Mehrerer Patienten klagen gegen einen HNO-Arzt aus dem Kreis. Foto: Brichta

Doppelstädter stellen Strafanzeige gegen Mediziner aus dem Kreis. Betroffene fühlen sich "teils massiv geschädigt".

Villingen-Schwenningen - Die Vorwürfe zielen in Richtung Hals, Nasen, Ohren: Ein Facharzt aus der Region soll unnötig operiert und Patienten durch seine Eingriffe teils massiv geschädigt haben. Mittlerweile ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen "einen Mediziner" aus dem Kreis.

Der Fall hat bereits große Kreise gezogen, nicht nur juristische.

Das Strafverfahren: Ob es sich bei dem Mediziner, um den sich nun die Konstanzer Justiz kümmert, um einen HNO-Arzt aus der Region mit eher zweifelhaftem Ruf handelt oder nicht, konnte Andreas Mathy, Sprecher der Staatsanwaltschaft Konstanz aus Datenschutzgründen auf Anfrage des Schwarzwälder Boten nicht bestätigen. Doch nach ausgedehnten Recherchen des Schwarzwälder Boten laufen die Fäden in einer HNO-Praxis zusammen. Dem Mann werden Behandlungsfehler vorgeworfen. Mathy schätzt, dass ein von der Staatsanwaltschaft beauftragter Gutachter frühestens Ende April seine Expertise abgeschlossen haben werde. Je nachdem, wie diese Stellungnahme ausfällt, könnte dann der Vorwurf der vorsätzlichen Körperverletzung im Raum stehen. Bislang liegen vier Strafanzeigen vor, weitere Ex-Patienten planen nach unseren Informationen den gleichen Schritt.

Die Strafanzeige: Eine der vier Patienten, die Strafanzeige gestellt hat, kam mit dem Schwarzwälder Boten ins Gespräch und bestätigte den juristischen Schritt gegen den Facharzt. Unter den Patienten, die Strafanzeige gestellt haben, ist auch eine Frau aus VS, die Atemprobleme hatte. Ihre Nasenscheidewand sollte deshalb korrigiert werden. "Doch in Wirklichkeit wurde mir Knorpel entnommen", berichtet sie von der schmerzhaften Prozedur. Außerdem soll ihr der Arzt ohne ihre Einwilligung in Narkose versetzt haben. Zur Rekonstruktion ihrer Nase geht sie nun in eine Fachklinik. In den weiteren Leidensgeschichten der Betroffenen geht es einerseits um den Vorwurf, "völlig unnötig operiert" worden zu seien, andererseits soll der Arzt mindestens zwei Patienten das Trommelfell durchstoßen haben, um überhaupt operieren zu können.

Die Beteiligten: Der Kreis der Beteiligten weitet sich zunehmend. Neben den Patienten sind in die Sache neben der Staatsanwaltschaft Krankenkassen, Fachmediziner, Landratsamt, die Selbsthilfegruppe für Opfer ärztlicher Behandlungsfehler, Anwälte und die Landesärztekammer, genauer gesagt deren Schiedsstelle involviert. Parallel wurde von der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg bestätigt, dass eine Patientenbeschwerde gegen den Mediziner vorliege.

Die erste Leidensgeschichte: Die Geschichte um teils haarsträubende Erfahrungen kam durch eine Frau ins Rollen, die den Schwarzwälder Boten informierte. Diese hatte den Facharzt aufgesucht in dem Glauben, er spüle ihr die Ohren aus. Beiläufig erzählte sie ihm, beim Putzen der Muschel habe sie etwas Blut entdeckt. Nach der sich Untersuchung habe der Arzt erklärt, "dass ich mir beim Putzen ein Loch ins Trommelfell gestoßen habe". Sie habe Panik bekommen und einer Operation unter Vollnarkose zugestimmt. Bei dem einen Eingriff sei es aber nicht geblieben. Doch nicht nur die Zahl der Operationen stieg bei der Frau, sondern auch die Skepsis bezüglich deren Notwendigkeit. Die Frau zog einen zweiten Fachmann zu Rate und begann zu recherchieren.

Die Fachmediziner: Die Fachmediziner behalten sich zwar bedeckt. Dennoch werden immer wieder Zweifel laut: "Selbst wenn es ein Loch im Trommelfell gegeben hätte, muss man nicht gleich operieren und wartet ab, ob es von alleine zuwächst." Je öfters der Name des HNO-Arztes genannt wird, desto mehr Vorwürfe werden von Insidern hinter vorgehaltener Hand laut. "Unnötige Operationen und damit Versicherungsbetrug an den Krankenkassen, das passiert in dieser Praxis doch regelmäßig." Der Verdacht dränge sich auf, dass es sich immer wieder um "völlig unnötige Eingriffe" handelt.

Der betroffene Arzt: Das Gespräch mit dem betroffenen Arzt endete gestern nach einer Minute. "Ich werde mich nicht äußern", entgegnete er.

Unzufrieden oder gar beeinträchtigt durch eine Behandlung oder OP? Betroffene Patienten stehen diverse Wege offen, um gegen einen Mediziner vorzugehen. Sie können sich an ihre Krankenkasse wenden oder Anzeige bei der Polizei erstatten. Die Staatsanwaltschaft entscheidet dann, ob ein Gutachter herangezogen wird. Die Krankenkassen geben Beschwerden an den Medizinischen Dienst der Krankenversicherungen, sofern die Beschwerden stichhaltig sind, und schalten Gutachter ein. Rund ein Viertel der Beschwerden wurden in Expertisen bestätigt. 2013 gingen für den Bezirk Südbaden der Kassenärztlichen Vereinigung knapp 300 Beschwerden ein.