Vier Privatschulen in Villingen-Schwenningen kämpfen um Geld und Gehör. Foto: fotofabrika – stock.adobe.com

Misst Verwaltung mit zweierlei Maß? Vier Einrichtungen in VS kämpfen um Geld und Gehör. Mit Kommentar

Villingen-Schwenningen - Vier Privatschulen aus VS wollen bei der Stadt um Gehör kämpfen. Der Grund: Sie werden stiefmütterlich behandelt. Vor allem, wenn es um die Finanzen geht. Dass eine solche Schule aber ein Standortfaktor für eine Stadt sein kann, zeigt die Waldorfschule.

Die Rudolf-Steiner-Schule in Schwenningen ist eine Freie Waldorfschule. Namenstänzer und Grüne sollen sie vor allem besuchen. Zumindest, wenn man dem Ruf glaubt, der solchen Einrichtungen vorauseilt. Eine Imker-AG und das eigene, zu bewirtschaftende Kornfeld stehen hier in der Tat auf dem "Stundenplan" ebenso wie diese Eurythmie natürlich auch. "Ich kann meinen Namen aber nicht tanzen", geht Kerstin Remsperger, die für die Öffentlichkeitsarbeit an der Schwenninger Schule verantwortlich ist, gleich zu Beginn des Gesprächs in die Offensive. Sie lacht. Überhaupt sind hier alle entspannt. Der Hausmeister kommt zur allgemeinen Erheiterung schon mal mit italienischen Sprüchen ums Eck. Und einen Rektor sucht man hier vergeblich. "Hier gibt es keinen Schulleiter", macht Kerstin Remsperger deutlich, und auch keinen Hauptverantwortlichen. Die Gesamtlehrerkonferenz leitet die Schule. Darüber hinaus hat jeder seinen Bereich. Der von Klaus Ketterer sind beispielsweise die Finanzen – er ist Geschäftsführer der Einrichtung.

Vielleicht kristallisiert sich gerade deshalb im Gespräch mit ihm ein Problem heraus, mit dem die Rudolf-Steiner-Schule ebenso kämpft wie drei weitere Privatschulen in VS auch: die Georg-Müller-Schule sowie die St. Ursula Schulen etwa: Sie kommen finanziell zu kurz und müssen deshalb wichtige Instandhaltungsmaßnahmen und Sanierungen verschieben oder auf Spenden sowie die Hilfe und Unterstützung der Eltern ihrer Schüler hoffen. Eine knappe Million Euro wäre für die dringende Dachsanierung und Fassadendämmung der Waldorfschule fällig, verdeutlicht Ketterer. Die Schule wollte sich um einen 30-prozentigen Zuschuss nach dem Kommunalinvestitionsförderungsgesetz bemühen. Weil Antragsteller für den Erhalt dieser Gelder eine Kommune sein müsse, habe man bei der Stadt um eine Bewerbung gebeten. Doch "nur mit Widerwillen" sei die Stadt überhaupt tätig geworden, schildert Ketterer. Und die Erfüllung des Schul-Wunsches sei an eine Bedingung geknüpft worden: Da die Fördergelder nur erteilt werden, wenn Kommunen zehn Prozent der Summe bereitstellen, habe die Schule zusichern müssen, auch genau diese zehn Prozent selbst zu tragen. Zusätzlich zum Eigenanteil, den rund 600 000 Euro, die ohnehin ihr Eigenanteil wären.

Von der möglichen Förderung in Höhe von 300.000 Euro wurden nun vom Land 216.000 Euro bewilligt. Die Schule muss demnach 684 000 Euro schultern. Von der Stadt sei bislang kein Entgegenkommen zu erwarten. Und das, obwohl die Waldorfschule längst zum Standortfaktor für Akademikerfamilien, Lehrkräfte oder Unternehmer geworden ist.

"Die Stadt schmückt sich gerne mit der Waldorfschule, wenn es um die Fachkräfte-Anwerbung geht", weiß Kerstin Remsperger. Doch wenn es darum gehe, sie zu unterstützen, habe das Wohlwollen schnell ein Ende.

Nach einem Gespräch mit der Leitung der Georg-Müller-Schule erkannte man, so Ketterer, dass alle Privatschulen in der Stadt wohl mit demselben Problem kämpfen: In der Schullandschaft sind sie im Sinne eines möglichst breit gefächerten Bildungsangebots herzlich willkommen. Wenn es aber um Unterstützung der Einrichtungen geht, hält die Stadtverwaltung ihr Portemonnaie fest verschlossen. Gab es früher mit 10.000 Euro jährlich immerhin einen Tropfen auf den heißen Stein von der Stadt, sei dieser Zuschuss im Zuge der Drosselung der Vereinsunterstützungen im Jahr 2006 oder 2007 zunächst halbiert, schließlich ganz gestrichen und nie wieder aufgegriffen worden. Für die Verwaltung sind Privatschulen eine bequeme Variante – sie muss nichts bezahlen, hat aber eine engagierte Schule.

Doch dass die Elternbeiträge für Großinvestitionen nicht ausreichen, ist klar. Und das nicht erst nach Erneuerung des Privatschulgesetzes, wonach die Einrichtungen im Durchschnitt maximal 160 Euro Schulgeld pro Monat von Eltern verlangen dürfen. Völlig zu unrecht hafte den Privatschulen ein elitäres Image an – "wir werden oft gleichgesetzt mit Einrichtungen wie beispielsweise in Salem", wissen Remsperger und Ketterer. Ein weiteres Vorurteil trifft die Waldorfschule Schwenningen damit unberechtigterweise, es heißt: "Privatschulen schwimmen im Geld." Dabei sei sogar das Gehalt der Lehrer hier ein anderes: "Bei uns verdient ein Lehrer im Durchschnitt 20 Prozent weniger als ein Staatsschullehrer."

Und nun? "Wir wollen uns solidarisieren, um gemeinsam bei der Stadt aufzuschlagen", erzählt Ketterer, der weiß, dass die aktuelle Strategie nicht mehr lange aufgehen kann: "Ich löse es momentan über geringere Personalkosten und das Aufschieben von Sanierungsmaßnahmen."

Kommentar: Ein Bekenntnis

Von Cornelia Spitz

Eine breit gefächerte Schullandschaft ist für eine Stadt ein wichtiger Standortfaktor. Ganz egal, wie man zu Waldorfschulen und ähnlichen Konzepten steht, ein Oberzentrum kann es sich in Zeiten des Fachkräftemangels schlichtweg nicht leisten, alternative Einrichtungen zu ignorieren. Die Stadt ist Bildungsträger und muss sich dieser Verantwortung auch schulübergreifend stellen. Die Waldorfschule bei Mammutaufgaben wie der Dachsanierung zu unterstützen, wäre nur konsequent. Natürlich ist der Sanierungsstau an den Staatsschulen riesig, sind finanzielle Mittel begrenzt und bezahlen Eltern der Privatschüler ein nicht unerhebliches Schulgeld – all diese Faktoren sind bei der Bemessung des Zuschusses zu berücksichtigen. Unter dem Strich aber muss ein Bekenntnis zu solchen Einrichtungen stehen und das drückt sich idealerweise in Zahlen aus.