Verein Pro Stolpersteine: Kirchlicher Widerstand steht im Mittelpunkt der Veranstaltung auf dem Muslenplatz

VS-Schwenningen . Die neunte und damit vorletzte Mahnwache des Vereins Pro Stolpersteine Villingen-Schwenningen findet am Sonntag 14. Januar, 19 Uhr auf dem Muslenplatz vor dem Gemeindezentrum in diesem Herbst-/Winterprogramm statt.

Der Chor des Gymnasiums am Deutenberg unter Leitung von Alexander Ungelenk wird den musikalischen Rahmen setzen. Pfarrer Frank Banse und seine Frau Solveig Banse werden das Schicksal von Richard Schäfer, Pfarrer der Paulusgemeinde, aufleben lassen.

Zusammen mit seiner Frau Anne gehörte Schäfer nicht zu den in Nazi-Deutschland Ermordeten, sondern zu den Menschen, die anderen Menschen halfen, die ermordet werden sollten. Unter ständiger Beobachtung durch die Gestapo, die seine Predigten abhörte, seine Post und das Pfarrhaus kontrollierte, war dieses dennoch Zufluchtsort für jüdische Menschen, die einen Fluchtweg in die Schweiz suchten. Einige mit Erfolg, andere nicht: Kurz vor Ende des Krieges hatte sich die jüdische Opernsängerin Margarethe Sterneck im Johannespfarrhaus das Leben genommen. Schäfer beerdigte sie unter falschem Namen. Vor dem Gang zum Waldfriedhof sagte er zu seiner Frau: "Es muss ein Wunder geschehen, wenn ich wieder heimkomme". Er kam zurück.

Schon früh Schrecken des Kriegs erlebt

Der württembergische evangelische Pfarrer Richard Wilhelm Schäfer wurde am 24. Oktober 1889 in Baiereck nahe Schorndorf geboren. Er wuchs in Tumlingen im Schwarzwald und in Ottendorf auf, Orte, in denen sein Vater ebenfalls als evangelischer Pfarrer wirkte. Nach Besuch der Lateinschule und den Seminaren in Maulbronn und Blaubeuren nahm er in Tübingen das Theologiestudium auf. Zu Beginn des Ersten Weltkriegs wurde er als Soldat eingezogen, aber schon im Oktober 1914 so schwer verwundet, dass sein rechtes Bein am Oberschenkel amputiert werden musste. Von Mai 1919 bis Juli 1920 war er als Professoratsvertreter am Lehrerseminar in Nürnberg tätig. Ein Bruder Schäfers fiel im Ersten Weltkrieg in Polen. Ein weiterer verstarb 1922 nach einer Gasvergiftung.

Richard Wilhelm Schäfer wurde 1920 Pfarrer in Grafenberg im Dekanat Nürtingen. Für den schwer Kriegsverwundeten war der Dienst in diesem Ort wegen der vielen Steigungen beschwerlich.

Stelle unter dem Nazi-Regime verloren

Mitte der 20er-Jahre übernahm Richard Wilhelm Schäfer die Stelle eines Religionslehrers an der Oberrealschule in Reutlingen. Am 12. Oktober 1926 heiratete er seine Frau Anne. Die Eheleute bekamen vier Töchter. Nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten im Jahr 1933 kam es schnell zu Aktionen der "Gleichschaltung" auch im Schulbereich.

Im Jahr 1937 wurden die christlichen Pfarrer als Lehrkräfte für den Religionsunterricht aus der Schule entfernt.

Auch Richard Wilhelm Schäfer verlor seine Stelle. Die Partei und der damalige württembergische Kultusminister Mergenthaler hielten ihn aufgrund seiner kritischen Einstellung zum Nationalsozialismus für untragbar.

Nachdem Schäfer kurzzeitig erwerbslos und mit seiner sechsköpfigen Familie ohne Einkommen war, erklärte sich die evangelische Landeskirche in Württemberg bereit, ihn wieder als Pfarrer einzustellen und ihm eine Pfarrstelle zu übertragen. Mehrere Stellen wurden ihm zur Auswahl übertragen.

Seine Wahl trifft auf Schwenningen

Er entschied sich für die der evangelischen Paulusgemeinde in Schwenningen. Ein Grund für die Entscheidung war eine ärztliche Empfehlung bezüglich seiner vier Kinder, die oft krank gewesen waren.

Nachdem die Schwenninger Stadtpfarrer unter Leitung von Gotthilf Weber eine Vereidigung auf das "arische Sittlichkeitsgefühl" abgelehnt hatten und ihnen daraufhin die Erteilung des Religionsunterrichts ebenfalls unmöglich gemacht wurden, stellte sich der neue Pfarrer der Paulusgemeinde hinter seine Kollegen. Das gefährdete zwar – aber verhinderte letztlich nicht seinen Dienstantritt in Schwenningen.

Am 5. Juli 1937 wurde er von dem damals amtierenden Dekan Ebbinghaus in sein Amt eingeführt, schreibt Beate Sautter über ihren Vater, Richard Schäfer.