Rupert Kubon Foto: Eich

Oberbürgermeister blickt im Interview gelassen zurück und optimistisch in die Zukunft. Vertrauensvolle Zusammenarbeit.

Villingen-Schwenningen - Der OB ist Optimist. Trotz mancher Unwägbarkeiten in der Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat, sei es mit Projekten, die nicht in seinem Sinne gelaufen sind, spricht Oberbürgermeister Rupert Kubon von 2015 als einem guten Jahr für die Stadt. Auch sein Ausblick auf 2016 fällt positiv aus.

Herr Kubon, fühlen Sie sich beobachtet? Städtische Mitarbeiter jedenfalls glauben, sie würden ausspioniert, seit aus heiterem Himmel Videokameras in der Stadt installiert worden sind.

Zumindest nicht von städtischen Videokameras. Webcams sind für den Winterdienst sinnvoll. In dem Fall komme ich nicht auf die Idee, mich beobachtet zu fühlen. Es ist bedauerlich, dass manche ein solches Misstrauen empfinden, und ich frage mich, was hat man selbst dazu beigetragen, dass jemand so misstrauisch ist. Da sollte man sich auch an die eigene Nase fassen. Mein neuer Referent fordert mich dazu auch auf, gibt mir Widerworte. Genau solche Leute will ich um mich haben. Dann kann man begrenzen, dass so was passiert.

Der Fall scheint ein Paradebeispiel für mangelnde Information. Hätte die Stadt frühzeitig und umfassend kommuniziert, was sie plant, wäre es kaum zu diesem Sturm im Wasserglas gekommen. Mit dem Vorwurf mangelhafter Information sehen Sie sich ja öfter konfrontiert – besonders im Gemeinderat. Was wollen Sie besser machen?

Der Vorwurf im Gemeinderat kommt von einzelnen Personen. Wir informieren alle gleich. Da stellt sich schon die Frage, wieso fühlen sich nur bestimmte Stadträte schlecht informiert. Es ist mir selbstverständlich ein Anliegen, den Gemeinderat frühzeitig einzubinden. Wir tun alles, um den Gemeinderat frühzeitig und umfassend zu informieren.

2015 ist angetan, als »Jahr der Nackenschläge« in die Annalen einzugehen: Das Land baut das Gefängnis doch nicht in VS, die HFU zieht ihr Kompetenzzentrum Schleiftechnik ab, Strabag Real Estate verzichtet auf die Bebauung des Tonhallenareals, das Verwaltungsgericht kassiert Ihr Pegida-Demo-Verbot, beim Rössle ist keine Lösung in Sicht, die IHK verlegt ihren Neujahrsempfang nach Tuttlingen, Gezerre um die Gartenschule, Unzufriedenheit im Sportverband… Gibt’s auch was Positives?

Ich bin sehr zufrieden mit dem Jahr. Wir haben einiges auf den Weg gebracht: Wir haben die Sanierung des Gymnasiums am Deutenberg auf den Weg gebracht, ebenso die Erweiterung der Gartenschule und die neue Stadtteilhalle in Schwenningen. Seit Mai gibt es das erste interkommunale Gewerbegebiet im Schwarzwald-Baar-Kreis mit Dauchingen – eine tolle Sache, die läuft. Wir hatten einen erfolgreichen Wirtschaftsempfang. Die Flüchtlingsunterbringung verläuft außerordentlich positiv. Obwohl der Bund den Ländern kostenfrei Liegenschaften zur Verfügung stellt, um Flüchtlinge unterzubringen, haben wir es als Stadt gemeinsam erreicht, dass uns eine sehr große Bundesliegenschaft zur eigenen Nutzung überlassen wird. (Anm. der Red.: Mangin-Gelände). Zudem dürfen wir auch über den Ankauf der französischen Wohnungen mit dem Bund verhandeln. Das ist mehr als wir erwarten konnten und rein zahlenmäßig haben wir damit erreicht, was wir wollten. Auch wenn ich verstehe, dass das eine gewisse zusätzliche Belastung für die Anwohner darstellt. Dennoch bin ich davon überzeugt, die Breite, die Internationalität kann etwas Gutes für unsere Stadt bewirken.Eine ganz wichtige Entscheidung für die Stadt ist außerdem das Bündnis für faires Wohnen. Das Projekt »Neckar fair« läuft. Die Stadt lebt vom Austausch: Menschen mit unterschiedlichem Geldbeutel sollen hier leben können. Wir werden in den nächsten Jahren 600 bis 1000 neue Wohnungen brauchen. Alle Baugenossenschaften und öffentlichen Bauträger ziehen an einem Strang, alle wollen da powern. Hinzu kommen die alten Klinikstandorte mit ihrer bemerkenswerten Privatinitiative. Da wird eine Menge gehen – mehr als in manchen Städten vergleichbarer Größenordnung.Zugegeben: Die Gefängnis-Diskussion lief suboptimal, vor allem, weil hier zunächst etwas in Aussicht gestellt wurde und man nach zweieinhalb Jahren festgestellt hat, dass es gar nicht geht. Unterm Strich zieht da nichts weg von Villingen-Schwenningen, aber die Sache wurde vom Land nicht gut kommuniziert.Die Verlegung des IHK-Empfangs ist, wie die Kammer versichert hat, eine singuläre Entscheidung für 2016. Diese Entscheidung muss sie für sich selbst treffen. Das will ich nicht kommentieren.Der Abzug des Schleifzentrum ist ärgerlich, muss man aber nicht überbewerten. VS hat heute ein Drittel mehr Studenten als vor zehn Jahren – heute studieren rund 6500 junge Menschen in der Stadt. Der Hochschulbereich ist keinesfalls auf dem absteigenden Ast, im Gegenteil: Hier kann man auf hohem Niveau studieren. Aktuell gilt es, eine Standorterweiterung für die sozialwissenschaftliche Fakultät der Dualen Hochschule zu schaffen, die dem gestiegenen Platzbedarf gerecht wird. Wir sind ein toller Bildungsstandort.

Genug der Vergangenheitsbewältigung. Richten wir den Blick in die Zukunft: Was erwartet die Doppelstädter im Jahr 2016?

Ich hoffe, dass im nächsten Jahr sichtbar wird, was wir in diesem Jahr beschlossen haben. Wir haben manchen Zug aufs Gleis gesetzt. Gemeinsam mit Gemeinderat und Verwaltung tue ich alles, dass der Bürger schnell die Lichter am Zielbahnhof sieht. Mit dem Gemeinderat ist die Erstellung eines integrierten Stadtentwicklungskonzeptes beschlossen worden. Es ist auch nicht zufällig, dass sich der Haushalt im Amt für Gebäudemanagement und Hochbau fast verdoppelt. Anfang des Jahres wird der Projektbeschluss für den Marktplatz fallen...

... in dem Fall wartet der Bürger bereits 30 Jahre auf das Licht im Zielbahnhof ...

Stimmt. Aber jetzt bringen wir das Projekt endlich auf den Weg. Und ich bin auch der Meinung, dass wir hier in großen Schritten arbeiten müssen, damit der Platz bis 2018 fertig ist – da läuft das Förderprogramm aus – als salamitaktikmäßig viele kleine Bauabschnitte. Der Punkt, bei dem man Geld sparen kann, ist eine schnelle Bauabwicklung. Ich erhoffe mir eine nachhaltige Belebung des Marktplatzes.

Erwartet den Doppelstädter etwa auch eine Nettoneuverschuldung von 1,5 Millionen Euro?

Ich hoffe, dass es gelingt, dies zu verhindern. Vielleicht schaffen wir es in den Haushaltsberatungen. Die Möglichkeiten sind da. Die Senkung der Kreisumlage ist dabei ein wichtiger Beitrag.

... einen privaten Investor, der die Karlschule für die Hochschule kauft?

Ja, ich hoffe, dass es in den nächsten Wochen einen Notartermin gibt. Ich habe alle Möglichkeiten dafür geschaffen. Das Regierungspräsidium ist auf dem Laufenden. Wir sind Gewehr bei Fuß, der Vertrag ist ausgehandelt.

... eine weitere Abteilung der Hochschule, die abwandert?

Nein, und ich wüsste auch nicht welche.

... ein neues Jugendkulturzentrum, auf das sich die jungen Doppelstädter freuen dürfen?

Die Planungen stehen fest, Geld ist auch vorhanden. Dabei handelt es sich aber um eine ergänzende Maßnahme, die die wichtige Arbeit der Jugendhäuser nicht obsolet macht. Wir bauen das Zentrum, es wird ordentlich realisiert. Das darf aber nicht zu Lasten der bestehenden Jugendhäuser gehen.

... einen Gemeinderat, der in Harmonie und Sachverständnis tagt?

Ich möchte gerne weiterhin eng mit dem Gemeinderat zusammenzuarbeiten. Im Wesentlichen ist es ja auch eine vertrauensvolle Arbeit, sonst würden die vielen guten Beschlüsse gar nicht zustande kommen – und dies teilweise mit großer Mehrheit. Selbst bei der breit diskutierten Entscheidung zur Erweiterung der Gartenschule ist letztlich eine breite Mehrheit von 60 Prozent dem Vorschlag der Verwaltung gefolgt. Ich gönne den Schülern so ein schönes Haus wie die alte Feuerwache. Die Entscheidung für die Stadtteilhalle in Schwenningen war sogar nahezu einstimmig. Die Zusammenarbeit mit dem Bürgermeister ist konstruktiv und sehr gut. Alle diese Entscheidungen haben wir gemeinsam vertreten. Das ist auch ein Ausdruck dafür, dass die Verwaltung gut zusammenarbeitet.

Ihre Amtszeit läuft 2018 aus. Wollen Sie die Früchte Ihrer eben dargestellten Vorhaben ernten und ein drittes Mal kandidieren?

Ich wäre ein schlechter OB, wenn ich meine Arbeit unter der Vorgabe eines Ausstiegs oder einer Weiterführung gestalten würde. Politik braucht immer Kontinuität, und zwar unabhängig von den handelnden Personen.

Haben Sie sich für alle Fälle mittlerweile einen Büchsenöffner zugelegt?

Wir haben zu Hause einen Büchsenöffner. Das Theaterspielen hat sehr großen Spaß gemacht, und ich bin sicher das war nicht das letzte Mal, dass ich mir und hoffentlich auch dem Publikum diesen Spaß gegönnt habe.