Party machten die Schüler in Pfaffenweiler mit den Wolfbachrollis. Schulleiterin Claudia Reichmann wagte ein Tänzchen. Foto: Heinig

Ortsvorsteher müssen Rathausschlüssel herausrücken / Schüler von den Paukern befreit / Kinder feiern ausgelassen Fasnet

Villingen-Schwenningen (bn/us/spr). Die Narren sind an der Macht. Allerorten wurden die Ortsvorsteher ihrer Rathausschlüssel beraubt und die Schüler vom Joch der Lehrer befreit. Es mag wohl daran gelegen sein, dass die Talbachhexen heuer 25 Jahre alt sind, und deshalb Marbachs Ortsvorsteherin Diana Kern-Epple mit ihnen bei der Rathausstürmung äußerst gütig umging. Die Regentin empfing die Hexenbrut wohlgesinnt schon auf der Rathaustreppe. Die gestrige Stürmung wird in die Geschichte der Hexen eingehen, denn so widerstandlos kamen sie noch nie an Macht, und obendrein wurden sie noch nie so verwöhnt. Die Rathauschefin ließ neben einer großen Jubiläumstorte einen aus Hefeteig gebackenen großen Schlüssel sowie allerlei Speisen und Getränke servieren. Zudem erhielt die Zunft ein Geldpräsent anlässlich ihres Geburtstages. Lediglich Zunftmeister Karl Lachnit musste seine Geschicklichkeit unter Beweis stellen, indem er mit verbundenen Augen mit einem Stecken auf eine an der Decke befestigte Hexe einklopfen musste, bis diese zu Boden fiel und sich eine Ladung Bonbons aus der aus Pappmaché bestehenden Gestalt ergoss. Der rund 400 Jahre alte Brauch stammt aus Mexiko und nennt sich Pinata. Auch die Hexenzunft glänzte mit Geberqualitäten. Von Vorstandsmitglied Mathias Lachnit erhielt die Ortsvorsterin eine Urkunde, weil sie ihre Arbeit in der Zeit, wenn die Hexen nicht an der Macht sind, recht gut mache. Ehrenzunftmeister Reinhold Seyffarth überreichte der Ortvorsteherin ein Art Amtskette mit vielen Schlüsseln, die sie stets daran erinnern soll, stets Schlüssel mitzunehmen, damit sie nicht, wie schon geschehen, im Rathaus eingesperrt bleibt. Obendrein wurde sie noch mit den großen Sitzungsorden der Talbachhexen ausgezeichnet, was großes Gelächter auslöste, denn der Orden war nichts anderes als ein Klobrille.

"Wolfbachrolli – Miau" hieß es gestern aus vielen jungen Kehlen in Pfaffenweiler. Eine Abordnung der Waldkatzen besuchte nicht nur den Kindergarten und die Grundschule, sondern auch die im Schulhaus neu eingezogene Schule für Erziehungshilfe des Kinder- und Familienzentrums. Bei den Grundschülern trafen Ratsherr Stefan Kieninger, Ratsfrau Silvia Simon und die Hästräger – darunter auch Chefin Birgit Seemann – auf eine Fastnachtsparty, die ihren Stimmungshöhepunkt bereits erreicht hatte. Es wurde zum "Roten Pferd" getanzt, Polonaisen gebildet und allerlei Schabernack getrieben. Auch der Nachmittag gehörte in Pfaffenweiler gestern den Kindern. Aus Kindergarten, Schule und der Nachwuchsabteilung der Wolfbachrollis strömten sie und zogen im Umzug durch die Hauptstraße. "Wer will fleißige Handwerker seh’n?" fragten die Grundschüler, die sich als solche gaben in Anlehnung an das gerade mit frischer Farbe versehene Schulhaus. Aus Farbeimern hatten sie sich dazu Rhythmusinstrumente gebastelt und sorgten somit selbst für ihre Begleitmusik.

Ein Treffen in der Vereinsstube, dann legten die Osemalis, angeführt vom neuen Zunftmeister Tobias Baumgärtner, gestern Vormittag in Tannheim los, um gleich in der Nachbarschaft die Kindergartenkinder zu besuchen. Freilich hatten sie dazu ihre Schemen von den Gesichtern genommen, um den Kleinsten keine Angst zu machen. Ein Osemali in voller Montur aushalten kann ein Schulkind allerdings schon, und so fiel die Horde wenig später im Schulhaus ein. Schulleiter Hubert Hermann und seine Lehrkräfte wurden in ihren Verstecken aufgespürt und ins eigens mitgeführte "Verlies" verbannt – weiterer Unterricht wurde damit unmöglich. Am Nachmittag ging es dann im Kinderumzug durch die Ortsmitte. Angeführt vom Musikverein und dem Osemali-Samen erschienen die Kindergartenkinder als Wesen aus dem "Zauberwald". Die Erst- und Zweitklässler hatten sich als Rocker und Punker verkleidet und traten nach dem Umzug in der Festhalle mit ihren Luftgitarren zu "We will rock you" auf. Auch die Dritt- und Viertklässler waren musikalisch. Eben noch als russische Kosaken beim Umzug auf der Straße, tanzten sie wenig später auf der Bühne den "Kasatschok".

In den Klassenzimmern der Grundschule in Weigheim herrschte gestern bereits Hochstimmung, bevor Hansel oder Wölfe von der Narrenzunft sowie Hexen und Geister von der Haldenzunft Mühlhausen das Schulgebäude betraten. Mit eineinhalb Stunden Fasnetparty stimmten die Klassenlehrerinnen Maria Lamberti, Christine Kruckenberg, Kathrin Risse und Sabina Savanidis ihre kleinen Schützlinge auf die kommende Befreiung durch die Narren ein. Als die Narren in die Klassenzimmer stürmten, waren auch einige Eltern zur moralischen Unterstützung bei ihren Kindern. Doch die zeigten keine Berührungsängste. Fröhlich empfingen sie hinter dem aus Tischen und Bänken symbolisch aufgebauten "Schulgefängnis" die Narren. Die an den "Gefängnismauern" angebrachten Zettel brachten den Willen der Schüler zum Ausdruck: Befreit uns aus der Schule! Der Wunsch wurde erhört: "Nun ist Schluss mit der Rechnerei, jetzt herrscht hier die Narretei", verkündete Zunftmeister Sven Becker. Pünktlich um 11.33 Uhr fielen die Narren dann im Rathaus ein, um die Ortsvorsteherin zu entmachten. All’ ihre Gegenwehr war vergebens: Ursula Mosbacher musste den Schlüssel herausrücken. Cowboys, Clowns und Harlekine, dazu Prinzessinnen, Piraten, Indianer sowie Wölfe und Hansel, angeführt von der Musikkapelle, zogen am Nachmittag vom Geren zum Jugendheim, wo die Kinder eine ausgelassene Party feierten. Das rund zweistündige Programm unter dem Motto "50er-Jahre" hatte Ingrid Becker organisiert. Eine Besonderheit in Weigheim: Dort verteilen beim Umzug nicht die Narren Süßigkeiten an die Zuschauer, sondern im Gegenteil: Das Publikum wirft den kleinen Narren allerlei Leckereien entgegen. Als besonders freigebig erwiesen sich Christina Grauel, Irma Bantle und Roswitha Wörner. Der Hemdglonkerumzug beschloss am Abend das närrische Treiben.

Auf die Epfelschittler ist einfach Verlass: Von den Grundschülern in Weilersbach schon sehnsüchtig erwartet, besetzten die Narren am Donnerstag früh die Aula der Schule, um dann mit gemeinsamen Singen die Lehrerinnen abzulenken. So war es für die Kinder ein Leichtes, die Seile auszupacken und die vier Damen zu fesseln. Klar, dass die närrische Machtübernahme in der Penne ausgiebig gefeiert wurde. Und seit gestern Abend haben die Narren ganz Weilersbach fest in der Hand. Sie setzten Ortsvorsteherin Silke Lorke kurzerhand ab. Die nahm es gefasst und bekannte: "Ich bin ohnehin des Regierens müde." Eigentlich komme es ihr ganz recht, jetzt Arbeit delegieren zu können. Die Narren möchten doch, bitteschön, dafür sorgen, dass die Chronik zum 1250-jährigen Bestehen des Stadtbezirkes fertig wird. Und in der Vorbereitung des großen Festes gebe es noch jede Menge zu tun. Das freilich konnte Narrenmutter Marion Bauer nicht schocken. Sie hatte die Narren beim Hemdglonker-Umzug angeführt und bestand auf den Rathaus-Schlüssel. Mit dem Umzug wird der Narrenbaum zum Dorfplatz transportiert, wo er als Zeichen der närrischen Macht aufgerichtet wurde. Die gute Stimmung am Dorfplatz wurde auch dadurch befördert, dass der Musikverein aufspielte und den Epfelschittlermarsch intonierte.