Foto: Eich Foto: Schwarzwälder Bote

Grüne lehnen weitere Wohnflächen in den Ortschaften und Schwenningen ab

Rietheim, Weilersbach und Schwenningen kriegen neue Baugebiete – jedoch nur unter Protest der Grünen, die die Erschließung neuer Flächen ablehnen. Im Technischen Ausschuss flogen daraufhin die Fetzen.

Villingen-Schwenningen. "Mir ist da jetzt echt die Ader angeschwollen", platzt es aus Silke Lorke heraus. Die Ortsvorsteherin von Weilersbach hat in der Sitzung des Technischen Ausschusses am Dienstagabend die Diskussion über die neuen geplanten Baugebiete in Rietheim sowie Weilersbach verfolgt – und ist dabei fast vom Glauben abgefallen.

Was war passiert? Nachdem Gudrun Furtwängler zunächst in Bezug auf das geplante Gebiet "Am Holenbach" in Rietheim deutlich gemacht hatte, dass die Ortschaften in den vergangenen Jahren "oft vertröstet wurden" und hinsichtlich der Schaffung neuen Baugrunds "vielerorts nichts gegangen" sei, legten die Vertreter der Grünen-Fraktion so richtig los.

Ulrike Salat: "Wir sind stinksauer!" So wetterte sie dagegen, dass die Stadtverwaltung die Baugebiete ohne Umweltprüfung im beschleunigten Verfahren vor dem Jahreswechsel durchboxen möchte. Hintergrund: Der Gesetzgeber streicht zum 1. Januar 2020 die Möglichkeit, Außenbereichsflächen in das beschleunigte Verfahren für die Wohnnutzung einzubeziehen.

"Jetzt werden noch einfach Flächen verbraucht – das ist nicht Grün, nicht Klima und nicht Umwelt!" Salat schoss in diesem Zusammenhang nicht nur gegen "das große neue Baugebiet" Schlegelberg in Weilersbach, sondern ebenso gegen die Erweiterung von Strangen: "Warum brauchen wir Strangen II? Fast gegenüber kommt doch der Lämmlisgrund hin!"

Lorke verstand deshalb die Welt nicht mehr. Seit Jahren sei man in Weilersbach dran, Flächen innerorts zu bekommen, um dort neue Wohnfläche zu ermöglichen, "aber wir kommen da nicht dran". Deshalb kämpfe man seit langer Zeit um ein neues Wohngebiet – auch, weil es keine Leerstände geben würde. "Natürlich ist es eine große Fläche – aber auch die einzige Fläche, die wir bebauen können. Und diese würde uns die nächsten zehn, 15 oder sogar 20 Jahre reichen", berichtet Lorke. Es sei ihr wichtig, dass die Weilersbacher die Möglichkeit haben, im Ort zu bleiben. "Viele Menschen wollen halt auf dem Dorf leben!"

Auch die anderen Fraktionen konnten die Kritik nur bedingt nachvollziehen. Andreas Flöß (Freie Wähler) machte ebenfalls darauf aufmerksam, dass die Flächen in den Ortschaften "in der Regel bis unter’s Dach ausgereizt sind." Er befürwortet aber, dass die Flächen "geringstmöglich" versiegelt werden. Frank Bonath (FDP) weiß von jungen Familien zu berichten, die sich beim Hauskauf schwer tun, zudem benötige man den Zuzug von Fachkräften. Für diese seien die kleineren Ortschaften "ideales Gebiet". "Unsere Stadt wächst – das bedeutet, dass wir auch Flächen für junge Menschen brauchen." Bernd Lohmiller (SPD) drückte sich noch drastischer aus: "Nicht alles kann dem Klimaschutz und dem Grün auf der Wiese geopfert werden, dann haben wir einen Rückschritt!"

Der Bedarf an Wohnflächen ist aus Sicht von Helga Baur (Grüne) aber kein Freifahrtsschein für neue Baugebiete: "Diese Begründung ändert nichts daran, dass es so in der heutigen Zeit nicht mehr geht!" Und: Der vom Gemeinderat ausgerufene Klimanotstand bedeute auch, dass der Flächenverbrauch eingedämmt werde. Die Stadträtin schoss zudem gegen jene Hausbesitzer, die auf ihren Grundstücken sitzen bleiben, "um diese den Enkeln zu vermachen, die es noch gar nicht gibt. Das ist Egoismus!", polterte sie in der Sitzung.

Ihre Fraktions-Kollegin Cornelia Kunkis-Becker forderte deshalb von der Verwaltung eine Übersicht über die bereits verabschiedeten Bauplätze. So hätte man in den vergangenen Sitzungen – insbesondere in Hinblick auf das geplante Gebiet Lämmlisgrund im VS-Zentrum – Flächen für mehrere tausend Wohneinheiten verabschiedet, "und da ist Mangin und Lyautey noch gar nicht dabei".

Die emotionale Diskussion änderte jedoch nichts daran, dass die Baugebiete verabschiedet wurden. Dem Aufstellungsbeschluss der Bebauungspläne wurde – jeweils mit geschlossener Ablehnung der Grünen-Fraktion – zugestimmt.

  "Am Holenbach " in Rietheim sollen auf 13 000 Quadratmetern zwischen Pfaffenweilerstraße und der Verbindungsstraße nach Überauchen vor allem Einfamilienhäuser realisiert werden.

  Das Weilersbacher Plangebiet "Schlegelberg " in Verlängerung der Birnbergstraße ist 36 000 Quadratmeter groß und wird derzeit als Grünfläche genutzt.

 Im Schwenninger Gebiet "Strangen II " sind knapp 19 000 Quadratmeter vorgesehen. Entlang des Nordring sollen insbesondere kleinere Wohnhäuser realisiert werden können.