Das VS-Buskonzept gibt erneut Anlass für viele Diskussionen. Foto: Eich Foto: Schwarzwälder Bote

ÖPNV: Stadtpolitiker nehmen Anlauf zu altem Stadtbus-Konzept / Für die Grünen: "eine Rückabwicklung"

Villingen-Schwenningen. Busse im 30-Minuten-Takt an jeder Haltestelle im gesamten Stadtgebiet – das neue, erst im Januar gestartete VS-Bus-Konzept sollte der ganz große Wurf werden. Doch anstatt begeistert Purzelbäume zu schlagen, nahmen die Kommunalpolitiker nun offenbar Anlauf für eine Rolle rückwärts. Im Verwaltungs- und Kulturausschuss Villingen-Schwenningen sprach sich gestern eine Mehrheit dafür aus, bei der nun notwendigen neuen Ausschreibung des Stadtbusverkehrs das Konzept von 2019 im Wesentlichen wieder aufzugreifen und weiterzuentwickeln.

Für die Antragsteller – CDU, Freie Wähler und FDP ist es der Weg der Vernunft: Das neue Buskonzept hätte zwar aufgrund der dann akuten Corona-Pandemie gerade einmal zwei Monate lang getestet werden können, so CDU-Sprecher Klaus Martin, allerdings hätten diese zwei Monate schon einige Indizien gebracht, die gegen das neue Stadtbuskonzept sprechen: die sehr geringe Zahl von Jobtickets am Klinikum sowie eine vorrangig sehr negative Reaktion aus der Bevölkerung, die dann zu umfangreichen Änderungen geführt habe. Trotzdem sah Martin eines: "sehr viele Leerfahrten".

Die Stadtverwaltung legte dem Gemeinderat entsprechend dem gemeinsamen Antrag von CDU, Freien Wählern und FDP drei mögliche, günstigere Varianten für den künftigen Stadtbusverkehr vor. Die vom Gros des Gremiums favorisierte Variante drei mit dem Fahrplankonzept 2019 in modifizierter Form hätte "nur" noch ein Defizit von 3,24 Millionen Euro jährlich zur Folge – mehr als zwei Millionen weniger als die ursprüngliche Variante mit dem neuen Taktverkehr.

Der Weg der Vernunft in den Augen der Antragsteller ist für die Grünen offenbar nichts anderes als eine "Rückabwicklung des Fortschritts", so Fraktionssprecher Joachim von Mirbach. Seine Fraktion wolle Corona und die finanziellen folgen "gar nicht kleinreden", aber abwarten, was die Beratungen in der Haushaltsstrukturkommission ergeben, ehe die Rolle rückwärts vollführt werde. Was mit dem Beschluss für die 2019er-Variante passiere, sei kein Mobilitätswandel mehr, wie er beabsichtigt worden sei, sondern damit gebe man das Instrument dafür stattdessen aus der Hand. Auch Oskar Hahn von den Grünen argumentierte in diese Richtung. "Ganz Deutschland befindet sich in der Verkehrswende? Nein!" – das kleine Villingen-Schwenningen mache das Gegenteil, so Hahn.

Die Sozialdemokraten wägten ab und machten sich, wie sowohl Nicola Schurr als auch Birgitta Schäfer klarmachten, ihre Entscheidungen jeweils nicht leicht. Für jene Fraktionsmitglieder, die der 2019er-Variante trotzdem zustimmten, brach Schäfer eine Lanze: Man treffe diese Entscheidung nicht leichtfertig, "aber das neue Konzept trägt derzeit offenbar nicht, es wird von der Bevölkerung nicht angenommen – und wir haben ein Haushaltsloch".

Akzeptanzsteigerung, das haben die Stadträte, ganz gleich für welches Stadtbusmodell sie sich aussprachen, allesamt im Sinn. Einem voreiligen Ruf nach Ein-Euro-Tickets und dergleichen erteilte Bürgermeister Detlev Bührer jedoch schon mal eine Absage: Die Drei Landkreise Rottweil, Tuttlingen und Schwarzwald-Baar wollten gemeinsam ein neues Ticketsystem entwickeln mit lukrativen Preisen und übersichtlicher Tarifstruktur auf den Weg bringen. In den Nahverkehr der Region also komme sicherlich ohnehin noch Bewegung.

Eine endgültige Entscheidung, ob der Stadtverkehr tatsächlich wieder nach Art von 2019, wenngleich in einem modifiziertem Konzept, rollen soll, soll der Gemeinderat in Kürze fällen.