Fußball: Sie werden beleidigt, bedroht und verletzt / Andere Sportarten deutlich weniger betroffen

Triberg. Schiedsrichter werden beleidigt, bedroht und verletzt – es gilt die Schiedsrichter zu schützen und auf das Problem aufmerksam zu machen.

 

Ein lauter Pfiff schallt über den Platz. Direkt gefolgt von empörten Rufen. Die Worte treffen Niels gar nicht mehr so stark. Zu oft hat er sich das schon anhören müssen. Er zieht ruhig die Karte. Zu spät sieht er, dass schon jemand auf ihn zustürmt. Da fliegt die Hand auch schon auf ihn zu und er fällt zu Boden. Betäubt nimmt er weiteres Geschrei wahr, doch dann wird alles schwarz.

Was hier geschildert wird, ist leider traurige Realität. Immer mehr Schiedsrichter im Jugend- und Amateurfußball ergeht es so wie Niels. Gerade Beleidigungen und Drohungen sind fast Alltag im Schiedsrichterleben, und auch körperliche Tätlichkeiten sind keine allzu große Seltenheit mehr. Laut Studien werden etwa 20 Prozent aller Schiedsrichter in ihrer Karriere mindestens einmal körperlich angegangen und sogar verletzt. In der Saison 2018/2019 gab es etwa 2900 Übergriffe und somit 50 mehr als in der vorherigen Spielzeit, obwohl insgesamt 50 000 Spiele weniger stattfanden. Auch der DFB ist sich darin einig: "Jeder Vorfall ist einer zu viel und unter keinen Umständen akzeptabel."

Mittlerweile ist Niels im Krankenhaus aufgewacht. Die Diagnose: Gehirnerschütterung! Die Erinnerungen kommen langsam zurück. Ein Spiel, ein Pfiff, ein Schlag und dann? "Bis jemand bei euch war, wurde sogar noch, als du auf dem Boden lagst, auf dich eingetreten", erfährt er von seinen Eltern und Freunden. Glücklicherweise kam der Krankenwagen sehr schnell.

Aber warum gibt es so viele und vor allem warum gibt es immer mehr solcher Übergriffe? Es wird vermutet, dass das an der Verrohung der Gesellschaft liegt. Allerdings müssten dann auch andere Sportarten wie zum Beispiel Handball oder Volleyball betroffen sein. Dies ist allerdings nicht der Fall. Experten vermuten, dass auch die Akteure in der Bundesliga als Vorbildfunktion vieler auftreten und junge Spieler sich an ihnen ein Beispiel nehmen. Denn auch dort verhalten sich Aktive und Trainer teilweise sehr aggressiv gegenüber den Schiedsrichtern. Vielleicht liegt es aber auch an der Bestrafung der Täter. In allen anderen Sportarten werden solche Einzelfälle körperlicher Gewalt schwerstens bestraft. Im Fußball allerdings fällt das Urteil allerdings oft mild aus. Im Handball zum Beispiel wird ein Trainer oder Spieler wegen Meckerns oder der kleinsten Beleidigung von Platzt gestellt. Und das wirkt anscheinend.

Währenddessen hat Niels von der Polizei erfahren, dass der "Schläger" einen Kampfsport betreibt und der Schlag gezielt gegen den Kehlkopf ging. Hätte der Schlag genau getroffen, hätte es für Niels tödlich enden können. Und alles nur wegen einem Foul.

Es ist oft so, dass sich im Fußball sehr viele Menschen finden, die ihren Emotionen auf dem Platz freien Lauf lassen wollen und stark darauf achten, "körperlich zu spielen" und hart zu sein. In manchen Situationen kann das zu Kurzschlussreaktionen führen, die die einzelnen Personen nicht mehr im Griff haben. Laut Wissenschaftlern, Experten und auch Trainern muss der Fußball, gerade was das Fair Play angeht, noch viel lernen. Dazu müssen allerdings Trainer, Spieler, Offizielle und auch Zuschauer ihre Emotionen regulieren, was in anderen Sportarten einfacher zu gehen scheint als im Fußball.

Als Niels dreiWochen später einer Zeitung und einem kleinen Nachrichtensender ein Interview geben will, bekommt er einen Anruf des Sportvorstands, der ihm rät: "Geben Sie lieber kein Interview und verraten sie nicht zu viel den Medien. Sonst kommen immer mehr und mehr und wollen alles wissen!" Niels kommt ins Grübeln:

Obwohl es ein extrem wichtiges Thema ist und es schließlich um die Sicherheit von Menschen geht, gelangen solche Angriffe selten an die breite Öffentlichkeit. Das liegt daran, dass die meisten Vereine und Verbände Angst davor haben, dass zu viel nachgefragt wird. Wenn gewaltsame Übergriffe gegen Schiedsrichter jedoch aktenkundig werden, sind auch staatliche Institutionen wie Polizei und Staatsanwaltschaften gefragt.  Der Autor ist Schüler der Klasse 9b des Schwarzwaldgymnasiums Triberg.