Ob sie wollten oder nicht, viele Doppelstädter bekamen persönlich adressiert die LBZ samt Überweisungsformular und Einladung zum patriotischen Stammtisch in den Briefkasten. Foto: Archiv/Eich

LBZ kommt unbestellt, aber mit Rechnung. NPD-Mann Jürgen Schützinger gibt Anschriften weiter.

Villingen-Schwenningen - Bei der Deutschen Bahn (DB) steckte die rechtsgerichtete Wochenzeitung "Junge Freiheit" unlängst in den Kundenmagazinen "DB mobil" in Zügen in Süddeutschland und sorgte für Wirbel. In Villingen-Schwenningen flatterte nun wieder einigen Doppelstädtern ungefragt die ebenfalls rechtsgerichtete so genannte "Leserbriefzeitung" LBZ in den Briefkasten. Hat der Vorfall bei der Deutschen Bahn am 10. März rechte Aktivisten in der Doppelstadt motiviert, auch mit ihrer LBZ auf Leserfang zu gehen?

Zumindest verurteilt der Gemeinderat der Deutschen Liga für Volk und Heimat (DLVH) Jürgen Schützinger, der gleichzeitig für die rechtsextreme NPD aktiv ist, die umstrittene Aktion der "Jungen Freiheit" nicht. "Ich halte prinzipiell alles für gut und in Ordnung, was freier Meinungsäußerung dient", rechtfertigt er die Flugblattaktion in den Zügen der DB im Gespräch mit dem Schwarzwälder Boten. Selbst wenn linksradikale Antifa-Aktivisten eines ihrer Faltblätter in die rechtsgerichtete LBZ schmuggelten, würde ihn das nicht weiter irritieren, will er Glauben machen: "Ich halte die Leser der LBZ für so aufgeklärt, dass sie sich durch so ein Kommunistenblättchen nicht durcheinander bringen lassen."

Dass Schützinger zumindest indirekt hinter der Streuaktion der LBZ in Villingen-Schwenningen steckt, ist kein Geheimnis. Er streite eine "enge Verbindung" zur LBZ nicht ab. Und sie ist ohnehin offensichtlich: Immer wieder tauchen so genannte "Leserbriefe" Schützingers in dem Blättchen auf. Außerdem flatterte vielen Villingen-Schwenningern mit der LBZ ebenso ungefragt ein Überweisungsvordruck für den Mindestbeitrag von zehn Euro für drei LBZ-Ausgaben sowie ein Flyer über "patriotische Bürgerstammtische" in Süddeutschland in den Briefkasten – samt Nennung von Schützingers Telefonnummer. Die veranschlagten zehn Euro für drei Ausgaben der LBZ deckten die Ausgaben für Druck und Verteilung nicht vollständig, sagt Schützinger und kennt sich offenbar bestens aus mit dem System der LBZ. Er erkärt nämlich, dass die genaue Höhe der Auflage eigentlich unbekannt sei: Jeder Empfänger sei befugt, einzelne Seiten mit einem Kopierer zu vervielfältigen. Ein klassisches Schneeballprinzip.

Eine "niedrige vierstellige" Summe des mindestens monatlich erscheinenden Blättchens sei jüngst in der Region verteilt worden, "zielgerichtet an Leute, die sich informieren und dafür interessieren", so Schützinger. Und weiter: "Ich sorge dafür, dass entsprechende Anschriften herbeigeschafft werden", gibt Schützinger unumwunden zu. Wie das funktioniert? Immer wieder riefen Vermittler bei ihm an, die potenzielle neue Adressaten nennen würden. Per Post geht die rechtsgerichtete Polemik dann auf die Reise zu diesen. Und obgleich Schützinger angibt, Ausländerhetze sollte in den Leserbriefen ebenso wenig betrieben werden wie antisemitische Äußerungen, ist beim Blick auf die dort schon schreibenden Autoren klar, von wie weit rechts der Wind weht: Unter den Autoren fanden sich neben dem Schwenninger Jürgen Schützinger beispielsweise bereits Wolfgang Frenz, der Heilpraktiker aus Solingen, der 2002 das NPD-Verbot zum Scheitern brachte, oder Gerda Wittuhn, deren Name immer wieder im Zusammenhang mit der ehemaligen "Schill-Partei", der Partei Rechtsstaatlicher Offensive, fällt.