenommen wurde. Ein Akt, den Roth gar nicht hätte vollführen können: denn "für Bauangelegenheiten in Tuningen", so Roth, ist "alleine das Baurechtsamt des Landkreises zuständig". Auch Gwinner bestätigt, dass dies ein Vorgang des Landratsamtes und weder der Gemeinde Tuningen noch des dortigen Bürgermeisters Roth gewesen sei. Davon, dass Jürgen Roth und der mutmaßliche Mafioso kaum Freunde gewesen sein dürften, kann Gwinner ein Lied singen, denn Roth habe sich in anderer Sache häufig an das Landratsamt gewandt mit der Bitte um Kontrollen. Selbst im Tuninger Gemeinderat häuften sich vor Jahren immer wieder Beschwerden über die Belegung des betreffenden Gebäudes mit teilweise sehr vielen Personen. "Ich habe vor einigen Jahren eine Vor-Ort-Überprüfung durch die Polizei veranlasst", erklärte Roth hierzu.

OB-Bewerber will Strafanzeige erstatten

Über die Wendung, die der VS-Wahlkampf aktuell nimmt, zeigt er sich geschockt. "Ich werde das nicht länger erdulden, sondern mich dagegen zur Wehr setzen", sagt er. Offenbar werde "mit allen Mitteln versucht, meine Reputation als Bürgermeister und als Oberbürgermeisterkandidat nachhaltig und existenziell zu schädigen". Und er kündigt rechtliche Schritte an: "Gegen die erfundenen Vorwürfe werde ich mich deswegen mit allen verfügbaren juristischen Mitteln zur Wehr setzen und deshalb auch Strafanzeige erstatten."

Schon zu Beginn seines Wahlkampfes sei immer wieder versucht worden, ihn zu diskreditieren. "Tatsachenverdrehungen oder angeblich fehlende Befähigungen für das Amt waren noch die kleinsten Vorwürfe, die man mir mit 15 Jahren Erfahrung machte. Mein Familienstand ›Single‹ wurde in den Fokus genommen und die wildesten Gerüchte über meine sexuelle Orientierung in die Welt gesetzt. Auch hier noch mal zur Klarstellung: Ich bin Single und freue mich, wenn in den nächsten Jahren eine Frau mein Herz erobert."

Die Gerüchte über Roth sind nicht die einzigen, die derzeit die Runde machen. Beinahe über jeden der sechs Kandidaten werden, teilweise gezielt aus einem gegnerischen Lager, dubiose Aussagen gestreut. Roth hat den Weg gewählt, damit offensiv umzugehen. In seiner Erklärung appelliert er auch an seine Wähler, "sich nicht von solchen Methoden beeinflussen zu lassen". Er wolle die Zukunftsthemen der Stadt in den Fokus rücken, "denn davon haben wir gerade genug – vom Zustand der Straßen über die Defizite bei den Kindergartenplätzen bis hin zu Fragen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung".

Villingen-Schwenningen habe keine Schmutzkampagnen verdient. "Das ist nicht der Stil, der zu dieser wunderbaren Stadt passt. Ich stehe für Fairness und sachlichen Wettbewerb im Wahlkampf."