Jubiläum: Margot Pflumm feiert am Montag Geburtstag / Sie ist noch immer die Chefin des Schwenninger Luftfahrtmuseums
"Sprich du mit den Besuchern". Diesen Satz hat Margot Pflumm von ihrem Manfred oft gehört. Ihr Mann widmete sich lieber dem Bau und der Instandhaltung von Flugzeugen. Seit seinem Tod vor drei Jahren führt sie das Internationale Luftfahrtmuseum alleine weiter. Heute wird sie 85 Jahre alt.
VS-Schwenningen. Das Alter sieht man ihr wahrlich nicht an. Liegt das vielleicht am Trampolinschwingen, das sich die Jubilarin als Fitnessprogramm auserkoren hat? Seit Öffnung des Museums vor mehr als 30 Jahren ist ihre Person untrennbar mit den rund 40 Oldtimern der Lüfte verbunden. Ihre zugewandte und freundliche Art macht sie bei allen Besuchern beliebt, und spätestens, wenn sie am Museumskiosk ihre selbstgebackenen Kuchen anschneidet, ist es um jeden Gast geschehen.
Dabei hatte Margot Pflumm mit der Fliegerei und mit Flugzeugen nie etwas zu tun gehabt – bis sie den Flugzeugbauer Manfred Pflumm kennenlernte, der als Modellbauer begann und als ausgebildeter Raumausstatter sein Hobby schließlich zum Beruf machte. Der begeisterte Segelflieger baute bis zu seinem Tod historische Flugzeuge in Originalgröße für eine weltweite Kundschaft. Aufsehen erregte sein Nachbau der "Spirit of London", mit der Charles Lindbergh 1927 den Atlantik überquerte. Die Schauspieler Gerd Fröbe und Curd Jürgens, außerdem Fernsehanstalten, Filmproduzenten, Museen und Flughäfen orderten bei Manfred Pflumm.
Ostpreußen, Dänemark und Schramberg
Als Margot Federmann im ostpreußischen Königsberg, dem seit 1946 russischen Kaliningrad, 1935 zur Welt kam, ahnte sie von all dem noch nichts. Sie war zehn Jahre alt, als sie mit ihrer Mutter und vier Geschwistern ihre Heimat verließ und über Dänemark nach Schramberg kam. 1948 kehrte ihr Vater aus dem Krieg zurück – die Familie war wieder komplett.
Im Einzelhandel lernte Margot den Kaufmannsberuf. 1952 fiel ihr nach dem Kirchgang ein gutaussehender junger Mann auf, dem sie an der Fastnacht zufällig wiederbegegnete. Margot und Manfred wurden ein Paar, heirateten 1955 und bekamen zwei Kinder. 1963 entfloh die Familie der "Provinz" und zog nach Stuttgart, wo das dritte Kind zur Welt kam. Margot Pflumm arbeitete in einem Rechenbüro und war zehn Jahre lang Filialleiterin bei "Kaiser’s Kaffeegeschäft".
Ein eigenes Haus entstand 1980 in der Pfalz. Dort erfüllte sich Manfred Pflumm einen Traum und machte sich als Flugzeugbauer selbstständig, und auch Margot Pflumm war in der "Bauerntruhe", einem Laden für zum Teil selbstgebaute Bauernmöbel und Accessoires, ihre eigene Chefin. "Das war eine schöne Zeit", erinnert sie sich gerne zurück. Die Idee ihres Mannes, ein eigenes Flugzeugmuseum zu betreiben, begeisterte sie trotzdem sofort. Vier in ganz Deutschland verteilte Gelände wurden ihnen angeboten – die Entscheidung fiel auf die 13 000 Quadratmeter neben dem Schwenninger Flugplatz. Genug Platz für den Bau eines Ausstellungshangars und eines Wohnhauses. 1988 war Eröffnung, die sogar etliche Fernsehanstalten anlockte.
Museum lockt Besucher aus aller Welt an
Manfred Pflumms Qualitäten hatten sich herumgesprochen. Das Konzept der Pflumms ging sofort auf. Die Aufmerksamkeit für so geschichtsträchtige Flugzeuge wie die russische Antonov von 1947, den deutschen Dreidecker "Fokker" von 1917 oder den amerikanischen Starfighter aus dem Jahr 1954 wuchs von Jahr zu Jahr und auch der Kreis von internationalen Fliegerfreunden wurde immer größer.
Bis heute darf Margot Pflumm immer wieder Besucher aus aller Welt empfangen. Nach dem Krebstod ihres Mannes Ende 2017 landeten etliche von ihnen mit ihren Maschinen quasi vor der Haustür und bereiteten Manfred Pflumm ein berührendes Abschiedsfest.
Kein Wunder, dass die Pflumms, als sie das Rentenalter erreicht hatten, keinen Gedanken an einen Ruhestand verschwendeten. Auch die Erkrankung von Manfred Pflumm hielt beide nicht davon ab, das Museum weiterzuführen. Doch das Schicksal wurde unbarmherzig. 2006 zerstörte der Jahrhunderthagel 50 der bis dahin 90 Flugzeug-Oldtimer. Manfred Pflumms Bruder Kuno, ein aktiver Mitstreiter, und auch Roland Steinert, Ehemann von Tochter Sibylle und designierter Nachfolger, starben. Schließlich erlag auch Manfred Pflumm seiner Krankheit.
Ans Aufhören hat Margot Pflumm trotz allem noch nie gedacht. Auf ihre drei Kinder und sechs Enkel kann sie zählen und freut sich, wenn sie ihre fünf Urenkel um sich hat. "Ich habe eine perfekte Familie", sagt die Jubilarin dankbar. Tochter Sibylle hat inzwischen an das Elternhaus angebaut und steht ihrer Mutter beim Betrieb des Museums bei. Die Exponate werden selbst gewartet, die Gebäude hier und da soweit es geht ebenfalls in Eigenregie saniert, zu den Öffnungszeiten ist die Kasse besetzt, und der Kiosk wird mit kleinen Flugzeugmodellen und – immer noch – mit selbstgebackenem Kuchen bestückt. Inzwischen – und das freut Margot Pflumm besonders – bringen die ersten Stammgäste ihre Enkel mit.
Die beiden Frauen haben Dank der Soforthilfe der Regierung auch die Corona-bedingte Schließzeit von Mitte März bis Anfang Mai ganz gut überstanden. Nun wartet – zumindest im November – nach den neuesten Beschlüssen der Regierung eine erneute Herausforderung und Durststrecke auf die Museumsbetreiberinnen. Auch da hoffen sie natürlich, dass auch die vorübergeht. Denn zu normalen Zeiten sei es fast so wie früher mit ihrem Mann, sagt Margot Pflumm und lächelt. "Meine Tochter kümmert sich um die Flugzeuge und ich spreche mit den Besuchern."