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Im Wahlkampf schwimmt Kloiber-Jung gegen den Strom. Frei von jeglicher politischer Einflussnahme.

Villingen-Schwenningen - "Ich glaube, ich schwimme komplett gegen den Strom", sagt Marina Kloiber-Jung. Und genau das mache sie als OB-Kandidatin im Wahlkampf erfolgreich.

Ganz bewusst hebe sie sich im Wahlkampf ab vom Mainstream, erklärt die selbstbewusste TDVS-Betriebsleiterin im Redaktionsgespräch mit dem Schwarzwälder Boten mit Blick auf die beiden als Favoriten gehandelten Gegenkandidaten Jürgen Roth und Jörg Röber. Sie werde weder von einer Partei unterstützt, noch lasse sie sich von dem leiten, was "allgemein üblich" ist – sei es, wann Wahlplakate hängen sollten oder Flyer ausgelegt werden müssen, oder sei es bei inhaltlichen Schwerpunkten. Sie höre auf ihr Bauchgefühl – und darauf, was die Bürger ihr erzählten. Und sie wolle authentisch sein. Ihr Wahlkampf werde somit im Gegensatz zu manch anderem weder durch parteipolitische Interessen oder die Einflussnahme anderer Gruppierungen verwässert. "Ich mache meinen ganzen Wahlkampf alleine", und auch die finanzielle Belastung trage nur sie, erklärt Kloiber-Jung.

Dass sie damit gut fahre, bestätigten ihr im Wahlkampf immer wieder Bürger, die sich überrascht äußerten, "dass Sie so sind" und versprachen, ihre bereits gefällte Wahlentscheidung nun nochmals zu überdenken, freut sich Kloiber-Jung. Nicht-Wähler zu erreichen, ist eine besondere Herausforderung. Gerne möchte sie diese für die Oberbürgermeisterwahl am 7. Oktober gewinnen und davon überzeugen, dass man auch in der Kommunalpolitik "durchaus viel Gestaltungsspielraum" habe. "Jeder hat doch irgendwo ein Steckenpferd in der Politik", und dieses versucht sie, im Gespräch mit den Bürgern herauszukitzeln.

Was sie bislang vor allem erfahren hat: "Der Bürger will einfach nur wahrgenommen werden als Mensch". Und diesem Anspruch wolle sie auch als Oberbürgermeisterin gerecht werden. Vielleicht, sinniert Kloiber-Jung, seien jährliche Bürgerversammlungen angezeigt und auch regelmäßige Besuche der Ortschaftsratssitzungen durch die Oberbürgermeisterin, "um an den Themen dran zu sein". Außerdem: "Es kann mich auch jeder außerhalb anschreiben oder ansprechen", eine niedrige Schwelle ins Oberbürgermeisterbüro sei ihr wichtig. Die liege bisweilen recht hoch, meint sie. "Der Bürger braucht einen OB zum Anfassen, jemanden aus den eigenen Reihen, niemanden, der in dieses Amt gehoben wurde."

Als Betriebsleiterin der TDVS, die sich aktuell um den Chefposten im Rathaus bewirbt, stellt sich Marina Kloiber-Jung einer Doppelbelastung. Und auch das ist Teil ihres Konzepts: "Es ist doch nur fair, dem Bürger zu zeigen: ›guck’ ich arbeite und mache abends Wahlkampftermine‹", sagt sie und lächelt. Außerdem sei die Belastung später, im Falle eines Wahlsiegs, gewiss "stärker präsent als jetzt". Und Mutter zweier Kinder sei sie schließlich auch noch. "Ich muss alles unter einen Hut bekommen." Und das gelinge ihr gut. "Ansonsten braucht man sich um so einen Job nicht zu werben."

"Ich würde das nicht machen, wenn ich keinen Fahrplan hätte."

Mit dem Vorurteil, eine alleinerziehende Mutter zu sein, die den Belastungen einer Oberbürgermeisterin nicht gewachsen sein könnte, möchte Marina Kloiber-Jung aufräumen. "Dieses Wort ›alleinerziehend‹ trifft auf meine Situation so gar nicht zu", sagt die getrennt und mit ihren beiden Kindern in der Villinger Südstadt lebende OB-Kandidatin. "Ich habe ein Familienmanagement", betont sie. Ihr Noch-Ehemann, bei dem die Kinder wechselnd ebenfalls seien, kümmere sich um den Nachwuchs ebenso, und sie habe eine große Familie. Zudem sei sie nicht mehr alleine, sondern mit einem Partner liiert, der ihr zur Seite stehe – wer das ist, möchte sie im Gespräch jedoch nicht verraten, das habe mit ihrer OB-Kandidatur auch nichts zu tun. "Es geht um eine Bewerbung für eine Arbeit, und ich würde das nie machen, wenn ich keinen Fahrplan hätte, wie ich das ausführen würde." Hinter vorgehaltener Hand werde die Debatte über ihre Situation und die Herausforderungen einer Oberbürgermeisterstelle geführt. Aber, "wenn jemand im Einzelhandel oder in der Pflege arbeitet, fragt man ganz selten, wie es gemanagt wird."

Marina Kloiber-Jung fühlt ihre Grenzen auch im Spagat zwischen Berufstätigkeit, Familie und Wahlkampf aktuell noch lange nicht ausgereizt. "Ich bin ein sehr belastbarer Mensch, bei mir ist die Grenze noch lange nicht erschöpft", sagt sie.

Ihren Jahresurlaub investiere sie gerade zu großen Teilen in den Wahlkampf. Doch Urlaub hin oder her, "ich gehe dann trotzdem ins Büro", sagt sie und zählt auf, was sie an diesem Vormittag bereits erledigt habe – ein bisschen Personalplanung beispielsweise. Mit Vollgas stürzte sie sich nach ihrem Urlaub am Meer in den Wahlkampf. Durch die Ortsteile führte ihr Weg bereits. Und auch für Villingen-Schwenningen habe sie "etwas geplant" – dabei setzt sie aber auf den Überraschungseffekt und möchte sich im Vorfeld nicht in die Karten spicken lassen.

Welche Ziele sie verfolgt, legt sie auf ihrer Homepage ausführlich dar. Wenn sie ihre Top-Drei-Themen nennen müsste? "Soziales – Kinder, Jugend und Senioren, die Verwaltung – die Abarbeitung der Projekte in der Straßensanierung, dem Breitbandausbau und der Schaffung bezahlbarer Wohnräume, und die Ortsteilentwicklung. Man müsse schauen, wie es organisatorisch gelöst werden kann, sie stärker mit ins Boot zu holen." Auch thematisch hat Marina Kloiber-Jung ihren Fahrplan also bereits festgelegt und sie geht auf Nachfrage auch gerne ins Detail – auch wenn sie im Wahlkampf allen voran eines tue: "zuhören!"