Der neugewählte Vorstand des Vereins "Pro Stolpersteine VS" besteht aus (von links) Pascal Pestre, Friedrich Engelke, Heinz Lörcher und Theo Leute. Foto: Heinig Foto: Schwarzwälder Bote

Geschichte: Freude und Erleichterung herrschen beim Verein / Friedrich Engelke ist der "Vater des Erfolgs"

Villingen-Schwenningen. Ab März 2021 sollen sie nun endlich verlegt werden: rund 30 Stolpersteine des Künstlers Gunter Demnig, die als goldfarbene Pflastersteine dort in die Straßen der Stadt eingelassen werden, in denen einst jüdische, von den Nationalsozialisten verfolgte und zumeist ermordete Mitbürger lebten.

Nach der letzten Mitgliederversammlung des Vereins "Pro Stolpersteine VS" im Oktober 2019 überschlugen sich die Ereignisse. Dem bei der Vereinsgründung 2013 ausgelobten Ziel, nach zwei Absagen durch den Gemeinderat doch noch Stolpersteine verlegen zu dürfen, kam man mit der diesmal positiven Entscheidung der Räte am 29. Januar 2020 den entscheidenden Schritt weiter.

Entsprechend euphorisch verlief die jüngste Versammlung am Montagabend unter Hygieneauflagen im Martin-Luther-Haus. "Freude und Erleichterung herrschen angesichts eines erreichten Meilensteines", wie es der Vorsitzende Friedrich Engelke formulierte. Der Stadt dankte er für die seither "großartige Zusammenarbeit". Jetzt könne er die 19 Stolpersteine, die der Verein schon kurz nach seiner Gründung vom Künstler erwarb und dafür Paten fand, nun aus seinem Keller holen, sagte der 77-Jährige. Zwölf weitere seien bei Demnig in Auftrag gegeben. Im März wird der Künstler nach VS kommen und die ersten Steine persönlich verlegen, ein zweiter Termin ist ins Auge gefasst. Keinen Zweifel gab es für die Anwesenden, dass der "Vater des Erfolges" Friedrich Engelke heiße. Er habe sich in den letzten Jahren in "unersetzlicher" Weise für das Anliegen des Vereins eingesetzt, honorierten sie unisono.

In den Wintermonaten des Berichtsjahres wurden alle geplanten Mahnwachen durchgeführt, zehn in Villingen, drei in Schwenningen und eine gemeinsame. Dazu entstand wieder eine Broschüre, in der die Einzelschicksale der Betroffenen – nicht nur Juden, sondern auch politisch und religiös verfolgte sowie Euthanasieopfer – niedergeschrieben sind.

Gedenkstein wird ergänzt

Genau 80 Jahre ist es her, dass elf Villinger und fünf weitere Juden aus dem Umland mit dem Zug ins südfranzösische Gurs deportiert wurden. An der dazu aufgelegten Veranstaltungsreihe beteiligt sich der Verein mit seiner ersten Mahnwache vor dem Villinger Bahnhof am 22. Oktober, dem Jahrestag der Deportation. Dem dortigen Gedenkstein wird diesmal eine Bodenplatte hinzugefügt, auf dem die Namen aller Opfer genannt werden.

Schon am 20. Oktober stellen Engelke und seine Vereinskollegen Heinz Lörcher und Wolfgang Heitner um 18 Uhr im Münsterzentrum ihre neuesten Forschungsergebnisse zum Thema vor, die sie in dem Buch "Die Deportation jüdischer Villinger nach Gurs" jetzt auch veröffentlichen.

Mit ungebrochener Vehemenz verfolgt der Verein sein Anliegen, "das Geschichtsbewusstsein der Stadt zu verändern". So lautet das vielfach ausgesprochene Lob, das die Verantwortlichen freilich gerne hören.

Schon an diesem Donnerstag eröffnet im Franziskanermuseum die Ausstellung "Was konnten sie tun?", die sich mit Widerständlern gegen den Nationalsozialismus beschäftigt und die der Verein in Kooperation mit dem Museum, mit der evangelischen Kirchengemeinde und der Gedenkstätte Deutscher Widerstand nach VS holte.

Gleichwohl schlug Engelke am Ende der Versammlung nachdenkliche Töne an. Der Verein sei dabei, sich selbst zu einem "glücklichen Ende" zu führen. "Es macht in meinen Augen keinen Sinn, ihn dann ewig weiterzuführen". Doch zunächst ließ sich der Vorsitzende noch einmal für zwei Jahre wählen, ebenso wie seine beiden Vertreter Heinz Lörcher und Theo Leute. Die Kasse übernahm Pascal Pestre von Raffael Pfeffer.