Villingen-Schwenningen - Die Oberbürgermeisterwahl bewegt die Menschen in der Doppelstadt: Überwältigend war der Andrang bei der ersten Podiumsdiskussion mit den sechs Kandidaten, die der Schwarzwälder Bote am Dienstagabend in der Neuen Tonhalle in Villingen präsentierte.

Bereits kurz nach Saalöffnung waren die meisten Sitzplätze belegt, schon gegen 19 Uhr gab es keinen Zutritt mehr. Vertreter aus Politik und Wirtschaft aus der ganzen Region hatten den Weg ebenso in die Tonhalle gefunden wie jüngere und ältere Bürger. Stellten sich doch die zwei Frauen und vier Männer, die bei der Wahl am Sonntag, 7. Oktober, ihren Hut in den Ring werfen, nur einen Tag nach dem offiziellen Bewerbungsschluss den Fragen von Kreisredaktionsleiterin Cornelia Spitz und Medienprofessor Michael Hoyer.

Nach einem Grußwort des ehemaligen Ministerpräsidenten Erwin Teufel zur Rolle des Bürgermeisters holten die beiden ihre Gäste mit ebenso kurzen wie treffenden Beschreibungen auf die Bühne: Gaetano Cristrilli, den Geschäftsführer eines Fitnessstudios, der schon mit 16 Jahren Oberbürgermeister werden wollte, den singenden Wirt Jam von der Linde, der das Lebensgefühl in der Stadt steigern möchte, die TDVS-Betriebsleiterin Marina Kloiber-Jung, die "Anpacken statt Debatten" fordert, die Dauerkandidatin Fridi Miller, die für Kinder- und Menschenrechte kämpft, den OB-Referenten Jörg Röber, der die Geschicke der Stadt selbst in die Hand nehmen will, und den Tuninger Bürgermeister Jürgen Roth, der sich als "Mensch, Moderator, Macher" charakterisiert.

Zwischen Humor und Sachlichkeit

So unterschiedlich, wie sie in den Wahlkampf gestartet sind, geben sich die Bewerber denn auch in der Runde auf der Bühne. Während Jam von der Linde und Miller mit eher ungewöhnlichen Statements für Lacher sorgen, führen Cristilli, Kloiber-Jung, Röber und Roth sachliche Argumente ins Feld. Keiner lässt die provokante Frage von Spitz auf sich sitzen, weshalb es den Parteien nicht gelungen sei, ein politisches Schwergewicht von außerhalb für eine Kandidatur zu gewinnen. Mit seinen Kenntnissen als Doppelstädter könne er die Probleme aus der Innensicht besser lösen, erklärte Cristilli. Er könne auf die Menschen zugehen und so auch zu einem besseren Image beitragen. "Die Saison für Schwergewichte ist vorbei", stellte Röber fest, dies hätten beispielsweise die Oberbürgermeisterwahlen in Pforzheim und Freiburg gezeigt, es gehe vielmehr um die Ausbildung und die Fähigkeit, eine so große Stadtverwaltung mit rund 1500 Mitarbeitern zu leiten. Und er setzte sich dagegen zur Wehr, dass die Doppelstadt schlecht dastehe. Das lebendige Oberzentrum mit Einrichtungen vom Kindergarten bis zur Hochschule habe eine liebenswerte Wohn- und Lebenskultur. Es gelte, die Stärken besser leuchten zu lassen.

Über unsere Facebookseite Schwarzwälder Bote Villingen-Schwenningen haben wir die Podiumsdiskussion live übertragen (Direktlink hier):

Gerade durch die erfolgreichen Sportvereine sei Villingen-Schwenningen auf Bundesebene bekannt, sieht auch Roth eine positive Außendarstellung, da heiße es allerdings, noch mehr zu tun. Er sehe sich als guten Kandidaten für die Stadt. In Sachen marode Straßen setzt er auf neue Methoden, beispielsweise sei es möglich, einen Dünnschichtasphalt aufzubringen, mit dem sich der Zustand zumindest nicht verschlechtert, bis es möglich sei, die rund 417 Kilometer nach und nach zu sanieren und Geld zu investieren. Kloiber-Jung setzt indes nicht nur auf die Vergabe der Aufträge an Fremdfirmen, mit den TDVS und den Stadtwerken Villingen-Schwenningen GmbH, die inzwischen eine Baufirma übernommen hat, verfüge die Stadt selbst über Kapazitäten.

Für Röber spielt die Investition in die Straßen eine wichtige Rolle, um den Wert zu erhalten. Auf jeden Fall heiße es, mehr Geld als bisher in die Hand zu nehmen, eine Investitionsplanung auf den Weg zu bringen und keine Flickschusterei zu betreiben.

Beim Thema Flüchtlingskrise zeigten sich alle einig im Lob für die bisherige Arbeit aller Beteiligten gerade auch der ehrenamtlichen Helfer. Auch für die Schaffung von weiteren Kindergartenplätzen machten sich alle stark, warf aber auch ein, dass es auch eine Frage ist, das Fachpersonal zu finden und an die Stadt zu binden. Eher amüsant fanden die Zuhörer Millers Vorschlag, über ein Großelternprojekt die ältere Generation in die professionelle Betreuung einzubinden. Überhaupt erntete sie immer wieder Lacher, wenn sie beispielsweise Parolen wie "Merkel muss weg – Liebe für Deutschland" verkündete. Ebenso wie Jam von der Linde, der von seinen Kontakten nach Hollywood erzählte und vorschlug, das Parkplatzproblem in den Innenstädten durch das Heranziehen von Firmen zu lösen, die europaweit Parkhäuser bauen und die Vision einbrachte, bald den Spitznamen Jam City zu tragen.

Abschließend nutzten die sechs Kandidaten die Chance, innerhalb von 30 Sekunden den Zuhörern zu sagen, weshalb sie OB werden sollten. Jörg Röber will überparteilich für Einigkeit im Gemeinderat sorgen, Marina Kloiber-Jung will anpacken statt debattieren, Gaetano Cristilli sieht sich als einziger Villingen-Schwenninger der Runde und Jam von der Linde als "einer von uns, für uns". Und Jürgen Roth weiß: "Ich kann Bürgermeister."

Mehr zur OB-Wahl in Villingen-Schwenningen auf unserer Themenseite.

Kommentar: Klare Sache

Von Eva-Maria Huber

Wer überzeugt als OB-Kandidat, kommt sympathisch und kompetent rüber? Wer macht auch auf dem Parkett der Neuen Tonhalle eine gute Figur bei der zweistündigen Podiumsdiskussion des Schwarzwälder Boten? Souverän, rhetorisch geschliffen präsentieren sich Jörg Röber und Jürgen Roth, wobei sie ihr Publikum nie mit Worthülsen plagen. Während Marina Kloiber-Jung sachlich-unterkühlt wirkt, setzen Gaetano Cristilli und Jam von der Linde auf hemdsärmlig-humorvolles, aber nie unsicheres Auftreten. Die Shitstorm erprobte Fridi Müller dagegen erntet für ihre Frei-von-der-Leber-Rhetorik eher Gelächter. Nach dem Applaus zu urteilen, dürfte eines ziemlich klar sein: Der Nachname des nächsten OB beginnt sicher mit R. Wer sich durch seine Podiumsbeiträge auf der Karriereleiter Richtung Rathaus weiter nach oben gehievt hat, das entscheidet jedoch der 7.Oktober.

Info: Nur 900 konnten rein

Schon kurz nach 19 Uhr gab es am Dienstagabend in der Neuen Tonhalle in Villingen keinen Einlass mehr: Menschenmassen waren von Beginn an zur Podiumsdiskussion des Schwarzwälder Boten geströmt. Bei 900 Besuchern war dann wegen der Sicherheit Schluss. Wir entschuldigen uns, dass viele draußen bleiben mussten und hätten selbst gerne alle in den Saal gelassen. Doch wegen der Vorschriften war dies leider nicht möglich. Rund 200 Interessierte verfolgten das Geschehen auf unserem Livestream im Internet.