Ausdrucksstark und lebensfroh: das Klezmer Trio Chotsch im Kulturcafé Häring mit Reinhold Prigge am Bass, Moise Schmidt an der Gitarre und Robert Dietrich an der Klarinette. Foto: Trenkle Foto: Schwarzwälder Bote

Kultur: Härings Kulturcafé ist zurück: Trio Chotsch begeistert mit Klezmer-Musik

VS-Schwenningen. Härings Kulturcafé ist wieder da – die große Pause ist vorbei. Dass dem Publikum mehrere Monate zwischenzeitlich etwas fehlte, zeigte sich am Freitagabend anhand des großen Andrangs: Schon kurz vor Beginn der Veranstaltung waren alle Karten ausverkauft.

Die erste Musikveranstaltung in der Saison 2019 galt dem Trio Chotsch, einer Gruppe aus Freiburg, die sich dem Klezmer verschrieben hat. Wie sehr dieser Stil "jiddischer Musik" mit weltlichen, nicht liturgischen Inhalten lebensfrohe und oft auch tief melancholische Stimmungen wiedergibt, konnten die drei Musiker schon in ihren ersten Liedern bestens aufzeigen und die Gäste mitreißen. Vor allem die Klarinette von Robert Dietrich gab im perfekten Spiel melodieführend die Richtung vor.

Einer der bekanntesten Klezmer-Musiker der Welt, Giora Feidman, verschrieb sich ebenfalls dem Instrument. Den musikalischen Gegenpart mit tiefen Tönen setzte virtuos Reinhold Prigge mit seinem Kontrabass. Und räumlich wie auch akustisch dazwischen siedelte sich mit der Gitarre Moise Schmidt an. Vor allem er war es, der den Liedern auch einen gesanglichen Inhalt gab. Mal mit jiddisch-deutschem Akzent, mal auch mit rein jiddischer Aussprache und dabei zuvor meist erläutertem Inhalt.

Es geht um das Lieben, die Leidenschaft und das damit nicht selten verbundene Leiden, um Lebensfreude, Scheitern oder auch durchaus auch mal ums Trinken. "Trink, Brüderlein trink a bisslele Wein, das vertreibt die Sorg‘ und Pein!" Was auf Hochdeutsch recht kitschig klingen würde, vermag im Jiddischen offenbar einen ganz speziellen Charme zu entwickeln.

Der war auch in zwei Geschichten wieder zu finden, die das Trio am Abend in den beiden Konzerthälften erzählte. War Moise Schmidt schon gesanglich sehr ausdrucksstark, übertraf er sich in Mimik, Gestik und Rhetorik beim Erzählen noch einmal.

Vorgenommen hatte sich das Trio hierzu das Dorf "Suleyken" mit seinen etwas schrägen Bewohnern aus der Kurzgeschichtensammlung von Siegfried Lenz "So zärtlich war Suleyken". Dort gibt es beispielsweise den sympathischen, wenn auch etwas seltsamen Bürger Karl Kuckuck wie auch den nicht weniger komischen, sehr hochmütigen Valentin Dziobek. Beide zerstreiten sich über Kleinigkeiten.

Publikum fasziniert

Sein Publikum in Bann ziehend, vermochte Moise Schmidt ohne Textvorlage zu erzählen, wie die beiden im Groll beschließen, durch einen Schwimmwettbewerb die Wahrheit zu ermitteln. Natürlich lässt Siegfried Lenz seine Protagonisten die Wahrheit nicht durch sportliche Anstrengung tatsächlich herausbekommen: Zwar liegt der muskuläre Valentin Dziobek dem dürren Karl Kuckuck in Sachen Wahrheitsfindung einmal drei Meter voraus, doch am Schluss liegen sie wieder gleichauf – die Wahrheit bleibt verborgen.

Ähnlich komisch, und ebenfalls mit viel Applaus bedacht, war die zweite Geschichte aus Suleyken: Ein Zirkus macht im Dorf mit Elefant und Zauberer Halt und bringt die Zuschauer nicht nur zum Staunen. Valentin Dziobek beispielsweise: Er kann nicht verstehen, weshalb der böse Messerwerfer einer jungen Frau bei der Aufführung Messer hinterher wirft. "Sie hat doch nichts getan", meint er und protestiert laut.

Anders als Dziobek verstand das Publikum im Kulturcafé Häring die künstlerische Leistung der Auftretenden sehr zu würdigen: Ohne Zugaben durften die drei die Bühne nicht verlassen. Ein gelungener musikalischer Auftakt der neuen Saison, der beste Voraussetzungen für das erfolgreiche Weiterbestehen von Härings Kulturcafé schafft.