Villingen-Schwenningen - Ein spektakulärer Unfall am Parkhaus des Schwarzwald-Baar-Klinikums in Villingen-Schwenningen endete denkbar glimpflich. Eine 38-jährige Autofahrerin hat am Sonntag laut Polizei Gaspedal und Bremse verwechselt, donnerte infolge dessen gegen die Parkhausbrüstung, durchbrach diese und stürzte mit ihrem Fahrzeug aus dem zweiten Stockwerk rund sieben Meter in die Tiefe.

Das Auto landete auf dem Dach, Fahrerin und Beifahrer blieben unverletzt. Es bleiben indes viele Fragen. Etwa die, ob die Brüstung eines 2013 errichteten Parkhauses in solch einem Fall nachgeben darf. Ein komplettes Betonsegment wurde aus der Verankerung gebrochen. Die Parkhauseigentümerin und Betreiberin, die Park Service Hüfner GmbH aus Stuttgart mit Geschäftsführer Frank Rothardt, schaltete einen Tag später Sachverständige ein.

Ein eigener Gutachter sowie zwei Sachverständige des zuständigen Baukonzerns Züblin, der das Gebäude vor fünf Jahren errichtet hat, nahmen das Parkhaus am Dienstag in Augenschein. Sie kamen zu dem Schluss: »Es müssen sehr große Kräfte gewirkt haben«, sagte Anke Meisenbacher von Park Service Hüfner. Die Plattenkonstruktion des Parkhauses sei auf eine Aufprallkraft von fünf Tonnen ausgelegt.

Fahrerin droht Regress

Geschäftsführer Rothardt zeigte sich »froh, dass das Parkhaus keine konstruktiven Mängel hat. Es ist sicher«. Die Park Service Hüfner GmbH habe ein Video sichergestellt, das zeige, dass die Autofahrerin »mit sehr hoher Geschwindigkeit« auf der so gut wie nicht belegten Park-Ebene unterwegs gewesen und nach rechts in die Parklücke eingebogen sei.

Bei der zuständigen Polizeidirektion in Tuttlingen jedoch geht man bislang nicht von zu hoher Geschwindigkeit aus. Polizeisprecher Michael Aschenbrenner: »Das glaube ich anhand der offiziellen Fakten eher nicht.« Dass Bremse und Gaspedal verwechselt würden wie hier von der 38-jährigen Fahranfängerin komme häufig vor.

Wer muss die Kosten des Unfalls übernehmen?

Für die Tuttlinger Polizei ist das Vorkommnis als »ganz normaler kleiner Unfall« abgeschlossen. Versicherungsrechtlich aber droht es sich zu einer großen Sache auszuwachsen: Die Park Service Hüfner GmbH will die Fahrerin als Verursacherin in Regress nehmen – »die Verursacherin ist bekannt, sie ist versichert«. Sollte deren Versicherungsgesellschaft jedoch davon ausgehen, dass das Parkhaus der Belastung des Einparkfehlers hätte standhalten müssen, ist gut möglich, dass das Klinikparkhaus in naher Zukunft noch von weiteren, unabhängigen Gutachtern untersucht werden wird.

Im Dezember 2008 ereignete sich ein ähnlicher Fall in Esslingen. Damals kamen zwei Menschen ums Leben, als sie mit ihrem Auto vom dritten Deck eines Parkhauses stürzten. Ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung und Baugefährdung wurde 2010 eingestellt – es gebe keinen »Tatnachweis«.

Kommentar

Von Cornelia Spitz

Es müssen also laut Gutachtern sehr große Kräfte gewirkt haben und Bremsspuren sind keine zu sehen? Kunststück! Wenn die Fahrerin beim Einparken Bremse und Gaspedal verwechselt hat, ist davon auszugehen, dass sie vor dem Absturz in die Tiefe nicht noch Bremsspuren auf dem Parkdeck hinterlassen hat.

Der Unfall am Klinikparkhaus müsste eigentlich umfangreiche Untersuchungen nach sich ziehen. Dass eine Verwechslung von Bremse und Gaspedal schnell passiert ist, spiegeln Polizeimeldungen landauf, landab stetig wider. Man sollte davon ausgehen dürfen, dass eine Parkhauskonstruktion von 2013 solch einem Fahrfehler standhält. Sich nach kurzer Prüfung damit herauszureden, dass sehr große Kräfte gewirkt haben müssen, wird der Tragik des glimpflich verlaufenen Unfalls nicht gerecht. Die Beteiligten hätten ihr Leben verlieren können!