Joe und Renate Pichler erzählten bei "story-vs" von ihrer Motorradreise nach Indien. Foto: Heinig Foto: Schwarzwälder Bote

story VS: Motorradfahrer erzählt von der Tour über 27 000 Kilometer von Österreich nach Indien

Damit eine solche Tour nicht zur Tortur werde, benötige man "einen starken Magen, ein gutes Motorrad, Glück und eine Frau, die das alles mitmacht". Joe und Renate Pichler bewältigten in fünf Monaten mehr als 27 000 Kilometer von Österreich bis Indien.

VS-Villingen. Mit seiner Multivisionsschau im Rahmen der Eventreihe "story VS" von Michael Hoyer begeisterte der Salzburger am Freitagabend in der Neuen Tonhalle nicht nur Motorradfreaks, sondern alle, die Geschichten von fremden und exotischen Welten und deren Bewohnern lieben.

Und Josef "Joe" Pichler hatte einiges an Erzählungen, Bildern und Filmsequenzen zu bieten. Die asphaltierten, aber auch die Schotter-, Sand-, Geröll- und Wasserwege zogen sich für das Abenteuerpaar durch Griechenland und die Türkei, den Iran, über Kirgistan, China und Pakistan bis in den Süden Indiens. Der erste Motorradfahrer, der Tiroler Max Reisch, der 1933 von Wien bis nach Bombay fuhr, konnte noch die "Abkürzung" über Syrien, den Irak, Afghanistan und Belutschistan nehmen – heute aus politischen Gründen undenkbar. Gleichwohl hatten Freunde vor den Gefahren auf der Strecke gewarnt, allen voran im "Schurkenstaat" Iran.

Obgleich die Pichlers aufgrund islamistischer Anschläge hier und da tatsächlich Umwege nehmen mussten, sagte Pichler: "Wir haben das Land und seine Menschen von einer ganz anderen Seite kennengelernt". Polizisten eskortierten sie zu einer Tankstelle, Frauen übernahmen im Supermarkt die Rechnung, vielerorts trug man die blonden Gäste auf Händen. Man war dank toller Aufnahmen hautnah dabei auf unwegsamen Wegen durch die Region Kurdistan, durch Turkmenistan und Usbekistan und erlebte die unendliche Gastfreundschaft der Nomaden in Kirgistan mit.

Im chinesischen Kashgar fanden sich die Pichlers inmitten Horden von Elektrorollern wieder, erlebten ein Eat-Festival am Ende des Ramadans und ein Reiterfest der Tadschiken, ein Volk, das in seiner eigenen Heimat nichts mehr zu sagen hat. Unwillkürlich hielt man den Atem an beim Anblick der Bilder des Karakorum-Highways in Pakistan, auf dem sich das Paar schmale Gebirgsstraßen mit riesigen Lastern teilen musste und der letztlich unbeschadeten Überwindung durch aufgebrachte Bürger errichteter Straßenblockaden.

Überhaupt bewies Joe Pichler immer wieder Nerven, sei es, dass das Visum für Pakistan unterwegs per Eilkurier erst in letzter Minute zugestellt wurde oder die georderten Motorradreifen nicht, wie ausgemacht, eintrafen und man zunächst ohne Profil weiterfahren musste.

Trotz ernsthaftem Hintergrund – Pakistan und Indien sind Erzfeinde – gab es ob der ausschweifenden Zeremonie der täglichen Grenzschließung in Lahore viel zu lachen. Im Norden Indiens dann schraubte sich das Motorrad von Joe und Renate Pichler über die höchsten Passstraßen der Erde. Sympathisch: Die Abenteurer nahmen sich trotz aller Freude am Motorradfahren immer wieder Zeit für die Menschen, besuchten buddhistische Klöster, genossen den "weltbesten Marillenkuchen" und hatten in Kaschmir ein Auge für die unzähligen Hausboote, sie sogar als Hotels dienen.

Der erste Teil der Reise endete im verschneiten Leh, mitten im Himalaya. Den Jahreswechsel 2014/15 erlebten die Pichlers zu Hause, bevor sie an den Fuß des Nanga Parbat zurückkehrten, ihre Reise in Kathmandu und dem einstigen Aussteigerparadies Goa fortsetzten und schließlich in Koshi beendeten. Der 58-jährige Österreicher hat sich mit dieser Reise einen Traum erfüllt, dabei unvorstellbare Hitze und eisige Kälte, aber auch unendliche Gastfreundschaft erlebt und Menschen kennengelernt, die so ganz anders sind, als ihnen aus der Ferne nachgesagt wird.