200 Schafe dbeweiden in den Frühsommer- und Sommermonaten etwa 20 Hektar Fläche im Schwenninger Moos. Foto: (nk)

Schafherde sorgt für Offenhaltung der Flächen. Kleine Rasse ist besonders gut geeignet. Mit Video

Villingen-Schwenningen - Knapp 200 Schafe des Ehepaars Christian und Kathleen Grüninger aus Überlingen beweiden in den Frühsommer- und Sommermonaten etwa 20 Hektar Fläche im Schwenninger Moos – als Naturschutzmaßnahme.

Das Schwenninger Moos ist Lebensraum unzähliger geschützter Tier- und Pflanzenarten, etwa dem Rundblättrigen Sonnentau oder der Libellenart Kleine Moosjungfer. Wenn Kathleen und Christian Grüninger im Moos vorbeischauen, halten sie jedoch Ausschau nach Tieren, die man nicht unbedingt sofort als typische Vertreter eines Torfmoores aufzählen würde: Ihre etwa 180 Schafe, die zwischen Mai und September gut 20 Hektar Fläche beweiden.

Mit dem Ehepaar aus Überlingen geht es am Freitagmorgen vom BSV-Parkplatz aus ins Moos. Zeitig verlassen die beiden den befestigten Weg und steuern die zentral gelegenen Flächen an, die als Naturschutzgebiet von Unbefugten nicht betreten werden dürfen. Gummistiefel sind ab jetzt Pflicht für alle, die trockenen Fußes bleiben möchten. Nach einigen Minuten - ein erster Zaun ist schon überschritten – kündigen sich durch das Vogelgezwitscher hindurch sacht die ersten Tiere an. Und leise bleibt es nicht lange: Binnen weniger Minuten hat sich die Ankunft der Grüningers im Moos herumgesprochen, und vor allem auch die des Eimers mit Apfelstückchen, den die 30-Jährige bei sich trägt. Schon sind die beiden von unzähligen weißen Wollknäueln umzingelt, die sie mit lautem "Määäh" begrüßen. "Sie kommen wie es aussieht aber nicht nur wegen dem Eimer", sagt Christian Grüninger augenzwinkernd, als ein Schaf ihm den Kopf erwartungsvoll gegen den Bauch drückt. "Sie möchten schon auch gekrault werden."

Doch mit Füttern und Streicheleinheiten ist der Job noch nicht getan, denn die Grüningers und ihre Schafe sind "im Auftrag des Naturschutzes" vor Ort, wie es Thomas Kring, Leiter des Naturschutzgroßprojekts Baar ausdrückt. Die Tiere werden dafür eingesetzt, dass die offenen Flächen des Moors nicht wieder mit Büschen und Bäumen zuwachsen. Dabei müssen täglich nicht nur Zäune und Tiere überprüft werden. Auch, wie der Bestand an Futterpflanzen in dem aktuell beweideten Gebiet sich entwickelt, muss im Blick behalten werden. Zudem müssen die Blütezeiten einiger der geschützten Pflanzen oder beispielsweise die Eiablagen einiger Schmetterlingsarten in die Planungen einbezogen werden. Es gilt also, viel zu beachten.

Trotzdem ist die Schäferei für die beiden kein Full-Time-Job, der Agrartechniker und die Krankenschwester sind parallel berufstätig. Zu Jahresbeginn haben sie die Beweidung des Schwenninger Moos von dem lange Jahre in dem Naturschutzgebiet tätigen Schäfer Claus Ding übernommen.

Die Rasse, die im Schwenninger Moos anzutreffen ist, trägt den Namen Moorschnucke und ist übrigens genauso selten wie manche vor Ort geschützte Tierart. "Die Rasse wird eigentlich nur im Naturschutz eingesetzt, weil sie sehr klein und deshalb nicht wirtschaftlich ist", erklärt Christian Grüninger. Auch die Wolle sei qualitativ nicht zu vermarkten, ergänzt seine Frau. Dafür, betont sie mit einem Lächeln, werden viele dieser Schafe um die zehn Jahre alt und erreichen ihr natürliches Lebensende.

Denn für das Moos sind die leichten Tiere wie geschaffen: "Klar, könnte man hier auch Wasserbüffel einsetzen", sagt Thomas Kring. "Aber die würden durch ihr Gewicht mit den Hufen enorme Flurschäden anrichten." Zudem sind die Moorschnucken gegen eine bestimmte Klauenkrankheit immun, die bei anderen Schafen durch zu viel Feuchtigkeit ausgelöst wird.

Inzwischen ist es Vormittag und die meisten Schafe sind vor der Sonne in den Schatten geflüchtet. Auch wenn das Dasein als Schäfer mit viel Arbeit verbunden ist, wirken Christian und Kathleen Grüninger sehr zufrieden. "Abseits der anderen Arbeit hierher in diese Stille zu kommen und sich in der freien Natur um die Tiere zu kümmern. Das ist das Schöne."

Beweidung durch Schafe ist Teil des Naturschutzgroßprojekts Baar

Die Beweidung des Schwenninger Mooses durch Schafe ist eine Maßnahme des Naturschutzgroßprojekts (NGP) Baar, "auch wenn es als dauerhafte Maßnahme nicht unmittelbar von dessen Fördermitteln profitiert. Es ist eher eine Folgearbeit. Die Tiere helfen, dass die offenen Flächen nicht wieder zuwachsen", erklärt Thomas Kring, Leiter des NGP Baar. Dabei sollen die Tiere vor allem junge Bäume, Gräser und Sträucher fressen.

"Die Birken waren als erstes dran", sagt Schäfer Christian Grüninger und lacht. "Im Gegensatz zum Schnitt mit einer Sense dauert der Befraß zwar länger, dafür sterben die Bäume ab, statt wieder zu wachsen", erklärt Kring. Dadurch bekämen die am Boden wachsenden, geschützten Moor-Pflanzen wie etwa einige Moose das benötigte Sonnenlicht. "Die werden zwar auch von den Schafen gefressen, stehen aber weiter hinten in der Fressreihenfolge", sagt Christian Grüninger. Bis dahin fänden die Schafe längst in anderen Gebieten schmackhaftere Pflanzen.

Die Schafe bekommen im Moos von Grüninger zudem ein spezielles Mineralfutter, das mit Kräutern, ätherischen Ölen und Gewürzen angereichert ist. "Die Tiere können durch den Kräuterzusatz die Nährstoffe der Pflanzen besser in ihr eigenes Wachstum umwandeln", sagt der Schäfer. Zudem sei der Kot der Tiere dann nährstoffärmer. "Und wir wollen ja weniger Nährstoffe im Boden. Das ist das Kennzeichen eines Moors", betont Thomas Kring.

Mitte Juni tritt in Mitteleuropa regelmäßig ein Kälterückfall auf, der als "Schafskälte" bezeichnet wird. Was ist der Hintergrund zu diesem Wetterphänomen und seinem Namen?

Die Verbindung von Schafen und der Bauernregel

Wie im Internetlexikon des Deutschen Wetterdienstes sowie der Internetseite www.kleiner-kalender.de zu lesen ist, wird das Phänomen ausgelöst durch die Zufuhr von Polarluft. Die Schafskälte entsteht durch die unterschiedlich schnelle Erwärmung von Landmassen und Meerwasser. Während das Land im Juni bereits stark erwärmt ist, ist das Meer noch relativ kalt. Das über Europa entstehende Tiefdruckgebiet führt dann von West bis Nordwest Kaltluft polaren Ursprungs heran. Demzufolge ist mit der Schafskälte auch eine Drehung der vorherrschenden Windrichtung von Südwest auf Nordwest verbunden.

Je nach genauer Definition dieser Singularität (Bezeichnung für einen Witterungsregelfall), heißt es auf der Seite des Deutschen Wetterdienstes weiter, kann die Wahrscheinlichkeit des Eintreffens des Ereignisses recht unterschiedlich sein. Definiert man für die Schafskälte den Zeitraum 10. bis 12. Juni, so liegt die Wahrscheinlichkeit für eine unterdurchschnittliche Lufttemperatur bei etwa 80 Prozent, für eine überdurchschnittliche Niederschlagsaktivität bei rund 55 Prozent.

Den Namen trägt diese Wetterlage nach den Schafen, die traditionell bis dahin bereits geschoren wurden und für die der Kälteeinbruch vor allem nachts dann durchaus bedrohlich werden konnte. Muttertiere und Lämmer wurden daher häufig erst nach Mitte Juni geschoren. Die Lämmer von Christian und Kathleen Grüningers Herde im Schwenninger Moos sind bereits mit einem ausreichend dicken Fell ausgestattet. Auch die erwachsenen Tiere wurden bereits im Februar geschoren und sind deshalb gegen Kälte gut geschützt, beruhigt der Schäfer.