Villingen-Schwenningen - Das sitzt tief: Als Schlag in die Magengrube und "massive Brüskierung" wertet OB Rupert Kubon angebliche Pläne der Landesregierung, eine Dependance der Polizeihochschule in Wertheim zu errichten. Wiederholt werde "unsere Stadt und unsere Region" krass missachtet. Geht das Oberzentrum schon wieder leer aus?

Eben noch hatte er in der Gemeinderatssitzung am Mittwochnachmittag Freude über die finanzielle Situation der Stadt versprüht, und schon spuckte er Feuer in Richtung Stuttgart: Am selben Tag musste Kubon zwar inoffiziell, aber von mehreren Quellen erfahren, dass die Landesregierung eine Zweigstelle der Hochschule für Polizei im 250 Kilometer entfernten Wertheim aufbauen will. Nach der Standortdebatte um den Bau eines Großgefängnisses und der Ansiedlung des regionalen Polizeipräsidiums in Tuttlingen soll Villingen-Schwenningen damit erneut eine bittere Niederlage erleiden und im Grunde genommen leer ausgehen.

Dabei hatte man so sehr gehofft. Seit Monaten machten sich die Landtagsabgeordneten Martina Braun (Grüne) und Karl Rombach (CDU) sowie der Bundestagsabgeordnete Thorsten Frei (CDU) und Landrat Sven Hinterseh im Schulterschluss mit der Verwaltungsspitze des Oberzentrums für die Erweiterung der Polizeihochschule in Villingen-Schwenningen stark. "In mehreren Gesprächen", so Kubon, hätten sie Innenminister Thomas Strobl, Staatssekretär Martin Jäger und weiteren hochrangigen Vertretern auf Landesebene "klar signalisiert und nachgewiesen, dass alle Maßnahmen zum Aufwuchs der Hochschule für Polizei in den kommenden Jahren in Villingen-Schwenningen umsetzbar sind". Sogar der Landesvater Winfried Kretschmann wurde zuletzt eingeschaltet.

Ganz konkret seien dabei Lösungen für die Unterbringung der Studierenden und den Ausbau der Lehrkapazitäten in VS aufgezeigt worden. Der "nun offensichtlich beschlossene Aufbau einer Dependance in Wertheim ist aber nicht nur aus strukturpolitischer Sicht für mich nicht akzeptabel", so Kubon, sondern auch aus finanzieller Sicht. "Durch den Aufbau in Wertheim entstehen erhebliche zusätzliche Kosten durch die zwangsläufig notwendig werdenden Infrastrukturinvestitionen".

So fördere man die Politikverdrossenheit

Andere Politiker aus der Region glauben, die Würfel seien noch gar nicht endgültig gefallen. Auch Staatsminister Klaus-Peter Murawski versicherte noch am Montag, 6. November, schriftlich den Vertretern der Region, "die Bedeutung des Hochschulstandortes Villingen-Schwenningen" sei dem Ministerium "durchaus bewusst" und es sei noch offen, ob in Wertheim oder an einem anderen Standort eine Interimslösung für die Polizeihochschule notwendig sei. Doch Oberbürgermeister Kubon fährt schon jetzt verbal scharfe Geschütze auf: "Ich denke, dass diese Entscheidung, sollte sie sich bestätigen, eine Überprüfung durch den Landesrechnungshof dringend notwendig macht".

In der Vergangenheit nach diversen Verlusten leidgeprüft, wird von der Verwaltungsspitze des Oberzentrums also mächtig Druck aufgebaut in Richtung Stuttgart. Gleichwohl hofft man auf ein Umdenken. Andernfalls fördere man "durch solche einsamen Hinterhofentscheidungen die Politikverdrossenheit", so Kubon. Beim Zustandekommen dieser Entscheidung wittert der Oberbürgermeister offenbar einen Komplott, denn er prangert an, "dass für die Versorgung von Wahlkreisen wichtiger Akteure der Landespolitik jedwede fachliche und finanzpolitische Vernunft geopfert wird".

Unumwunden prangert Kubon auch die Kommunikation mit den zuständigen Landesministerien an, über die er "sehr befremdet" sei. Noch im August dieses Jahres habe man klar zugesagt, "dass an eine Verlagerung der eigentlichen Hochschulausbildung nicht gedacht ist". Kubon bezweifelt, dass ob da "noch mit offenen Karten gespielt wurde". "das bereits seit einiger Zeit sehr konkrete Abstimmungen und Gespräche zum Standort Wertheim stattgefunden haben müssen, liegt auf der Hand."

Doch trotz aller hochkochenden Emotionen stimmt Kubon am Ende seiner Stellungnahme auch versöhnlichere Töne an: Man sei, Offenheit und Transparenz in der Entscheidungsfindung vorausgesetzt, "nach wie vor gesprächsbereit" und trage auch Lösungen der nicht-akademischen Polizeiausbildung in Wertheim mit. "Der im Raum stehende Weg ist jedoch nicht akzeptabel."

Kommentar: Unfaires Spiel

Von Cornelia Spitz

Schon wieder eine Entscheidung gegen Villingen-Schwenningen aus Stuttgart? Sollten die Würfel wirklich für Wertheim gefallen sein und dem Oberzentrum der versprochene Ausbau der Polizeihochschule versagt bleiben, wäre das ein unfaires Spiel. Zuerst musste man verdauen, dass der Gefängnisaufenthalt in der neuen JVA nicht über Los in Villingen-Schwenningen, sondern nach Rottweil führen soll. Nachdem sich auch das Polizei-Karussell zu seinen Ungunsten gedreht hatte, hieß es: Villingen-Schwenninger ärgere dich nicht – das Versprechen zum Ausbau der Polizeihochschule stand ja im Raum. Und nun soll das Spiel des Lebens schon wieder eine bittere Pille für die Doppelstadt bereithalten? Politik scheint eine kniffelige Angelegenheit zu sein. Fast wie Malefiz: Kaum ist ein Stein aus dem Weg geräumt, legt einem der Nächste einen neuen vor die Nase.