Widriges, nasskaltes Wetter und eine frostige Stimmung – die Bedingungen für die Teilnehmer an der Pegida-Kundgebung hätten schlechter nicht sein können. Foto: Eich

Lager trotz internationaler Ausrichtung überschaubar. Bündnis setzt sich für Miteinander aller Menschen ein. Mit Kommentar und Video.

Villingen-Schwenningen - Widriges, nasskaltes Wetter und eine frostige Stimmung – die Bedingungen für die Teilnehmer an der Pegida-Kundgebung und den Gegenveranstaltungen von No-Pegida und der Antifaschisten hätten schlechter nicht sein können.

Trotzdem: Etwa 100 Pegida-Anhänger und damit offenbar dank internationaler Ausdehnung auf das Dreiländereck mehr als bei der zweiten Kundgebung Ende Januar fanden den Weg auf den Münsterplatz. Das gegnerische Lager bot mit geschätzten 120 Teilnehmern dennoch die Mehrheit auf.

Im Schutz des Münsters und dadurch von den Antifaschisten uneinsehbar zogen die Pegida-Organisatoren unter Sabrina Grellmann ihre Kundgebung ungerührt von allen Störversuchen durch das Brüllen von Links durch. Neben einigen Deutschlandfahnen wehten auch israelische – "weil die dort die größten Probleme mit denen haben", erklärte ein Fahnenschwinger im Gespräch und setzte erklärend hinzu, wen er mit "denen" denn nun eigentlich meint: "die Moslems". So stimmgewaltig die 28-jährige Sabrina Grellmann von der Sbh-Gida am Megafon auch war, so wortkarg gab sie sich auf direkte Nachfragen der Presse: "Ich möchte nicht mit Ihnen sprechen", sagt’s und marschierte davon.

Ein aufgeklappter Kleinbus diente der Pegida als Bühne für ihre Kundgebung. Vor einer Deutschlandfahne als schmückendes Beiwerk im Hintergrund gaben sich die Redner das Mikrofon in die Hand. Nach der Begrüßung durch Grellmann, ausdrücklich auch an die Kollegen aus Vorarlberg, vom Bodensee und "die, die noch kommen werden", aus der Schweiz, ergriff zunächst der 23-jährige Kai, ein junger Mann aus dem Landkreis, das Wort. Er forderte unter anderem die sofortige Abschiebung abgelehnter Asylanten oder verschärfte Einwanderungsgesetze wie in Kanada oder der Schweiz. Der "Handwerksmeister Erik" war der zweite Redner, er schilderte die vor Wochen verhandelte Prügelattacke auf einen Hobbyfußballer in Villingen und erzählte von der Vergewaltigung einer Frau im Stuttgarter Raum, angeblich durch Afghanen. In solchen Vorkommnissen sah er seine Meinung bestätigt. Doch auch typische den gemeinhin als Wutbürger bezeichneten Kritikern zuzuordnende Forderungen wurden hier gestellt: die Abschaffung der Bundeskanzlerin Angela Merkel beispielsweise oder die Wiedereinführung der D-Mark.

"Die Islamisierung muss gestoppt werden (...) der Islam gehört nicht zu Deutschland", das forderte der angekündigte Gastredner, Theologe und Islamkenner Fouad Adel in seinem Beitrag.

Antifaschisten versuchten immer wieder die Kundgebung der Pegida niederzubrüllen. "Pegida, Rassistenpack", "Stopp Pegida" oder "Nein zur Nazipropaganda" waren nur einige ihrer Schlachtrufe. Da die PegidaKundgebung uneinsehbar auf der anderen Seite des Münsters stattfand, spaltete sich ein offenbar auf Krawall angelegter Teil der Antifaschisten ab und positionierte sich schreiend und Fahnen schwingend an den Absperrgittern zwischen einem Fotogeschäft und einem Eiscafé – Auge in Auge mit der Polizei.

In deren Augen verliefen die gestrigen Kundgebungen geordnet. Nach dem Wurf eines Feuerwerkskörpers und von Wasserbomben aus dem linken Flügel hatte man die beiden Lager räumlich noch weiter voneinander getrennt. Wohl nicht das letzte Aufeinandertreffen, denn am Rande war zu vernehmen, dass es am 15. März erneut zu Demonstrationen kommen soll.

Die direkte Konfrontration mit den Abendlandpatrioten hatte die von Nicola Schurr und Pascal Pestre initiierte No- Pegida-Bewegung auch beim dritten Mal vermieden. An die 250 Teilnehmer lockte die Kundgebung auf den Marktplatz. Ein breites Bündnis aus dem bürgerlichen Lager setzte sich für Toleranz und Integration in einem bunten Villingen-Schwenningen ein. Alle Redner hoben die wichtige Rolle der Solidarität mit den Flüchtlingen und des Miteinanders aller Menschen hervor und erteilten der Spaltung der Gesellschaft eine klare Absage. Allerdings sei die Zeit gekommen, für diese Ziele nicht nur gemeinsam auf die Straße zu gehen, sondern auch andere Wege der politischen Auseinandersetzung zu finden, gab Schurr die Marschrichtung vor.

Ein runder Tisch sei geplant, um sich weitere Aktionen und Möglichkeiten zu überlegen, mit Pegida-Anhängern ins Gespräch zu kommen. Gerade angesichts des aufgedrückten Stempels, ein braunes Nest zu sein, sei es schön, dass sich auch so viele junge Menschen aus Villingen-Schwenningen eingereiht hatten und No Pegida wieder mehr Menschen als die Gegenseite mobilisiert hatte.

Kommentar: Chance dahin

Cornelia Spitz

Streitkultur hat gestern Abend keine der beiden Seiten bewiesen. Gebrüllte Phrasen und die spürbare Lust zum Krawall auf linker Seite, unsachliche Kommentare und stupides Verallgemeinern auf der anderen Seite bei der Pegida. Man hätte sich von beiden Seiten eine viel sachlichere Auseinandersetzung mit dem Thema Islamismus gewünscht. Doch bei allem Unverständnis für beide Seiten ist klar: Unter dem Strich setzte sich die Pegida geschickter in Szene. Nahezu unbeeindruckt zogen die Organisatoren und ihre Mitstreiter die Kundgebung an der Seite des Villinger Münsters durch. Die Aggressoren saßen derweil auf der linken Seite und versuchten mit Brüllattacken, aber auch Umzingeln der Pegida von mehreren Seiten diese zu stören. Sie schnitten sich damit ins eigene Fleisch und verpassten die Chance, sich durch einen gesitteten Auftritt Gehör zu verschaffen.