Rupert Kubon Foto: Eich

Oberbürgermeister kann sich erneute Kandidatur vorstellen. Keine Festlegung bei Neujahrsempfang. Mit Kommentar

Villingen-Schwenningen - Spannend bis zuletzt blieb es beim Neujahrsempfang der Stadt VS. Die Erwartungen waren hoch. Denn viele Bürger erwarteten, dass sich Rupert Kubon äußern wird, ob er im Herbst bei der Oberbürgermeisterwahl wieder antreten wird. Er sagte weder Ja noch Nein.

Nein fanden die Leser nicht und hörten auch die gut 500 Gäste im großen Saal des Theaters am Ring in Villingen nicht. Sie waren insbesondere zum Empfang gekommen, weil sie vom Oberbürgermeister wissen wollten, ob er weitere Amtsjahre anhängt.

Wildes Spekulieren bestimmte sodann die Gespräche im kleinen Saal bei Getränken und Snacks. Viele Gäste waren sich sicher, dass Kubon sich eindeutig für eine weitere Amtsperiode warmläuft. Andere ärgerten sich über sein Taktieren. Und der OB selbst musste in vielen Gesprächen seine Rede mehrfach erklären.

Am Eindeutigsten wurde Kubon auf Seite acht seiner Rede. Da sagt er: "Ich bin davon überzeugt, dass ich Ihnen hiermit darstellen konnte, wie die Zukunft unserer Stadt nicht nur aussehen kann, sondern auch wie sie aussehen wird, wenn wir alle dies wollen. Ich kann mir vorstellen, diesen Prozess auch in den nächsten Jahren als Oberbürgermeister weiter mitzugestalten, denn ich bin gerne Oberbürgermeister unserer prosperierenden Stadt."

Mit Haut und Haaren auf Aufgaben eingelassen

Und weiter: " Ich habe mich in den letzten 15 Jahren mit Herz und Seele, mit Haut und Haaren, auf alle damit verbundenen Aufgaben eingelassen, so unterschiedlich, ja gegensätzlich sie auch waren, von tröstenden Worten zu Trauernden bis hin zum ausgelassenen Feiern auf der Fasnet, von Marathoneinsätzen für ansiedlungsbereite Wirtschaftsunternehmen bis hin zur strategischen Entscheidungsvorbereitung im Gemeinderat. Bis heute gibt es für mich nur den vollen Einsatz an sieben Tagen in der Woche."

Und weil er sich mit Haut und Haaren für VS einsetzt, erbat er sich am Sonntag weitere Bedenkzeit, wenn er sagte: "Aber genau deshalb ist es für meine Entscheidung, ob ich diesen Einsatz auch über den nächsten Jahreswechsel hinaus bringen will, wichtig zu wissen, auf welcher politischen Grundlage der Gesamtprozess unserer Stadtentwicklung denn tatsächlich stattfinden kann. Denn ein Oberbürgermeister allein kann nichts bewirken. Er braucht nicht nur Mehrheiten, er braucht viele Mitstreiter im Gemeinderat, in der Bürgerschaft, in den politischen Parteien."

Und er will seine Kandidatur auf eine breite Basis stellen. Dies wurde in einer weiteren Passage deutlich: "Ich weiß, und Sie wissen es auch, ich bin kein geborener Villinger und kein geborener Schwenninger, ich spreche kein richtiges schwäbisch und kein klassisches alemannisch und ich bin vielleicht gerade deswegen auch streitbar. Ich war und bin nicht immer beliebt, wenn es darum geht, die besten Lösungen für unsere ganze Stadt zu finden und genau deshalb braucht diese Arbeit breite Unterstützung. Aber wir haben mit vollem Einsatz sehr viel in den letzten Jahren erreicht, ich bin stolz darauf, aber wir alle können stolz darauf sein, denn diese Erfolge haben wir gemeinsam errungen. Ich kenne auch die Erfahrung, im Konflikt mühselig Mehrheiten für Beschlüsse zu erringen, um nicht selten im Nachhinein doch erleben zu müssen, dass das gemeinsame Handeln dann ausblieb."

Kubon machte überdies deutlich: "Ich weiß also, wie wichtig gerade bei sehr großen Herausforderungen ein breit angelegtes Tun ist, und die beschriebenen Aufgaben unserer Stadt bedeuten große Herausforderungen. Deshalb habe ich schon vor einigen Wochen damit begonnen, auszuloten, wie weit in unserer Stadt Gemeinsames trägt, ob es gelingen kann, gemeinsam diese Zukunft der Stadt zu gestalten. Dieser Prozess ist noch nicht abgeschlossen".

Dafür sei es aber wichtig, sich von liebgewordenen Denkmustern und Klischees zu lösen. Kubon: "Sie kennen das, die Bürgerlichen und die Sozis, die Grünen und die Liberalen. Konservativ und fortschrittlich. In welche Schublade würden Sie mich stecken? Gut katholisch, Sozialdemokrat, seit 26 Jahren mit der gleichen Frau verheiratet, heimatverbunden und entschieden eintretend für eine vielfältig bunte Gesellschaft?

Und schließlich: "Klischees bedienen erfolgreich die eigenen Vorurteile, aber sie helfen in keiner Weise dabei, eben diese beschriebenen Herausforderungen erfolgreich zu bewältigen." Es freue ihn, und das hätten viele Gespräche gezeigt, dass sich immer mehr von solchen Denkmustern lösten. Das stimme ihn optimistisch, denn so sei es in ganz anderer Weise möglich, Probleme anzugehen und Erfolge zu erringen, dies habe die Entscheidung gezeigt, den Standort VS der Polizei-Hochschule auszubauen. Viele Beteiligte hätten an einem Strang gezogen.

So stellt sich Kubon die Zukunft mit VS vor. Und wenn er überzeugt ist, dass ihn viele dabei unterstützen, wird er kandieren. Wann er dies öffentlich macht, ließ er offen.

DIE REAKTIONEN

Villingen-Schwenningen - Stirnrunzeln, fragende Gesichter, Diskussionen – nach der Rede von Oberbürgermeister Rupert Kubon gab es im Theater am Ring am Sonntagabend nur ein Thema: Tritt er bei der kommenden OB-Wahl nochmals an? Ein eindeutiges "Ja" oder "Nein" blieb (erneut) aus.

Renate Breuning , Fraktionsvorsitzende der Christdemokraten, empfand die Rede zwar "verklausuliert", konnte aber dennoch ein "klares Ja" zu erneuten Kandidatur heraushören. "Es scheint mir, als wenn er von vielen Seiten gebeten werden möchte, erneut anzutreten", interpretiert Breuning. Aus ihrer Sicht möchte Kubon ein gemeinsames Signal, doch: Einen Schulterschluss kann sich die CDU nicht vorstellen. "Wenn er noch mal antritt, wird er es möglicherweise nicht so leicht haben."

Ulrike Heggen (Freie Wähler) sagte, sie findet es wichtig, dass die Bürger wissen, ob Rupert Kubon antreten wird. Er hätte Klartext reden müssen, kritisierte die Stadträtin. Sie geht davon aus, dass er es tun wird. Wie die Freien Wähler dann reagieren werden, ließ sie freilich noch offen. Sie werden beraten und entscheiden. Mit der Rede von Kubon war Ulrike Heggen ansonsten zufrieden.

Birgitta Schäfer (SPD) lobte die Rede des Oberbürgermeisters. Die Stadträtin erwartet ebenfalls, dass Rupert Kubon antreten wird. Es bleibe jedoch ein "klitzekleines Fragezeichen". Doch das werde bestimmt auch bald verschwinden, meinte sie.

Frank Bonath (FDP) gefiel die Rede von Kubon ebenfalls. "Das war sehr gut. Super", lobte der Stadtrat. Insbesondere gefiel ihm die Passage, in dem der OB auf verstärkte Kooperationen eingeht und er zu einem verstärkten Miteinander in VS aufruft, wie Kubon sagte, kein Schwenningen First, kein Villingen First und keine Ortschaften First. Zur möglichen OB-Kandidatur meint der Stadtrat. Man habe praktisch zwischen den Zeilen lesen müssen und habe quasi rausgehört, dass der Oberbürgermeister auf jeden Fall für eine weitere Amtsperiode bereit sei.

Und Rupert Kubon selbst? Auch ihm war direkt nach der Rede kein eindeutiges "Ja" oder "Nein" zu entlocken. Der Oberbürgermeister betonte: "Ich nehme diese Sache sehr ernst, aber es ist noch ein Prozess im Gange." Dieser sei noch nicht abgeschlossen. Grundsätzlich sei er zu dem Job bereit, "aber es kommt darauf an, wie wir das gemeinsam weiter entwickeln." Klar sei nur, dass noch nichts entschieden ist: "Ich kann nicht definitiv sagen, ob ich auf dem Wahlzettel stehen werde."

KOMMENTAR: Taktierer

Von Uwe Klausner

Kandidiert Rupert Kubon für eine dritte Amtszeit? Die Frage aller Fragen hat der Oberbürgermeister beim Neujahrsempfang trotz vieler Erwartungen nicht eindeutig beantwortet.

Er könne es sich vorstellen. Er sei gerne OB dieser Stadt. Er habe sich mit Haut und Haaren in den letzten 15 Jahren auf alle Aufgaben eingelassen. Die Stadt stehe finanziell und thematisch gut da. Es wäre seine letzte Amtsperiode. Daher will es Kubon genau wissen. Der 60-Jährige brauche nicht nur Mehrheiten, er benötige viele Mitstreiter. Und auf diese Unterstützer setzt er.

Er baut auf den Rückenwind seiner Rede beim Neujahrsempfang, die vielfach positiv bewertet wurde. Und der OB setzt auf Bürger, die ihn auffordern sollen, zu kandidieren. Doch kann er mit seinem Zaudern und Taktieren auch viele enttäuschen. Denn die Bürger wollen Antworten. Die wichtigste haben sie nicht bekommen.