Gabriel Berger (von links), Gerhard Warnke, ­ Joachim Schulz, Harald Marquardt und Ralph Wurster bei der Mitgliederversammlung in der Neuen Tonhalle. Foto: Schück Foto: Schwarzwälder Bote

Südwestmetall: Arbeitgeber kritisieren Koalitionsvertrag zur Groko und vermissen Wirtschaftsfreundlichkeit

"Die heimische Konjunktur wird sich aller Voraussicht nach auch in diesem Jahr gut entwickeln", prophezeite Joachim Schulz, Vorsitzender der Bezirksgruppe Südwestmetall Schwarzwald-Hegau. Allerdings stellten der Tarifabschluss und der Koalitionsvertrag zur Groko eine große Belastung dar.

Schwarzwald-Baar-Kreis. Immerhin 40 von 90 Mitgliedsunternehmen waren bei der Mitgliederversammlung in der Neuen Tonhalle in Villingen-Schwenningen anwesend und gaben, so Ralph Wurster, Geschäftsführer der Bezirksgruppe Südwestmetall, ihrem Unmut über die erzielten 4,3 Prozent Lohnsteigerung Ausdruck. "Das bedeutet eine extrem schwere Last und ist für einen Großteil der Unternehmen zu viel", sagte der Geschäftsführer.

"Die Gewinne stagnieren"

Wegen der großen Firmen in Stuttgart werde der Pilotabschluss der Metall-Arbeitgeber in Baden-Württemberg und nicht in Mecklenburg-Vorpommern erzielt, erläuterte Schulz. Allerdings sei die Akzeptanz des Tarifabschlusses in den Ballungsräumen auch nicht höher als im ländlichen Raum. "Für die Mehrheit ist er gerade noch so akzeptabel", sagte Wurster, der die Befürchtung teilt, dass der Abschluss die Gewinne tangieren werde. "Die Gewinne sind nicht gestiegen, die stagnieren", erklärte Gabriel Berger, Geschäftsführer Tarifpolitik bei Südwestmetall.

In wirtschaftlich guten Zeiten wie dem Jahr 2018, dass sich nach einer Mitgliederumfrage ähnlich gut entwickeln könnte wie 2018, werden "ein dynamischer Export, kräftiger Privatkonsum und anziehende private Investitionen" für weiteres Wirtschaftswachstum sorgen, schätzt Schulz. "Die positive wirtschaftliche Entwicklung wird aller Wahrscheinlichkeit nach auch zu einem weiteren Rückgang der Arbeitslosigkeit bei uns führen", sagte er. Anzeichen für eine konjunkturelle Trendwende seien "glücklicherweise" nicht erkennbar. Dennoch gebe es Risiken, wie zum Beispiel Irritationen infolge der Brexit-Entscheidung und "die Unsicherheit verbreitende Politik des US-Präsidenten sowie geopolitische Spannungen und ein "hausgemachtes Risiko", nämlich das Regierungsprogramm einer möglichen dritten Großen Koalition.

"Anstatt mehr Wirtschaft zu wagen", würden die Weichen in Richtung Ausgabensteigerung und für einen weiteren Ausbau des Sozialstaates gestellt. Schulz sieht die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen deutlich eingeschränkt. Für Automobilzulieferer in der Region stelle beispielsweise die Elektromobilität eine Herausforderung dar.

Während sowohl Gerhard C. C. Warnke als auch Harald Marquardt (Vorstandsmitglieder Südwestmetall) wie Schulz berichteten, dass die "Wahlarbeitszeit" bei den Arbeitnehmern ihrer Betriebe sehr gut angenommen werde, die Mehrzahl der Mitarbeiter wolle nämlich länger arbeiten und mehr Geld verdienen, stellten die im Koalitionsvertrag "geplanten Einschränkungen bei der sachgrundlosen Befristung von Arbeitsverhältnissen" einen "echten Schlag" für die Metallarbeitgeber dar, sagte Schulz.

Über 80 Prozent der Unternehmer würden sich laut einer Mitgliederumfrage überlegen, wo die "Puffer" durch Zeitverträge zukünftig abgedeckt werden könnten. Beispielsweise im Ausland, weil, so wurde deutlich, Facharbeiter ohnehin nicht in Zeitverträgen angestellt würden, sondern ungelernte Kräfte. Harald Marquardt erwähnte 400 Zeitverträge, die man in seinem Unternehmen vor Jahren mit Beschäftigten anderer Berufsabschlüsse angeschlossen habe und aufgrund von tariflicher Erschwernisse nicht weiter beschäftigen konnte, was er bedauert.

Die Umfrage unter den Mitgliedsunternehmen zeigt mit Ausnahme der befürchteten Auswirkungen sachgrundloser Befristungen ein positives Bild. "Es bestätigt sich, dass das Jahr 2017 erfolgreich war und mehrheitlich eine positive Einschätzung auch in diesem Jahr vorherrscht", sagte Schulz.

78 Prozent der Unternehmen rechnen mit gleich bleibender oder schlechterer Auftragslage. 22 Prozent erwarten einen deutlichen Sprung nach oben. "Das ist auf hohem Niveau positiv."

Der Umsatz 2017 hat sich bei den meisten erheblich besser gegenüber dem Vorjahr entwickelt. 39 Prozent erwarten 2018 besseren, vier Prozent sogar erheblich besseren Umsatz.

Die Beschäftigung soll bei den meisten Mitgliedsunternehmen in den nächsten sechs Monaten in etwa gleich bleiben (48 Prozent) oder sogar noch aufgebaut werden (35 Prozent). Steigende Investitionen sind bei 48 Prozent in diesem Jahr zu erwarten, bei 35 Prozent sollen sie gleich bleiben.