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Bürgerliche Parteien üben auch Selbstkritik nach Wahldesaster

Von Eva-Maria Huber

Während die Grünen in Proseccolaune sind, ist das Zähneklappern und Wundenlecken bei den übrigen bürgerlichen Parteien am Tag nach dem Wahldesaster um so größer. Doch eine Spur Selbstkritik war gestern auch mit im Spiel.

Villingen-Schwenningen. Die Analysen der Wahl-Verlierer SPD und CDU sehen in VS ganz ähnlich aus. "Ja, es war eine Persönlichkeitswahl, ja, es ist erschütternd, dass die AfD so viele Menschen überzeugen konnte. Und ja, der Wahlausgang und die dazugehörige Schlappe werden die im Oberzentrum so erfolgsverwöhnte CDU und auch die Genossen noch eine ganze Weile beschäftigen.

Renate Breuning: Die CDU-Politikerin hatte mit einem schlimmen Wahlausgang gerechnet, "aber, dass es so schlimm wird, hätte ich nicht gedacht. Ich bin erschüttert", gab Breuning gestern zu. Die nächsten Wochen werde auch ihre Fraktion zur Ursachenforschung nutzen. Geschuldet sei das Wahldesaster sicherlich auch "der politischen Großwetterlage", meint sie, und der Flüchtlingsproblematik, "dieses Thema hat sicherlich alles andere überlagert". Ursache für das gute Abschneiden der Bündnisgrünen sei sicherlich das große Charisma von Landesvater Kretschmann gewesen. Ein kleiner Trost sei, dass es Karl Rombach doch noch in den Landtag geschafft habe. "Im Moment tue ich mich noch sehr schwer mit einer genauen Analyse", zumal ein weiterer Schock noch tiefer sitze: Das Abschneiden der AfD.

Edgar Schurr ist im Bezug auf das zweistellige Ergebnis der AfD schon weiter. "Wir alle, und nicht nur die SPD, haben die AfD unterschätzt", beginnt er selbstkritisch seine Analyse. "Diese Partei hat sich hervorragend verkauft." Und weiter: "Die anderen Parteien hätten viel deutlicher als sie es getan haben den Schlagabtausch mit den Rechtspopulisten suchen müssen." Die SPD sei zudem zerrieben worden zwischen dem großen grünen Koalitionspartner und der CDU. "Wir hätten viel stärker auf unsere eigene Profilierung setzen müssen", ergänzt er. "Und genau dies muss das künftige Thema unserer Partei sein." Auch Schurr sieht die Landtagswahl 2016 vor allem "als eine Kretschmann-Wahl" an. Und auch für ihn war das Wahlergebnis ein Schock: "Damit haben wir nicht gerechnet."

Hans-Joachim von Mirbach hat "wunderbar" geschlafen: Der Bündnisgrüne spricht, nicht ohne Stolz, von einem Paradigmenwechsel, der sich gestern Abend vollzogen habe: "Acht Direktmandate, das ist doch etwas". Sicher, Kretschmann sei eine "große Nummer, an der niemand vorbeikommt", erläuterte er. Doch insgesamt habe die Landesregierung gute Arbeit geleistet. Das magere Abschneiden des Koalitionspartners SPD und der CDU erklärt er sich auch mit dem "politischen Rumgeeiere". Dieser Schlingerkurs sei auch eine Erklärung dafür, dass die "Wähler auf die einfachen Sprüche und Lösungen der AfD hereingefallen sind".

Frank Bonath ist sehr zufrieden, wenn auch nicht gerade in ausgesprochener Prosecco-Laune. Das Ergebnis könne sich sehen lassen. Mit acht Prozent habe man gerechnet. Auch für ihn sei der Wahlerfolg der AfD bitter. "Plakative Lösungen auf schwierige Themen, das kam wohl beim Wähler an", so der Liberale. Was hält die FDP dagegen? "Wir müssen vernünftige Lösungen finden, um die AfD zu entzaubern." Mehr will auch ihm noch nicht einfallen.

Dafür fällt AfD-Mann Joachim Senger um so mehr ein, wenn er nach den Ursachen für den Erfolg seiner Partei gefragt wird: "Wir nehmen die Ängste und Sorgen der Bürger ernst." Einziger Wermutstropfen für ihn: "Noch 0,2 Prozent mehr und unser Kandidat wäre im Landtag gewesen. Wir werden dran arbeiten."